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Am 24.6. zu Gast: Steen Dalin, Filmemacher und Autor, der die Spuren des Films ELLA in Kuba suchte und mehrere Interviews dort führte. Programm 23.6., 21 UhrDie Revolutionärin
Sara Gómez ist bis heute eine der wenigen Regisseurinnen in Kuba, die einen Spielfilm realisieren konnte und als schwarze Filmemacherin thematisiert sie auch den Rassismus, den die Revolution nicht automatisch überwunden hat. DE CIERTA MANERA ist darüber hinaus formal und seinen Umständen nach ein besonderer Film: Zunächst war dies der erste kubanische Spielfilm, der auf 16mm gedreht wurde. Dann sind viele der DarstellerInnen Laien, die sich in ihrem Beruf, beispielsweise als Arbeiter in der Busfabrik, oder bei den üblichen Betriebsversammlungen präsentieren. Die HauptdarstellerInnen, ihrerseits Schauspieler, tragen im Film ihre realen Vornamen. Und Gómez arbeitete mit einem Mix aus dokumentarischen und Spielfilm-Elementen. Sara Gómez bezeichnete sich als eine Filmemacherin der Revolution. Sie setzt sich mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit mit den Resultaten und Zielen dieser Revolution auseinander. Doch Gómez starb noch vor Fertigstellung von DE CIERTA MANERA mit 30 Jahren an Asthma – ihr Tod bedeutet einen Einschnitt in der Entwicklung des kubanischen Films. (Florian Zeyfang) DE CIERTA MANERA (Sara Gómez, Kuba 1974, 78 min, OmE)
Der Film gilt als einer der wichtigsten Produktionen der "grauen" 1970er Jahre. Es ist der einzige Spielfilm von Sara Gómez, der nach ihrem frühen Tod von Alea und Espinosa fertig gestellt wurde. In einem Mix aus Dokumentar- und Spielfilm beschreibt er anhand zweier Protagonisten das Leben in einem kubanischen Armenviertel. Die Wertvorstellungen und Normen der Bewohner haben sich mit dem Neubau der Behausungen nicht einfach verändert – die neue Gesellschaft erscheint nicht auf Abruf. "Der kubanische Filmemacher drückt sich auch als Revolutionär aus; das Kino ist für uns unweigerlich parteilich." (Sara Gómez)UNA ISLA PARA MIGUEL (Eine Insel für Miguel, Sara Gómez, Kuba 1968, 22 min, OmE)
In UNA ISLA PARA MIGUEL dokumentiert Sara Gómez das Alltagsleben auf der Isla de Pinos, die Diskussionen über die Probleme des Aufbaus, die Schule und die Freizeitaktivitäten der Jugend im Jahre 1968 und setzt ihre Bilder in Beziehung zu den Gedanken von Frantz Fanon über den Aufbau einer Nation durch die Entkolonisierten. (Kuba im Film) ISLA DEL TESORO (Die Schatzinsel, Sara Gómez, Kuba 1969, 10 min, OmE)
ISLA DEL TESORO war richtungsweisend für den kubanischen Dokumentarfilm und wurde ebenfalls auf der Isla de los Pinos gedreht, erzählt mit der Geschichte jener Insel die Geschichte ganz Kubas, von den Anfängen der Eroberung durch die Spanier bis zum Befreiungskampf José Martís und der kubanischen Revolution 1959. Archivaufnahmen, Fotos und andere Bildzeugnisse werden begleitet von der Musik des Armando Guerra und dem Lied "La otra isla". (Kuba im Film) Programm, 24.6., 19 Uhr, zu Gast: Steen DalinDie Europäer
