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Filmische Konventionen, Narrative wurden kreativ nutzbar gemacht, verworfen oder analysiert, um subjektiv Geschichten zu erzählen und damit der Komplexität unterschiedlicher Lebenserfahrungen Ausdruck zu verleihen: Das Kino wurde zum Ort der Entdeckung und Erfahrung, Filmschaffende und Kuratoren stellten diskursive Zusammenhänge und damit Gesprächsgrundlagen her. Die Revolution in Kairo stellte auch für das Festival eine Zäsur dar. Doch weniger durch das Programm selbst: Schnell wurden Bilder mit Zuschreibungen überfrachtet. Die Rolle des Films in Zeiten des poltischen Umbruchs stand zur Debatte, die – häufig aus dem Westen stammende – Erwartung an lokale Filmschaffende, Zeugenschaft abzulegen, sich zu positionieren. Gleichzeitig ging es noch immer um das Entdecken und Kennenlernen. Sieht man die Filme und Videoarbeiten der drei Jahre aus heutiger Sicht, so stellt sich eine Erkenntnis ein, die nur das Kino ermöglicht: Es braucht weder repräsentative Bilder, noch eine Narration der historischen Ereignisse, um vom arabischen Frühling zu sprechen. Alle Beiträge aus den Jahren 2009–2011 dokumentieren und visionieren, kritisieren und entwerfen Utopien. Ihr „subjektiver Faktor“ ist dabei mindestens ein doppelter: Der des Individuums und der des gesellschaftlichen, politischen und künstlerischen Kontexts, der in jedem arabischen Land ein spezifischer ist. Überzeugt davon, dass die "Arab Shorts" über das Festival in Kairo hinaus gesehen und diskutiert werden sollten, haben wir einige kuratierte Programme und Einzelwerke ausgewählt. In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut Kairo und durch seine großzügige Unterstützung konnten wir so insgesamt 61 Arbeiten in den Verleih übernehmen. Das Ergebnis wird nun vorgestellt: drei Abende mit jeweils zwei kuratierten Programmen finden mit der Long Night of Arab Shorts ihre Vollendung, in der Einzelwerke in einem mehr als vierstündigen Programm gezeigt werden. Zuschauer, Kuratoren und Filmemacher sind dazu eingeladen, in den Pausen im Foyer zu essen, zu trinken und sich auszutauschen. Wir freuen uns besonders, dass die KuratorInnen Ala Younis, zur Zeit Living-Archive-Stipendiatin, sowie Yazan Khalili und Maha Maamoun und die FilmemacherInnen und KünstlerInnen Monira Al Qadiri, Firas Taybeh, Ammar Bouras und Solmaz Shahbazi zu Gast sein werden. Im Anschluss gehen die "Arab Shorts" auf Tournee und stehen für den Verleih zur Verfügung. "Everything is Alright, Officer" (Kuratorin: Ala Younis, 2.7.) Das Eröffnungsprogramm untersucht die Aneignung von Nachrichten über konstruierte Räume. Es ruft in Erinnerung, dass unser vermeintliches Wissen über Fakten und Wahrheiten immer auch auf die Stimme eines Erzählers angewiesen ist – nicht nur bei Fiktionen. Zeugenaussagen, Fotos, künstliche Welten und durch Erzählungen hervorgerufene Bilder beeinflussen die Vorstellung der Zukunft und Gegenwart gleichermaßen wie die der Vergangenheit. Den Titel des Programms übernahm Ala Younis von dem gleichnamigen Film Mohamed Malas’, in dem Gefangene durch eingeschmuggelte Zeitungen das Geschehen des Sechstagekrieges verfolgen. Die Situation der Gefangenen – die über den Sieg derjenigen Truppen jubeln, die sie eingesperrt haben und die zudem den Krieg längst verloren haben – ist laut Younis ein universelles Bild für alle, die von der Revolution in abgeschiedenen oder inszenierten Räumen erfahren haben und die – als sie die "Wahrheit" erfahren haben – feststellen mussten, dass für den "Officer" eben nicht mehr