Specks wohl bekanntester Film WESTLER (1985, 4. & 21.8., am 21.8. mit Diskussion), so Marc Siegel, „der sich auf die Beziehung zweier Männer konzentriert, einer von ihnen aus Westberlin, der andere aus Ostberlin, beginnt eher unerwartet in Los Angeles. (...) Wie ein Kritiker feststellte, sei das die Logik der Generation Specks und seiner Schauspieler/innen, von denen er sagt, sie sind hierzulande mit Dallas, dem Brennpunkt Brooklyn oder den Straßen von San Francisco vertrauter als mit Mecklenburg, Zwickau oder Cottbus.‘ Für West-Berliner Schwule und Lesben war eine Auseinandersetzung mit Aspekten amerikanischer Kultur seit dem Aufkeimen einer Schwul-Lesbischen Befreiungsbewegung nach den New Yorker Stonewall-Krawallen 1969 von besonderer Bedeutung.“ Mindestens ebenso sehr bot die Präsenz der amerikanischen GIs eine Projektionsfläche: Zazie de Paris, die als Nachtclubsängerin das Lied „West of the Wall“ performed, sagt an anderer Stelle des Films, das Problem sei nicht die Mauer, sondern die Männer, war sie doch als Transsexuelle gar nicht erst über die Grenze gekommen. In der Kurzfilmanthologie UNTER MÄNNERN (1980–1991, 3. & 6.8.), mit der wir die Hommage eröffnen, rupft sie dann auch mit blutigem Messer ein Huhn. David Bowie und Montgomery Clift sind darin Objekte der spielerischen Identifikation, Cocktails heißen Long Island oder Manhattan, Club-Zigaretten liegen neben Dollarnoten, die ersten Tastentelefone laden zum Telefonsex ein. Der Titel BEI UNS ZU HAUS rückt das Private in den Blickpunkt des Politischen. Mit NOVEMBER (1989) jedoch fährt der Blick aus dem Wohnzimmer hinaus auf die Fassadenfront einer neu geborenen Metropole. Doch gleichzeitig scheint AIDS den Blick zurück ins Private zu drängen (ZIMMER 303, 1991). Sicherlich ist AIDS mit ein Grund, Biografisches und Historisches stärker in den Blickpunkt zu nehmen. Zehn Jahre später vollendet Speck mit Andrea Weiss ESCAPE TO LIFE – DIE ERIKA UND KLAUS MANN STORY (2000, 17. & 19.8.). Der Film folgt dem Lebensweg der ältesten Kinder der berühmten Schriftstellerfamilie von der Flucht aus Deutschland 1933 quer durch Europa über ihr Exil in den USA bis hin zum Selbstmord von Klaus im Jahre 1949 und Erikas Tod 1969. Die deutsche Geschichte führt ins West-Berlin der 80er Jahre: Jene „großen“ Geschichten existieren nicht ohne die „kleinen“ und nicht alle privaten Geschichten werden im Kinoformat erzählt. In einer Live-Diashow versetzt Wieland Speck im Gespräch mit dem Regisseur Andreas Struck Einzelbilder seit den 60er Jahren in Bewegung. (5.8.) „... allein zu sehen, dass Blixa Bargeld damals aussah wie Klaus Kinski in Werner Herzogs Nosferatu, ist ganz großes Kino“, so die taz anlässlich der DVD-Veröffentlichung der legendären, von Speck, Blixa Bargeld und Mabel Aschenneller organisierten „Großen Untergangsshow“, dem „Festival genialer Dilletanten“. Am 4.9.1981 Prauntraten die Einstürzenden Neubauten, Die Tödliche Doris, Gudrun Gut und viele andere im Tempodrom auf. Moderiert wurde das Spektakel von Wieland Speck. Die Bewegung der Genialen Dilletanten (mit Doppel-l) war im Umfeld von New Wave und Punk entstanden, maßgeblich geprägt von Wolfgang und Max Müller. (12.8.) Zwei Filme zeigen Specks Umfeld als Kino- und Festivalmacher: AUF DER ANDEREN SEITE DER LEINWAND. 