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Phänomenologisch beschäftigt sich der Kana-dier Denis Côté mit dem Thema. QUE TA JOIE DEMEURE ist eine kinematografische Erforschung von Arbeitswelten in extrem stilisierten Bildern und Tönen. Côté stellt die Arbeiter nicht als Maschinensklaven dar, sondern als Menschen mit Geschick und Verstand, fähig, sich den seltsamsten Bedingungen anzupassen und mit ihnen zu interagieren. Auf einem Schrottplatz an der Peripherie von Marseille beobachtet die französische Regisseurin Nadège Trebal in CASSE Menschen beim Zerlegen von Autowracks. Während sie mit ölverschmierten Händen fachkundig Teil für Teil zerlegen, erzählen die Männer fesselnd von ihrem Leben und von ihrer Arbeit. Einen geografischen Schwerpunkt des diesjährigen Programms bilden Filme meist junger Regisseure aus Osteuropa. Der Este Veiko Õunpuu beobachtet in dem Spielfilm FREE RANGE einen jungen Mann auf der Suche nach seinem Weg: Hin- und hergerissen zwischen dem Traum, für die Kunst zu leben, und den Anforderungen des Alltags strebt er nach einem Zustand der Schwerelosigkeit. Der georgische Film BLIND DATES von Levan Koguashvili porträtiert den Lehrer und Junggesellen Sandro, der sich in die Mutter einer Schülerin verliebt. Als deren Mann aus dem Gefängnis entlassen wird, gerät der Antiheld unfreiwillig in ein Bündel haarsträubender Konflikte. Im Mittelpunkt des polnischen Films HUBA von Anka und Wilhelm Sasnal steht ein alter Mann, gezeichnet von der lebenslangen Arbeit in der Fabrik. Seine Tochter, allein mit ihrem Säugling, zieht bei ihm ein. Der Film erzählt vom Zurückgeworfensein auf die nackte Existenz, von Enge, Fremdheit, Nähe und von Körpern – am Beginn eines Lebens, am Ende, und irgendwo dazwischen. Semidokumentarisch ist auch die Versuchsanordnung des slowakischen Films VELVET TERRORISTS von Ivan Ostrochovský, Pavol Pekarčík und Peter Kerekes. Er porträtiert drei in der Tschechoslowakei verurteilte Staatsfeinde im Hier und Heute und lässt sie die Aktionen, die sie in Konflikt mit dem damaligen System gebracht haben, nacherzählen und nachstellen. Man spürt, wie sehr ihre Vergangenheit die Männer noch immer beherrscht. Eine spannende Form hat auch Corneliu Porumboiu für seinen Film THE SECOND GAME gefunden: Gemeinsam mit seinem Vater, der zur Zeit des Ceaușescu-Regimes Schiedsrichter der ersten Fußballliga Rumäniens war, kommentiert er die verrauschte VHS-Kassette eines Spiels zwischen den Top-Mannschaften Dinamo und Steaua. Während das Spiel im Schnee steckenzubleiben droht, stellt sich der Zuschauer die Frage, wie ein Unparteiischer in einem Einparteienstaat bestehen konnte. Aus Kasachstan kommt der Spielfilm NAGIMA von Zhanna Issabayeva. Die junge Nagima hält sich als Küchenhilfe gerade so über Wasser. Als sie ihre geliebte Freundin und Mitbewohnerin durch eine tödlich verlaufende Schwangerschaft verliert, verschärft sich ihre prekäre Lage bis ins Unerträgliche. Ein Spielfilmdebüt ist der usbekische Film
40 DAYS OF SILENCE von Saodat Ismailova. Die junge Regisseurin erzählt von Bibicha, die sich ins Haus ihrer Großmutter zurückzieht, um dem traditionellen Schweigegelübde zu folgen. Zwischen der kargen Landschaft und farbenfrohen Innenräumen schildert der Film ihren steinigen Weg in die Selbstbestimmung. Ein besonderes Ereignis dürfte die Aufführung von Ken Jacobs' THE GUESTS werden. Der Nestor des Expanded Cinema hat einen einminütigen Film aus dem späten 19. Jahrhundert digital nachbearbeitet zum vermutlich ersten schwarzweißen Stummfilm in 3D-Technik. Auf 70 Minuten gedehnt, sehen wir einer Gruppe von Kirchgängern auf der Treppe eines Pariser Gotteshauses zu und richten unsere Aufmerksamkeit auf kleinste Details. Abgerundet wird das Programm mit drei Filmen des kaum bekannten japanischen Regisseurs Noboru Nakamura, die in neuen 35-mm-Kopien zu sehen sind, sowie dem im Rahmen des "Living-Archive"-Projektes restaurierten indischen Kollektivfilm GHASHIRAM KOTWAL aus dem Jahr 1972. (ct)

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