Sara Gómez stand wie viele der kubanischen Kulturschaffenden mit den Europäern, die Kuba besuchten, in enger Verbindung: sie arbeitete mit Joris Ivens sowie Theodor Christensen und traf Agnès Varda und viele andere. Kuba hatte damals die Sympathien der jungen, studentischen, intellektuellen westlichen Welt erworben, als es sich von einem Diktator, Fulgencio Batista, und einem Diktat, nämlich dass man sich den USA unterzuordnen habe, befreite. Die FilmemacherInnen, die Kuba besuchten, arbeiteten oft mit dem ICAIC (Instituto Cubano de Artes e Industria Cinematográficos) und den jungen Filmern Kubas zusammen. Dann kamen andere Tage und nach etwas mehr als einem Jahrzehnt ist die Faszination offensichtlich stark geschwunden. So sagt Marker in seinem Film LA BATAILLE DES DIX MILLIONS "Kuba ist dieses Jahr nicht mehr so sehr in Mode. Wir Europäer haben mehr eine Schwäche für kämpfende Völker, unter der Bedingung, dass sie entweder hundertprozentige Märtyrer sind oder hundertprozentige Sieger.“ Doch zuvor war noch alles begeisterter Aufbruch und der Wunsch nach Veränderung, wie in ELLA zu sehen ist. (Florian Zeyfang)
ELLA (Theodor Christensen, Kuba 1964, 34 min, OmE)
Der damals schon bekannte dänische Dokumentarfilmer Theodor Christensen kam Anfang 1963 nach Havanna und begann mit einer jungen Generation kubanischer FilmemacherInnen zu arbeiten. Sara Gómez, Nicolás Guillén Landrián und andere zitieren ihn als wichtigen Einfluss auf ihre eigene Praxis. Christensen arbeitete bis zu seinem Tod im Jahr 1967 mit dem kubanischen Filminstitut ICAIC und vertrat dieses auch auf politischen Versammlungen. Das ICAIC produzierte in den Anfangsjahren viele edukative Filme, darunter auch solche, die die Macho-Realität der Insel aufbrechen und die Gleichstellung der Geschlechter befördern sollten (s.a. DE CIERTA MANERA). Christensen, der 1961 in Dänemark den Film DIT NAVN ER KVINDE (Dein Name ist Frau) produziert hatte, wurde beauftragt, den Film Ella mit einem kubanischen Team zu realisieren. Der Film wurde 1964 in allen Kinos Kubas gezeigt und mit dem Cinemóvil auch in entlegenen Gegenden der Insel präsentiert. LA BATAILLE DES DIX MILLIONS (Chris Marker, Kuba 1970, 58 min, DF)
Chris Marker hat mit diesem Film ein Zeugnis der Anteilnahme der internationalen Intellektuellen an der Entwicklung Kubas hinterlassen: Fidel Castro hatte den "Kampf für zehn Millionen Tonnen Zucker" ausgerufen – eine enorme Menge, denn bis dahin lag der Rekord bei ungefähr sieben Millionen. Trotz der Mobilisierung der gesamten Bevölkerung in diesem großartigen Angriff mit der Machete wurde die Schlacht verloren, zumindest wurde das angestrebte Ziel nicht erreicht. Eine Zusammenarbeit mit dem kubanischen ICAIC und der Filmergruppe SLON. Der Außenseiter
Es heißt oft, ein Bild Fidel Castros mit der Musik von "Fool on the Hill" der Beatles darunter in Nicolás Guillén Landriáns Film COFFEA ARABIGA habe den Konflikt mit der Obrigkeit und den Ausschluss aus dem ICAIC bewirkt. Jedoch entstand COFFEA ARABIGA im Jahr 1968 und damit nach seiner Wiederaufnahme in das Institut. Bereits vor COFFEA ARABIGA erregten seine Filme wie OCIEL DEL TOA oder EN UN BARRIO VIEJO die Aufmerksamkeit und den Widerstand des Instituts. Diese Filme sind faszinierende, poetisch-experimentelle Beobachtungen, die jedoch keinen euphorischen Aufbruch propagieren, sondern denen ein eher dunkler Ton unterliegt und die, wenn es um politische Symbole geht, eine ironische Distanz an den Tag legen. Nicolás Guillén Landrián produzierte mit dem ICAIC in den 1960ern etwa 20 Filme, bis er 1972 in Schwierigkeiten mit der Leitung geriet und das Institut verlassen musste. 