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KURUTTA KAJITSU / JUVENILE JUNGLE (Japan 1956, 6. & 8.8.) Zwei Brüder verlieben sich in dieselbe Frau – die zu allem Überfluss auch noch verheiratet ist. Wenn die anfänglich sommerlich-helle Atmosphäre sich zusehends verdüstert, liegt das allerdings nicht an der bürgerlichen Moral; sondern daran, dass die beiden Jungs Gefühle in sich entdecken, die größer sind als sie selbst. JUVENILE JUNGLE machte nicht nur Nakahira mit einem Schlag bekannt, sondern wurde gleichzeitig zum Grundstein eines ganzen Filmgenres: Die oft auf Romanen Shintaro Ishiharas basierenden "Sun Tribe"-Filme handeln vom Unwillen der Nachkriegsjugend, sich mit den starren Regeln einer nach wie vor autoritär organisierten Gesellschaft zu arrangieren. NATSU NO ARASHI / SUMMER STORM (Japan 1956, 1.8., mit einer Einführung von Lukas Foerster & 8.8.) Noch im selben Jahr wie JUVENILE JUNGLE legt Nakahira gleich ein zweites Meisterwerk nach: Wieder geht es um die Unvereinbarkeit jugendlicher Liebesstürme mit der merkantilen Verfasstheit einer Gesellschaftsordnung, in der individuelles Glück der Familienräson untergeordnet ist. Zum ersten – und lange nicht zum letzten – Mal ist der Fokus eine junge Frau: Die Lehrerin Ryoko verliebt sich in den Verlobten ihrer traditionellen Werten verhafteten Schwester. Nakahira identifiziert sich ganz mit seiner Pro-tagonistin und inszeniert einen atemberaubenden Gefühlsexzess nach dem anderen. KOROSHITA NO WA DARE DA / WHO'S THE REAL KILLER?(Japan 1957, 2. & 23.8.) übersetzt den intimen Elan der ersten Filme in beißende Gesellschaftskritik: Im Zentrum der Geschichte steht ein alternder Gebrauchtwagenhändler, der vom langsam einsetzenden Wirtschaftsboom abgehängt zu werden droht – und der die Schläge, die er am Arbeitsplatz einstecken muss, an seine Familie weitergibt. Basierend auf einem Drehbuch von Kaneto Shindo zeichnet Nakahira das düstere Bild einer Gesellschaft, der alle Sicherheiten verloren gegangen sind. SHIKI NO AIYOKU / THE SEASONS OF LOVE(Japan 1958, 4. & 9.8.) In einem seiner ambitioniertesten Filme unternimmt Nakahira die radikale Dekonstruktion eines der zentralen Genres des japanischen Kinos: des shomingeki, jener Alltagsdramen, die vor allem mit dem Werk Yasujiro Ozus verbunden sind. Nakahiras elegant inszeniertes Melo verfolgt das langsame Auseinanderbrechen einer Familie: Der Vater ist sowieso abwesend, die Mutter lässt sich von ihren Kindern aushalten, der Sohn wird von seiner Frau betrogen, die eine Tochter wurde gegen ihren Willen mit einem älteren Mann verheiratet, die andere flüchtet sich in selbstgefällige moralische Überlegenheit. Die Regie dagegen bleibt stets solidarisch, mit jedem einzelnen Schicksal. MIKKAI / A SECRET RENDEZVOUS (Japan 1959, 22. & 30.8.) beginnt mit einer intimen Szene im Wald: Eine verheiratete Frau vergnügt sich mit ihrem jugendlichen Liebhaber. Zufällig beobachten beide, wie ein Mann eine Leiche beseitigt. Die gemeinsame Zeugenschaft beginnt bald, die geheime Beziehung zu belasten – das individuelle Moralempfinden widerstrebt der sozialen Norm. A SECRET RENDEZVOUS ist der konzentrierteste, ökonomischste Film des Frühwerks. Nakahira konzentriert sich ganz darauf, die Beziehung der beiden Hauptfiguren in wunderschönen Breitwandbildern aus dem Ruder laufen zu lassen. ABUNAI KOTO NARA ZENI NI NARU / DANGER'S WHERE THE MONEY IS(Japan 1963, 2. & 23.8.) ist "Nikkatsu Action" der Spitzenklasse: Eine comicartig stilisierte Räuberpistole in knallbunten Farben um konkurrierende Trickbetrüger, die hinter Sakamoto her sind, einem legendären Geldfälscher. Jo Shishido, einer der zentralen Stars des japanischen Actionkinos, übernimmt die Hauptrolle und tut sich mit einer kratzbürstigen Karate-Kämpferin zusammen. "Fälschen ist eine Kunst, kein Handwerk", sagt Sakamoto an einer Stelle; das könnte ein Motto sein für die erstaunlichen kreativen Freiheiten, die sich Nikkatsus Genreregisseure in jenen Jahren nehmen konnten. Nakahira zumindest erweist sich in einem seiner spielerischsten Filme als ein Großmeister in der Kunst der kinematografischen Falschmünzerei. HIKARU UMI / BRIGHT SEA (Japan 1963, 9. & 30.8.) ist eine der optimistischsten Arbeiten Nakahiras. Der erstaunlich frei erzählte Film setzt bei einer Highschool-Abschlussfeier ein und verfolgt die Lebenslinien einiger junger Frauen: Eiko landet hochschwanger vor dem Traualtar, Kazuko traut sich dagegen nicht, sich zu ihrer Liebe zu einem Schulfreund zu bekennen; Mieko wiederum gibt sich ultramodern, kümmert sich aber lieber um das Liebesleben ihrer Bekannten als um ihr eigenes. Der gerade Weg in die bürgerliche Existenz bleibt allen verbaut. Nakahiras mäandernder, immer wieder unvermittelt vom komischen ins melodramatische Register kippende Film gibt eine Ahnung davon, dass das neuere, freiere Leben auch das glücklichere ist. SUNA NO UE NO SHOKUBUTSUGUN / WHIRLPOOL OF FLESH(Japan 1964, 12. & 22.8.) In einer Reihe von Filmen der mittleren 60er Jahre unternimmt Nakahira den Versuch, die dunklen Seiten von Liebe und Sexualität zu erkunden. Der intensivste – und schönste – dieser Serie ist WHIRLPOOL OF FLESH, der die Geschichte der Ehe des Professors Keikichi und der Barfrau Sugako zum Thema hat. Die beiden lernen sich kurz vor Kriegsbeginn in der Mandschurei kennen, erweisen sich aber schnell als wechselseitig inkompatibel – insbesondere in erotischer Hinsicht. In den Trümmern Nachkriegsjapans unternehmen sie schließlich einen letzten Versuch, die Beziehung zu retten. Düster leuchtende Cinemascope-Kompositionen vermitteln eindrücklich jene emotionale Enge, gegen die sich Nakahiras Figuren wieder und wieder zur Wehr setzen. (lf) In Zusammenarbeit mit der Japan Foundation Tokio/Köln.

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