100 JAHRE MOVIEMENTO (Bernd Sobolla, 2009, 8.8.) erzählt die Geschichte des alten Bezirkskinos, aus dem Manfred Salzgeber das Programmkino Tali schuf. Neben Wieland Speck starteten hier u.a. die Karrieren von Blixa Bargeld, Dani Levy oder Tom Tykwer. SPUR DER BÄREN – 60 JAHRE BERLINALE von Hans-Christoph Blumenberg und Alfred Holighaus (2009, 18.8.) erzählt auch von 30 Jahren Panorama und 25 Jahren Teddy Award. Als Beispiele für zwei Teddy- Gewinner zeigen wir das Rock-Musical HEDWIG AND THE ANGRY INCH (John Cameron Mitchell, USA 1999, 10. & 14.8.) über einen einsamen Ost-Berliner Jungen, der davon träumt, Rockstar zu werden, bis ihm ein GI Liebe und Freiheit in den USA verspricht, zusammen mit der Coming- Out-Geschichte TREVOR (Peggy Rajski, USA 1994), die nach dem Teddy den Oscar erhielt. Das Panorama entdeckte auch Klassiker des avantgardistischen feministischen Kinos, darunter TOUTE UNE NUIT von Chantal Akerman (B / F 1982, 15.8.), der aus Fragmenten von Geschichten aus einer schwülen, staubigen Sommernacht in Brüssel besteht. Und jede Generation sollte, so Speck, dieses Doublefeature sehen: „Als BOYS IN THE BAND (11.8.) von William Friedkin 1970 rauskam, waren Schwule noch nicht Teil dieser Welt – die Gesellschaft hielt sie als Fehlgeburten im Wandschrank versteckt. Auszubrechen, ‚out of the closet‘, wurde zum ‚Coming Out‘ und markiert den Beginn der neuen Schwulenbewegung. Der Film war eine Sensation. Zum ersten Mal bestand eine gesamte Besetzung aus schwulen Rollen. Und er schockierte, denn er zeigte schwule Erwachsene in New York, die sich ihren Platz im Leben erkämpft haben. Schon damals protestierten auch Schwule gegen den Film: sie seien nicht ‚so‘ – wie es auch Rosa von Praunheim ein Jahr später erging mit seinem Film NICHT DER HOMOSEXUELLE IST PERVERS, SONDERN DIE SITUATION, IN DER ER LEBT.“ Schließlich widmet Vaginal Davis Wieland Speck die August-Ausgabe von „Rising Stars, Falling Stars“ und präsentiert den schwulen Stummfilmklassiker ANDERS ALS DIE ANDEREN (Richard Oswald, D 1919, 20.8.). BERLIN OFF/ON WALL (1978) ist die Dokumentation einer Mauerperformance und läuft am 13.8. im Rahmen des Programms Schallmauer | Projektionsfläche. Vom 3.–22.8. täglich im Foyer, das im Stil der 80er zum Videocafé wird: Die Bildervideos BEI UNS ZU HAUS – CHEZ NOUS (1981) und sanitär - program (1980), GAY TV, die Infermental-Videobriefe BRIEF AN METROPOLIS und WEST OF THE WALL, der berühmte Teddy-Trailer zum 10. Jubiläum 1996 im SO36 und, an den Wänden, die unbewegten Bilder. Zur Finissage am 22.8. präsentiert Kristian Petersen Wieland Specks Auftritte in Filmen anderer RegisseurInnen seit den 70er Jahren bis heute. Wir bedanken uns bei Wieland Speck und gratulieren zum Geburtstag! Medienpartnerschaft mit der www.siegessaeule.de - external-link-new-window>Siegessäule.