PŁYNĄCE WIEŻOWCE (Schwimmende Wolkenkratzer, Tomasz Wasilewski, PL 2013, 24.4., zu Gast: J. Kijowski) Kuba ist Leistungsschwimmer und wird von allen Seiten unter Druck gesetzt: von seiner Mutter, seiner Freundin Sylwia, seinem Trainer. Mehr und mehr entzieht er sich den Erwartungen, behält die leistungssteigernden Mittel ebenso für sich wie den wortlosen, schnellen Sex mit anderen Männern. Als er Michal kennenlernt, muss er Entscheidungen treffen und Position beziehen. Kijowskis Cinemascope-Kameraarbeit spiegelt Kubas schwieriges Coming-out im erzkonservativen Polen. SEKRET (Secret, Przemysław Wojcieszek, PL 2012, 25.4., zu Gast: J. Kijowski) Der 30-jährige Ksawery verdient sein Geld mit Auftritten als Drag Queen in Nachtclubs. Zusammen mit seiner jüdischen Freundin und Agentin besucht er seinen Großvater Jan, der zurückgezogen in einem Haus auf dem Land lebt. Ksawerys Liebe und Respekt für Jan werden auf die Probe gestellt, als dessen dunkles Geheimnis aus den unmittelbaren Nachkriegstagen ans Licht kommt. Gehörte der Großvater zu den Opfern der Geschichte oder doch zu den Tätern? Das thematisch wie formal mutige Kammerspiel kreist um Fragen von Identität und Schuld. JAK ŻYĆ (How to Live, Marcel Łoziński, PL 1977, 29.4., zu Gast: J. Petrycki) Die als fiktive Enthüllungskomödie geplante und erst vier Jahre nach Fertigstellung uraufgeführte Studie gesellschaftlicher Apathie spielt in einem Feriencamp für junge Ehepaare. Gemäß der Parteiideologie soll dort ein aktiver Erholungsurlaub zu Erziehungs- und Integrationszwecken der Frischvermählten stattfinden. Die Grundsätze der Organisation werden zunehmend verzerrt: Die Teilnehmer wetteifern um den Titel des besten Ehepaares, ordnen sich dem herrschenden Drill unter und beginnen sich gegenseitig zu kontrollieren. 89 MM OD EUROPY (89 mm from Europe, Marcel Łoziński, PL 1993, 29.4., zu Gast: J. Petrycki) 89 Millimeter beträgt der Gleisspurweiten-Unterschied zwischen der europäischen und der ehemals sowjetischen Eisenbahn. In der Grenzstation Brest wechseln die Arbeiter bei Einfahrt eines jeden Zuges das Fahrgestell aus. Minutiös verfolgt die Kamera diese rituelle Handlung und beobachtet dabei die Beziehungen zwischen Eisenbahnern und Fahrgästen, die zum Spiegel der vielgestaltigen Unterschiede zwischen Ost und West werden. THE VALLEY (Dan Reed, GB 1999, 30.4., zu Gast: J. Petrycki) Auf dem Höhepunkt des Kosovo-Konflikts im Herbst 1998 porträtiert der Film gewöhnliche Dorfbewohner sowie kämpfende Männer, die während eines Angriffs des serbischen Militärs im brennenden Drenica-Tal eingeschlossen sind. Deutlich wird die Spirale der Angst, des Hasses und des Mordens, die gespeist aus alten Mythen eine ganz eigene Logik entwickelt. Petryckis Kamera registriert gleichzeitig den Irrglauben der Kämpfer wie auch die Angst und den Horror dieses Krieges. SZPITAL (The Hospital, Krzysztof Kieślowski, PL 1977, 30.4., zu Gast: J. Petrycki) Präzise beobachtete Szenen aus der Notaufnahme eines vollkommen veralteten Warschauer Krankenhauses, das nur dank der Hingabe der hier arbeitenden Ärzte und Krankenschwestern funktioniert. (mg) FilmPolska ist eine Veranstaltung des Polnischen Instituts Berlin mit Unterstützung des Polnischen Filminstituts (PISF), der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit und des Adam-Mickiewicz-Instituts. Herzlicher Dank an Kornel Miglus und Monika Richter.
FilmPolska 2014 – Kamerakunst: Jacek Petrycki & Jakub Kijowski
Auch in diesem Jahr gilt der besondere Fokus des größten polnischen Filmfestivals in Deutschland, FilmPolska, der Kunst der Kameraführung. Wir freuen uns, die beiden Kamera-Autoren Jacek Petrycki und Jakub Kijowski im Arsenal begrüßen zu dürfen. Seit den 70er Jahren tätig, ist Jacek Petrycki einer der berühmtesten Kameramänner Polens. Er hat zahlreiche Spielfilme mit Regisseuren wie Krzysztof Kieślowski und Agnieszka Holland gedreht, sein Schwerpunkt liegt jedoch im Dokumentarfilmbereich, in dem er mit weit über 100 Filmen Maßstäbe gesetzt hat. Im Vergleich dazu steht Jakub Kijowski am Anfang seiner Karriere. Mit seinen ersten Arbeiten hat er indes Bilderwelten großer Sensibilität und Klarheit vorgelegt.