alles in Ordnung war. "In the Name of the Father" (KuratorInnen: Lara Khaldi und Yazan Khalili, 2.7.) Wie der Titel andeutet, drehen sich die Filme – ausgehend von Ahmad Ghosseins MY FATHER IS STILL A COMMUNIST(Forum Expanded 2012) – um das Motiv des Vaters. Ob an- oder abwesend: Die reine Existenz des Vaters führt häufig schon zu Konflikten. Insbesondere in Zeiten des politischen Umbruchs stellt sich die Frage nach der Unvermeidlichkeit, die Fehler der Väter zu wiederholen bzw. die eigene Revolution mit der der Väter zu vergleichen. "A State of Fluidity" (Kuratorinnen: Maha Maamoun und Sara Rifky, 3.7.) "Wir halten uns selbst, den Grenzen unseres Körpers, nicht stand und dort, wo Körper auf Geist trifft, übermannt uns das Durcheinander stetiger Veränderungen", so Maha Maamoun und Sara Rifky. Die Filme zeigen urbane und ländliche Räume zwischen Dys- und Utopie und formen dabei abstrakte, meist stumme Kommentare zur Lage der Dinge. "To Know the Arab Terrain: Movements To, From and Within" (Kuratorin: Ala Younis, 3.7.) Eine Zusammenstellung von Filmen und Videos aus dem arabischen Raum, die weltweit in Ausstellungen und Kunsträumen präsentiert wurden und dabei eine Vielfalt an filmischen Ausdrucksformen zeigen. Gemeinsam ist den Werken, dass sie eine Neudefinition des Arabischen und dessen herkömmlichen Abbildern suchen. Elemente überlieferter Geschichte und der Gebrauch existierender kultureller Formen sowie künstlerischer Ausdrucksweisen der Region werden umgeformt und in neue Bedeutungskontexte eingeordnet. "Independent Film in Jordan: My beloved Homeland" (Kuratorin: Ala Younis, 4.7.) Jordanien wurde in dem Moment unabhängig, als mit dem jüdisch-arabischen Bürgerkrieg die Nakba – d.h. die Flucht von ca. 700.000 arabischen Palästinensern aus dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet – begann. Noch heute ist die Hälfte der arabischen Bevölkerung Jordaniens palästinensischer Herkunft. Die sechs Filme, von denen zwei in einem palästinensischen Flüchtlingscamp spielen, beschäftigen sich mit der Frage, was es heißt, Palästinenser und / oder Araber zu sein. "Independent Film in Palestine" (KuratorInnen: Lara Khaldi und Yazan Khalili, 4.7.) Ohne Repräsentationsanspruch stellten Lara Khaldi und Yazan Khalili Filme zusammen, die die Strukturen und Prozesse hinterfragen, die als Grundlage für Bilder- und Begriffsproduktion über Palästina und Palästinenser dienen. Die Filme zeigen ein Bewusstsein dafür, dass sie dennoch etwas repräsentieren. Dabei kreieren sie Neues, abweichend von bestehenden räumlichen und landschaftlichen Konstruktionen. Long Night of Arab Shorts: Weitere Arbeiten (5.7.)
"Every Day Life And A Call For Freedom": In jeweils drei Spiel- und Dokumentarfilmen spiegelt sich der vor- und nachrevolutionäre Alltag der arabischen Welt ebenso wie die Sehnsucht nach Freiheit. Experimental Views: Acht experimentelle Arbeiten, die einen weiten thematischen Bogen spannen: von der Diaspora über Betrachtung der Bilder des Krieges bis hin zur Parodie von Geschlechterrollen. The Personal War: Zwei sehr unterschiedliche dokumentarische Betrachtungen des vom Krieg zerstörten Beiruts. Beide Filme sind durch die persönlichen Erfahrungen ihrer Autoren geprägt. On Family: Ein zentrales Thema in "Arab Shorts" und besonders in diesem Programm sind Kindheit und Familie. Sie sind Bestandteil und Abbild einer von patriarchalischer Gewalt beherrschten Lebenswelt. Unserer besonderer Dank gilt demGoethe-Institut Kairo und Marcel Schwierin.

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