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WERCKMEISTER HARMONIAK (Die Werckmeisterschen Harmonien, Béla Tarr, Ungarn 2000, 1. & 5.10.) In der bitteren Winterkälte einer ungarischen Kleinstadt bricht mit Gewalt eine fremde Welt ein, die die gesellschaftliche Ordnung außer Kraft zu setzen droht. Ein durchreisender Zirkus erregt das Interesse der Bewohner, die sich zu Hunderten anstellen, um die Hauptattraktion, einen ausgestopften Wal, sehen zu können, hinter dem sich ein mysteriöser Prinz verbirgt. Ihr Warten mündet in einen unerklärbaren Aufstand. Eine finstere Stimmung liegt über Béla Tarrs expressivem Schwarzweißfilm, einer Untergangsvision über den Kampf zwischen Barbarei und Zivilisation in Bildern von traumhafter Intensität. LES AMANTS DU PONT-NEUF (Die Liebenden von Pont-Neuf, Léos Carax, F 1991, 4. & 7.10.) Die älteste Brücke von Paris kurz vor ihrer Renovierung wird zum Fluchtpunkt und Refugium zweier Heimatloser: Hierher ziehen sich der junge Drifter Alex (Denis Lavant) und die allmählich erblindende Malerin Michèle (Juliette Binoche) von der rauen, feindlichen Welt zurück, die sich jenseits des Pont-Neuf ausbreitet. Doch die Brücke ist genauso fragil wie Alex' und Michèles Konstruktion eines Niemandslands zwischen den Zeiten und Welten. LE SANG D'UN POETE (Das Blut eines Dichters, Jean Cocteau, F 1930, 9. & 12.10.) In Cocteaus surrealer Umarbeitung der Orpheus-Sage in ein filmisches Gedicht tritt ein Künstler auf Geheiß einer zum Leben erwachten Statue durch einen Spiegel in die Unterwelt, worauf ein Bilderstrom los bricht "frei in der Wahl der Gesichter, Formen, des Klanges, der Gesten, der Handlung, der Orte" (J.C.). ORPHÉE (Jean Cocteau, F 1950, 9. & 12.10.) Erneut ist es ein Spiegel, der zum Portal in ein Niemandsland wird, ein Reich des Todes, eine fremdartige Welt, in der sich der Dichter Orpheus (Jean Marais) in eine Prinzessin (María Casarès) verliebt, aber auch seine Frau zu retten versucht. M – EINE STADT SUCHT EINEN MÖRDER (Fritz Lang, D 1931, 8. & 10.10.) Langs Mischung aus Thriller, Gangsterfilm und Psychodram zeigt eine nachhaltig verunsicherte Gesellschaft. Die Angst vor einem psychopathischen Kindermörder (Peter Lorre) geht durch alle Schichten und macht auch vor den Mitgliedern der Unterwelt nicht halt. Effektvoll ausgeleuchtet treffen sich deren führende Köpfe in finsteren Kellern, planen die Jagd auf den Mörder und stellen ihn schließlich vor ein selbsternanntes Tribunal. LA COMMARE SECCA (Bernardo Bertolucci, Italien 1962, 11. & 17.10.) In die Halbwelt der römischen Vorstädte mit ihren Prostituierten, Tagedieben, kleinen Gaunern und Zuhältern führt der erste Spielfilm des erst 21-jährigen Bernardo Bertolucci, der nach einem Treatment von Pier Paolo Pasolini entstand. Eine tote Prostituierte im Park ist der Ausgangspunkt: Die Polizei verhört die Verdächtigen, die an diesem Tag im Park waren. Ihre jeweiligen Geschichten werden von Bertolucci in wunderbar fließende Bilder übersetzt, den Fokus auf das Alltägliche und Nebensächliche richtend. DET SJUNDE INSEGLET (Das siebte Siegel, Ingmar Bergman, Schweden 1957, 14. & 21.10.) Im Zwischenreich zwischen Leben und Tod angesiedelt ist Ingmar Bergmans Studie über Glauben, Zweifel und die nie aufhörende Frage nach der Existenz Gottes. Der Ritter Antonius Block kehrt im Spätmittelalter von den Kreuzzügen in das von Pest und Not verwüstete Schweden zurück. Er begegnet dem leibhaftigen Tod, der sein