1989 verließ er Kuba und lebte in Miami bis zu seinem Tod im Jahr 2003 – jenem Jahr, in welchem seine Filme erstmals wieder in Kuba gezeigt wurden. Die Aufführung fand statt anlässlich der Muestra de jóvenes realizadores (Filmschau der Jungregisseure), die vom ICAIC ausgerichtet wird, innerhalb einer Sonderkategorie betitelt „Premios a la sombra“ (Preise im Schatten). In drei Dekaden davor war Landrián unsichtbar – auch in Berlin wurden seine Arbeiten vermutlich nie gezeigt. Im Archiv des Arsenal finden sich jedoch Dokumente von einer Einreichung zweier Filme bei den Kurzfilmtagen Oberhausen. (Florian Zeyfang) COFFEA ARABIGA (Nicolás Guillén Landrián, Kuba 1968, 18 min, OmE)
COFFEA ARABIGA wurde vom ICAIC beauftragt und war doch Landriáns problematischste Dokumentation. Der Film widmet sich dem Projekt des Kaffeeanbaus rings um Havanna. Seine Behandlung dieses Themas ist jedoch alles andere als konventionell; Landrián zeigt hier seine radikale Schnitttechnik. Wie öfters in seinen Filmen thematisiert er außerdem die Geschichte der Sklaverei und deutet Rassismen an. Die Wunden, die Arbeit und Pflanzengifte bei den Bauern hinterließen, werden nicht ausgespart, und Landrián schreibt mit dem Film ein großes Fragezeichen hinter dieses Agrarprojekt. Der experimentelle Soundtrack benutzt die Poesie seines berühmten Onkels Nicolás Guillén genauso wie den Beatles-Song "Fool on the Hill". (Florian Zeyfang) OCIEL DEL TOA (Nicolás Guillén Landrián, Kuba 1965, 16 min, OmE)
"OCIEL DEL TOA entstand aus einer Unterhaltung mit Theodor Christensen. Ich sagte zu ihm: "Wir haben gar keine Themen hier!" und er antwortete "Warum fährst du nicht aufs Land und findest ein Thema dort?" Ich sprach mit der Leitung des ICAIC, bestieg einen Bus und landete in Baracoa. Die Schönheit des Ortes und seiner Einwohner nahm mich gefangen. Ich verstand OCIEL DEL TOA als ein Fresko des Lebens der Bauern in dieser Provinz. Ohne dabei sehr optimistisch zu sein. […] Der Satz "Die Leute in Havanna sollten das sehen“ war die Idee der Bauern." Nicolás Guillén Landrián in Konversation mit Manuel Zayas EN UN BARRIO VIEJO (Nicolás Guillén Landrián, Kuba 1963, 9 min, OmE)
Vier Jahre nach der Revolution beobachtet Landrián die Einwohner eines unbenannten Stadtviertels bei ihren alltäglichen Verrichtungen. Eingangs marschiert ein Freiwilligenkorps durch die Straßen. Die Revolutionäre laufen an einem Friseur vorbei und der Alltag übernimmt wieder, hin und wieder unterbrochen von Hinweisen auf die neue Regierung. Auch die von der Obrigkeit wenig geschätzten Santería-Feste finden unter den Fahnen der Revolution statt. Der Film endet mit: "ENDE. Aber es ist nicht das Ende“. EN UN BARRIO VIEJO gewann den Spezialpreis der Jury beim Krakauer Filmfestival 1964. (Florian Zeyfang) Dank an Ernesto Livon-Grosman, Kuba im Film, Steen Dalin und Claudia von Alemann. Weitere Informationen zu Florian Zeyfangs Projekt "Risse und Klebestellen – Kuba und die Europäer" finden Sie unter Living Archive.

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