BIG FISH (USA 2003, 3. & 5.2.) Am Sterbebett von Edward Bloom (Albert Finney) unternimmt dessen Sohn Will einen letzten Versuch, sich zu versöhnen, und herauszufinden, wer sein Vater wirklich ist. Zeitlebens hat dieser (den jungen Ed spielt Ewan McGregor) nur fantastische Lügengeschichten über sich und sein Leben erzählt. Tim Burtons Adaption des Romans von Daniel Wallace ist ein Film über das Erzählen sowie ein Hohelied auf die Fabulierfreude und die Imagination. Ein bildgewaltiges Fantasy-Märchen mit einem unverstandenen Riesen, einer Hexe, deren Auge den Tod vorhersagt, einem singenden siamesischen Zwillingspaar aus Korea und einem Werwolf mit Zirkushütchen. Fellineske Zirkusnummern vermischen sich mit uralten Märchenmotiven.
SWEENEY TODD: THE DEMON BARBER OF FLEET STREET (USA / GB 2007, 4. & 9.2.) Der Londoner Barbier Benjamin Barker (Johnny Depp) wurde durch einen verschlagenen Richter, der es auf seine Ehefrau abgesehen hatte, unter falscher Anklage unschuldig in die australische Verbannung geschickt. Nach 15 Jahren Strafkolonie kehrt Barker in das viktoria-nisch-düstere London zurück und startet unter dem Namen Sweeney Todd einen Rachefeldzug sondergleichen. Der zu weiten Teilen gesungene Film basiert auf dem gleichnamigen Musical von Stephen Sondheim, das eine Groschenroman-Serie aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zum Vorbild hat und 1979 am Broadway Premiere feierte. Burton synchronisiert in seinem blutigsten Film "Bild und Musik so eng, wie man es nur aus Disneys Trickfilmen kennt. Zugleich aber zeigt er alles, was eine aufwändige Broadway-Produktion nur suggerieren kann in einer Deutlichkeit, die auch das schaurige Grand-Guignol-Theater hinter sich lassen dürfte. SWEENEY TODD ist das erste Splatter-Musical." (Daniel Kothenschulte)
CORPSE BRIDE (Tim Burton, Mike Johnson, GB / USA 2005, 4. & 7.2.) Zwölf Jahre nach dem von ihm produzierten Nightmare Before Christmas führte Tim Burton zum ersten Mal (Co-)Regie bei einem Stop-Motion-Puppentrickfilm. Burton und Mike Johnson optimierten die Illu-sion der Körperlichkeit und filmten die Puppen – mit einer Silikonhaut überzogene Metallskelette – mit winzigen Digitalkameras. Die Handlung spielt in einem englischen Dorf des 19. Jahrhunderts: Der junge Victor (gesprochen von Johnny Depp) wird in das Reich der Toten entführt und mit einer geheimnisvollen Leichenbraut vermählt, während seine eigentliche Braut Victoria einsam in der Welt der Lebenden zurückbleibt. Zwar geht es im munteren Totenreich sehr viel lebendiger zu als in Victors streng viktorianischer Heimat – bei jeder Neuankunft werden Partys gefeiert, die Burton als fulminante Musicalnummern inszeniert –, doch Victor kann seine wahre Liebe nicht vergessen.
SLEEPY HOLLOW (USA 1999, 5.2.) Das Dorf Sleepy Hollow wird im Jahr 1799 von einem berittenen Dämon heimgesucht, der bereits vier Bürger enthauptete. Die Polizei von New York City entsendet den jungen Konstabler Ichabod Crane (Johnny Depp) an den Hudson River, um den mysteriösen Mordfällen nachzugehen. Die Honoratioren des Ortes erzählen Crane die Sage vom kopflosen Reiter, einem blutrünstigen -hessischen Söldner (Christopher Walken), der an britischer Seite im Unabhängigkeitskrieg kämpfte und dessen Amoklauf erst 1779 durch seine Enthauptung gestoppt werden konnte. Crane vertraut jedoch lieber auf wissenschaftliche Untersuchungsmethoden. Tim Burton akzentuiert, anders als Washington Irving in der literarischen Vorlage The Legend of Sleepy Hollow (1820), den der Geschichte immanenten Widerspruch von Aufklärung und Romantik, von wissenschaftlichem Weltbild und Fantastischem: der Kopflastige gegen den Kopflosen.
CHARLIE AND THE CHOCOLATE FACTORY (USA / GB 2005, 6. & 8.2.) Tim Burtons Verfilmung des Roald-Dahl-Kinderbuchklassikers von 1964 erzählt vom Sohn eines Zahnarztes (Christopher Lee), dem als Kind jedwede Süßigkeit verboten war und der sich als Erwachsener die größte Schokoladenfabrik der Welt baut. Auf der Suche nach einem zukünftigen Erben für sein Schokoimperium öffnet der zurückgezogen lebende Willy Wonka (Johnny Depp) für fünf Kinder zum ersten Mal seit 15 Jahren die streng abgeschottete Fabrik. Der Rundgang durch die wundersame Wonka-Welt mit Schokoladenwasserfällen, Nuss-Sortierräumen und choreografierten Gesangseinlagen der Oompa Loompas, Wonkas kleinwüchsiger Arbeiterschar, wird zum farbenfrohen Zitatenschatz der Filmgeschichte – und zur Geisterbahnfahrt für vier der Kinder, die von gierig bis verwöhnt, von aggressiv bis ehrgeizig die wichtigsten Untugenden auf sich vereinigen. Nur der bescheidene Charlie Bucket, der mit seinen Eltern und Großeltern ein windschiefes Häuschen neben Wonkas Fabrik bewohnt, übersteht die Auslese unbeschadet. So dass einem Happy End, das selten treffender in einem Satz formuliert wurde, nichts mehr im Wege steht: "Life has never been sweeter."
ALICE IN WONDERLAND (USA 2010, 6. & 10.2.) Als die 19-jährige Alice Kingsley auf einer viktorianischen Gartenfeier von ihrer geplanten Vermählung mit dem ebenso langweiligen wie anmaßenden Sohn von Lord und Lady Ascot erfährt, flüchtet sie durch ein Kaninchenloch in eine andere Welt, die ihr aus Kindertagen noch in Erinnerung ist. Dort wird sie bereits erwartet, weil sie der Herrschaft der bösen Herzkönigin (Helena Bonham Carter) ein Ende setzen und der Weißen Königin zur Krone verhelfen soll. Tim Burton hat in seiner siebten Zusammenarbeit mit Johnny Depp (als psychotischer Hutmacher) Lewis Carrolls Romane frei interpretiert und aus der kindlichen Alice eine rebellische junge Erwachsene gemacht, die sich in ein "Unterland" begibt, das erwartungsgemäß sehr viel weniger lieblich ausfällt, als man es von früheren Verfilmungen kennt. Künstliche und reale Welten verschmelzen nahtlos, Schauspieler agieren neben computergenerierten Kunstwesen in einem düsteren, kafkaesken Wunderland der gestörten Kommunikation.