Leben fordert. Der noch nicht zum Sterben bereite Block verhandelt einen Aufschub von der Dauer eines Schachspiels mit dem Tod. Antwort auf seine Fragen findet er schließlich beim Gaukler Jof, seiner Frau Mia und dem kleinen Kind mit ihrer im Alltag verwurzelten Lebenszugewandtheit. DAS CABINET DES DR. CALIGARI (Robert Wiene, D 1920, 15. & 29.10, am Klavier: Eunice Martins) Der vielleicht berühmteste deutsche expressionistische Film – auf der diesjährigen Berlinale in einer neuen Restaurierung präsentiert – führt in ein Zwischenreich der Halluzination: Auf einem Jahrmarkt versetzt Dr. Caligari (Werner Krauß) sein Medium, den Somnambulen Cesare (Conrad Veidt), in einen Trancezustand, in dem er den anwesenden Schaulustigen ihre Zukunft voraussagt. Nachts schleicht der hagere Schlafwandler wiederum unter dem Einfluss Caligaris mordend durch die Kleinstadt. Die Suche nach dem Mörder führt zu einer furchtbaren Entdeckung. UNDERWORLD (Josef von Sternberg, USA 1927, 17. & 19.10., am Klavier: Eunice Martins) Ein berüchtigter, zum Tode verurteilter Gangster bricht aus dem Gefängnis aus, um seine Geliebte der angeblichen Untreue zu überführen. Als Vorläufer von "Little Caesar" (1930) und "Scarface" (1932) lässt auch UNDERWORLD Gefühle von Angst und Einsamkeit durch die allzu dünne Fassade der Protagonisten durchschimmern. Alltagsgesten, das Anzünden einer Zigarette oder das Heben eines Glases legen Seelenzustände frei – je tiefer die Unterwelt, desto ergreifender das Melodram. THE THIRD MAN (Carol Reed, GB 1949, 18. & 28.10.) Expressionistische und zudem schräg stehende Schatten beherrschen die labyrinthische Trümmerlandschaft des Nachkriegs-Wien, in der sich ein zunächst argloser amerikanischer Schriftsteller (Joseph Cotten) an die Aufklärung des vermeintlichen Todes seines Freundes (Orson Welles) macht. Dieser entpuppt sich als kaltblütiger Verbrecher, dessen Ende an passendem Ort Filmgeschichte geschrieben hat. NIGHT ON EARTH(Jim Jarmusch, USA 1991, 22. & 24.10.) Das Taxi als Niemandsland, in dem Begegnungen zwischen unterschiedlichsten Menschen möglich sind, schildert Jim Jarmusch in seinen fünf Episoden von gleichzeitig stattfindenden nächtlichen Taxifahrten in fünf Städten. In gewohnt lakonischer Erzählweise entstehen  durch das zufällige Aufeinandertreffen im Innern eines Taxis, im Schutz der Nacht und in der urbanen Anonymität Momente ungeahnter Intensität. Die in Los Angeles, New York, Paris, Rom und Helsinki spielenden Episoden versammeln ein internationales Starensemble von Gena Rowlands über Matti Pellonpää, Armin Mueller-Stahl und Béatrice Dalle bis Roberto Benigni. THE ELEPHANT MAN (David Lynch, USA 1980, 23. & 25.10.) Der titelgebende "Elefantenmensch" ist John Merrick, der aufgrund seines bizarr deformierten Gesichts sein Leben als verspottete und gedemütigte Jahrmarktsattraktion fristen muss, ausgestoßen von der Gesellschaft seiner Mitmenschen. Der Arzt Dr. Treves bringt ihn zwecks wissenschaftlicher Forschung in einem Hospital unter. Bald aber merkt er, dass er es mit einem feinfühligen und intelligenten Mann zu tun hat, der durch seine erzwungene Isolierung jahrelang stumm blieb, und versucht, ihm ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Eine Parabel auf die menschliche Einsamkeit vor dem Hintergrund der rasanten Industrialisierung im London der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. (al/mg)

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