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BLOW UP(Michelangelo Antonioni, I/GB 1966, 1. & 3.5.) Models und Mode, das London der Swinging Sixties und die Mod- & Beat-Kultur der 60er Jahre (auf die die Distributionsstrategie des Films ausgerichtet wurde) bilden das Fadenkreuz, in dem sich Antonionis erster außerhalb Italiens gedrehter Film bewegt. Qua Beruf ist Modefotograf Thomas (David Hemmings) Teil dieser mode- und stilbewussten Szene. Er arrangiert, choreografiert und fixiert ihren schönen Schein, versucht ihm gleichzeitig jedoch auch zu entkommen. Auf der Suche nach neuen Motiven meint er Zeuge eines Mordes geworden zu sein. Im Zuge seiner Recherche verschwimmen Realität und Imagination, die vermeintlichen fotografischen Beweisstücke gerinnen zur Projektion. DESPERATELY SEEKING SUSAN (Susan Seidelman, USA 1985,3. & 9.5.) Lederjacke, Spitzenhandschuhe, Haarband, Leggings, Netz-Tops: Madonnas Outfit, das sie in ihrem Video zu "Like a Virgin" im Jahr zuvor bereits eingeführt hatte, kommt in Desperately Seeking Susan erneut zum Einsatz und wird spätestens mit diesem Independentfilm zu den Mode-Musts nachfolgender Generationen. Auf die extravagante Jacke der rätselhaften Susan (Madonna) hat es im Film einstweilen nur die schüchterne Roberta (Rosanna Arquette) abgesehen, der sich mit dem neuen Bekleidungsstück auch ein neues Leben eröffnet.MOROCCO(Josef von Sternberg, USA 1930, 4. & 10.5.) Marlene Dietrich im Frack! Was längst zum Inbegriff Dietrich'scher Eleganz und ihres Spiels mit Extravaganz, Gewagtheit, Glamour und Erotik geworden ist, verursachte zunächst einen unvorstellbaren Skandal, der nicht zuletzt dadurch befeuert wurde, dass Marlene Dietrich in ihrer Frack-Szene nicht nur zwei Männer verführt, sondern auch eine Frau küsst. Schauplatz ist eine Bar in Marokko, in der die Nachtclubsängerin Amy Jolly (M.D.) auftritt. Die beiden Männer sind ein reicher Gentleman mit Heiratsabsichten (Adolphe Menjou) sowie ein Fremdenlegionär (Gary Cooper), dem Amy schließlich in die Wüste folgt. Ein Film der Leidenschaft, der Suggestionskraft, des Abenteuers. Als Vorfilm zeigen wir DRESS REHEARSAL & KAROLA 2 (Christine Noll Brinckmann, BRD 1980), ein Film über Kleidung und Selbstdarstellung, kreativen Narzissmus und seine emotionale und formale Verarbeitung im Film.AELITA (Jakow Protasanow, UdSSR 1924, 8. & 23.5., am Klavier: Eunice Martins) Eine kubistisch-expressionistische Science-Fiction-Satire über eine Mars-Expedition: Der junge russische Ingenieur, der an Plänen für ein bemanntes Mars-Raumschiff arbeitet, flüchtet sich in Tagträumen zum Mars. Dort verliebt er sich in die Mars-Königin Aelita, befreit zusammen mit einem Freund die Sklavenheere, entfacht eine Revolution und gründet eine Sowjetrepublik. Alexandra Exter, die nicht nur die futuristischen Kostüme und das Dekor entwarf, erbaute eine anti-illusionistische Welt und kreierte Kostüme mit ausdrucksstarken Formen. Moskau und der Mars wurden bewusst gegensätzlich gestaltet. Während das zeitgenössische Moskau realistisch und nüchtern gezeigt wird, verkörpert die Architektur auf dem Mars eine modernistische Zukunftsvision.CLEOPATRA JONES (Jack Starrett, USA 1973, 10. & 17.5.) "She's 6 feet 2 inches of Dynamite … And the Hottest Super Agent Ever!", warb Warner Bros. für die atemberaubend eingekleidete schwarze Superheldin, von Kopf bis Fuß ausgestattet vom einflussreichen Ethno- und Hippie-Designer Giorgio di Sant'Angelo. Ex-Model Tamara Dobson spielt die CIA-Agentin Cleopatra Jones, die eine Bande von Drogenschmugglern unter der Führung der skrupellosen "Mommy" bekämpft. Als eine Art weiblicher James Bond in High Heels und als larger-than-life afro-american female super hero präsentiert sich Cleopatra Jones auf der Höhe der Zeit: emanzipiert, intelligent, attraktiv, unabhängig, hip und so selbst- wie modebewusst. L'ANNÉE DERNIÈRE À MARIENBAD (Letztes Jahr in Marienbad, Alain Resnais, F 1961, 11. & 13.5.) Man könnte denken, dass Lagerfeld mit der Schau seiner Frühjahr/Sommer-2011-Kollektion einem wichtigen Klassiker des französischen Films seine Referenz erweisen wollte: Dekor, Musik, Farb(Schwarzweiß)- und Formgebung standen ganz im Zeichen von Resnais' filmischem nouveau roman. Lagerfelds Hommage galt über den Film hinaus jedoch in erster Linie der Modeschöpferin Coco Chanel, die die Kostüme der Hauptdarstellerin des Films, Delphine Seyrig, entworfen hatte. Ihre Entwürfe umfassen klare, strenge Roben, ebenso wie verspielte romantische, mit Federn, Tüll und wallenden Stoffen operierende Kleider, die ihre Entsprechung sowohl in der Architektur des Filmschauplatzes, einem prächtigen Barockschloss, der Erstarrung der Figuren als auch in der labyrinthischen Struktur des Films finden.LA DECIMA VITTIMA(Elio Petri, Italien/Frankreich 1965, 15. & 16.5.) Kleidung als Mordwerkzeug: In Petris Pop-Art-Science-Fiction findet sich ein mit scharfen Metallspitzen ausgestatteter Bikini, in dem eine kleine Pistole untergebracht ist, die bei Bedarf tödliche Schüsse abgeben kann. Trägerin des "rapid-fire-brassiere" ist Ursula Andress, die sich an der "großen Jagd" beteiligt, einer Spielshow, bei der nach Erlegen des zehnten Opfers Reichtum und Ehre auf den erfolgreichen Jäger warten. Die Jagd auf ihr letztes Opfer (Marcello Mastroianni) bringt Andress in ein futuristisches Rom. Der zehnte Mord ist bereits durchorganisiert, als sie selbst ins Visier gerät. Petris quietschbunte Satire einer totalitären Zukunft, in der die destruktiven Triebe kanalisiert werden, schwelgt in durchgestylten Kostümen in der Tradition von André Courrèges’ futuristischem Space-Look.FREAK ORLANDO – KLEINES WELTTHEATER IN FÜNF EPISODEN(Ulrike Ottinger, BRD 1981, 18. & 22.5.) Einen Bogen von mythologischer Vorzeit bis ins 20. Jahrhundert schlägt Ulrike Ottinger in ihrem "kleinen Welttheater", das vom Leben und Sterben der Freaks, Abnormen und Außenseitern erzählt, von Irrtümern, Inkompetenz, Machthunger, Angst, Wahnsinn, Grausamkeit und Alltag. Die episodische Zeit- und Weltreise, angeführt von Orlando (Magdalena Montezuma), beginnt in einem Kaufhaus mit einem Ausverkauf der Mythen und endet auf einem Festival des Hässlichen. Ottingers fantastische, ungeheuer detailreiche Bildcollagen werden nicht zuletzt von den außergewöhnlichen, von der Regisseurin selbst entworfenen Kostümen geprägt, die das Gezeigte ironisch kommentieren, opulent unterwandern oder zuspitzen.FÜR DIE LIEBE NOCH ZU MAGER? (Bernhard Stephan, DDR 1974, 19.5., Einführung: Stella Donata Haag & 21.5.) "Der Film beginnt mit einem Song der Renft-Combo: Ja, was machen denn die Leute, wenn sie keine Fahne tragen? – und beantwortet diese Frage nach dem privaten Menschen dann auch ganz wörtlich: Sie tragen die durchsichtige grüne Bluse von Tante Rosa aus dem Westen oder die echte Levis. Oder sie tragen die falschen Sachen wie die brave Textilarbeiterin Susanne, deren Emanzipation als modischer Selbstfindungsprozess filmisch sichtbar gemacht wird. Vielleicht müsste so ein sozialistischer Kostümfilm aussehen: von der Produktion her erzählt. Keine Aschenputtelgeschichte, sondern eine materialistische Romanze, die Attraktivität als Spannung von Räumen und Texturen denkt." (Stella Donata Haag)BRIGHT STAR (Jane Campion, GB/AUS/F/USA 2009, 20. & 30.5.) Fanny Brawne näht, verziert, entwirft – Kunstfertigkeit und vor allem Liebe gehen in die extravaganten Kleider-Entwürfe dieser jungen Frau aus gutem Hause ein, deren Leidenschaft an anderer Stelle letztendlich keine Erfüllung findet. Ihre Kreativität ist indes mehr als nur emotionale Ersatzhandlung, sondern markiert eine für die Zeit – wir befinden uns zu Beginn des 19. Jahrhunderts – ungewöhnliche Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Protagonistin, die als große Liebe des englischen Dichters John Keats in die Literaturgeschichte eingegangen ist. Campion inszeniert diese romantische Liebesbeziehung in Anlehnung an Keats' Lyrik schwebend-flanierend und verweigert dem Film das Pathos eines klassischen Kostümdramas.SATURDAY NIGHT FEVER (John Badham, USA 1977, 24. & 31.5.) John Travoltas berühmter weißer Polyester-Anzug, Inbegriff des Films sowie der Disco-Welle der 70er-Jahre, stammt aus einem kleinen Laden für Männerbekleidung in Brooklyn. Die Wahl eines preiswerten Dreiteilers von der Stange war weniger den fehlenden finanziellen Möglichkeiten der Low-Budget-Produktion geschuldet als eine bewusste Entscheidung für einen möglichst authentischen Look des coolen Brooklyn-Boys (John Travolta), der mit größtmöglicher Sorgfalt gestylt auf der Tanzfläche (zu den ebenfalls legendär gewordenen Songs der Bee Gees) in ein anderes Leben eintaucht. Im strahlenden Weiß des Anzugs wird Travolta zum Fixstern der schummrigen Welt der Clubs. Als VorfilmläuftPUCE MOMENT(Kenneth Anger, USA 1949), in dem Anger seiner Begeisterung für das Ritual des Ankleidens Form gibt.DIE 727 TAGE OHNE KARAMO (Anja Salomonowitz, Österreich 2013, 26. & 28.5.) Mutig, kämpferisch und geradezu trotzig stellt sich Anja Salomonowitz' Farbkonzept – Kostüme und Dekors des Dokumentarfilms sind in Gelb- und Grüntönen gehalten – dem Nukleus des Films entgegen: der staatlichen Verhinderung (EU-)grenzüberschreitender Liebesbeziehungen. Collageartig fügen sich die Einzelgeschichten von 20 Paaren über Schikanen des österreichischen Ausländerrechts, häusliche Kontrollen, Einkommensnachweise und Abschiebung zu einer kollektiven Narration. In der hochstilisierten dokumentarischen Form werden Struktur und Systematik freigelegt, mit der der Staat ins Privatleben vordringt. (mg)

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