REBEL WITHOUT A CAUSE (… denn sie wissen nicht, was sie tun, Nicholas Ray, USA 1955, 1. & 4.7.) Zentrales Werk des "Juvenile delinquency"-Genres, des amerikanischen Vorläufers der deutschsprachigen Halbstarken-Filme. Formale Paten sind die Gangsterfilme der 30er Jahre und der Film noir. Ausgangspunkt des Films waren umfangreiche Recherchen in Archiven von Jugendbehörden und Polizeistationen. Hier treffen eines Nachts die drei jugendlichen Protagonisten Judy (Natalie Wood), John (Sal Mineo) und Jim (James Dean) zusammen. Gemeinsam geraten sie in das Mahlwerk tödlicher Gangrituale, hilfloser Eltern und desinteressierter Polizisten.
DIE HALBSTARKEN (Georg Tressler, BRD 1956, 2. & 8.7.) Welten prallen aufeinander: Ausgelassen tanzen Jugendliche in einer Espressobar Rock'n'Roll, als plötzlich ein preußischer Marsch aus der Jukebox ertönt. Die jungen Tänzer sind außer sich und verlassen das Tanzcafé. Mittendrin Freddy (der deutsche James Dean: Horst Buchholz), der aufsässige Anführer einer marodierenden Bande. Tresslers Spielfilmdebüt entwirft einen jugendlichen Raum jenseits der kleinbürgerlichen Erwachsenenwelt. In Berlin on location gedreht (Kamera: Heinz Pehlke), werden Straßenecken, Parks oder zerbombte Industriegebiete zum Schauplatz einer Jugendkultur zur Zeit des Wirtschaftswunders.
BERLIN – ECKE SCHÖNHAUSER (Gerhard Klein, DDR 1957, 5. & 9.7.) Ein Blick auf die Ostberliner Halbstarken-Szene: Unter den U-Bahn-Bögen der Schönhauser Allee trifft sich regelmäßig eine Gruppe von Jugendlichen: Man redet und tanzt, gerät mit den vorbeieilenden Passanten und bald auch mit der Polizei aneinander. Von hier aus ist es nur ein kurzer Weg nach West-Berlin, wohin sich Dieter, Karl-Heinz und Kohle schließlich absetzen müssen. Neorealistisch anmutende Straßenszenen mit Trambahnen, Autos und Menschen bilden den Hintergrund einer bemerkenswert offenen Darstellung von Rebellion und Freiheitssehnsucht in der DDR.
WEST SIDE STORY (Jerome Robbins, Robert Wise, USA 1961, 6. & 11.7.) In den Armenvierteln von New York schwelt ein Bandenkrieg zwischen zwei Jugendbanden, den puertoricanischen Sharks und den amerikanischen Jets. Über die Grenzen der Bandenzugehörigkeit hinweg entwickelt sich eine Liebesgeschichte, die zwischen den getanzten und gesungenen Auseinandersetzungen zu zerbrechen droht. Bernstein übersetzt die ganze Bandbreite jugendlicher Lebensgefühle zwischen Energie und Ag-gres-sion, Leichtigkeit und Melancholie in einer Mischung aus Jazz, Oper und Unterhaltungsmusik.
KAMPF DER TERTIA (Max Mack, D 1928, 10. & 15.7., am Klavier: Eunice Martins) Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Wilhelm Speyer, findet sich an der Nordseeküste eine Gruppe aufgeweckter Jugendlicher zusammen, die mit ungewöhnlichen Mitteln nicht nur gegen einen Pelzhändler (Max Schreck) vorgehen, der es auf die Katzen der Gegend (und deren Fell) abgesehen hat. Vielmehr gilt der Kampf der Tertianer (Acht- bzw. Neuntklässler) ihrem Bestreben nach freiheitlicher Entwicklung und Selbstverwaltung – singulär im deutschen Film jener Tage.
LES QUATRE CENTS COUPS (Sie küssten und sie schlugen ihn, François Truffaut, F 1959, 12. & 17.7.) Inspiriert von seiner eigenen Lebensgeschichte, erzählt Truffaut vom zwölfjährigen Antoine Doinel (Jean-Pierre Léaud), der in ärmlichen und lieblosen Verhältnissen bei seiner Mutter und seinem Stiefvater aufwächst. Nach einer Reihe von Lügengeschichten und kleinen Räubereien landet er, von der Erwachsenenwelt im Stich gelassen, in der Besserungsanstalt. Allerlei Fluchtversuche durchziehen den frühen Nouvelle-Vague-Film, der letzte endet am offenen Meer – Antoines Sehnsuchtsort.
PUTJOVKA V SHISN (Der Weg ins Leben, Nikolai Ekk, UdSSR 1931, 16. & 18.7.) Historischer Hintergrund des Films sind die sog. "Besprisorni" (zu dt.: Verwahrlosten), sieben Millionen Waisenkinder, die Anfang der 20er Jahre in der Folge von Bürgerkrieg und Hungersnöten durch die Sowjetunion irrten. Eine Gruppe solcher junger Obdachloser – gespielt von Laiendarstellern – zieht räubernd durch Moskau. Der parteitreue Erzieher Sergejew versucht, die Truppe trotz zahlreicher Rückschläge an das Ideal des arbeitsamen, disziplinierten und sportlichen Sowjetmenschen heranzuführen.
THE WILD ONE (László Benedek, USA 1953, 19., 23. & 31.7.) Schirmmütze, Stiefel und Lederjacke sind die Insignien des Motorradgang-Anführers Johnny (stilbildend: Marlon Brando), der mit seinen 40 "Black Rebels" in eine kalifornische Kleinstadt einfällt. Nach Ankunft einer rivalisierenden Gang wird im Zuge der Bandenkämpfe das beschauliche Provinzleben restlos aufgerieben. Straßen werden besetzt, die örtliche Bar überrannt, das Gefängnis überfallen. Zur Beruhigung des Publikums stellte der Verleih dem Film eine Texttafel voran: "Dies ist eine schockierende Geschichte. In den meisten amerikanischen Städten könnte so etwas nie passieren …".
RUMBLE FISH (Francis Ford Coppola, USA 1983, 20. & 24.7.) Hochstilisierte Auseinandersetzung mit der Gefühlswelt Jugendlicher – im Mittelpunkt steht ein Brüderpaar: der jüngere aggressiv-naive Bandenanführer Rusty (Matt Dillon) und der melancholische Motorcycle Boy (Mickey Rourke). Der unbestimmbare Schauplatz – irgendwo in den USA – und der nicht festzumachende Zeitpunkt (eine irritierende Mischung von 50er-Jahre-Billardhallen und 80er-Jahre-Industriebrachen) bilden den Rahmen für die entwurzelten Charaktere, die sich zunehmend selbstzerstörerisch in den Rollenstrukturen der Jugendkultur verfangen.
HERBST DER GAMMLER (Peter Fleischmann, BRD 1967, 21. & 29.7.) Dokumentarische Bestandsaufnahme der gesellschaftlichen Strömungen in der BRD Mitte der 60er Jahre. In Interviews kommen die jugendlichen "Beats", wie sie sich nennen, zu Wort: Heimkinder, Schul- oder Ausbildungsabbrecher, die es in den Strukturen der Schulen und Betriebe nicht aushalten und von Freiheit träumen. Das anfänglich vorsichtige Verständnis weniger Passanten im Gespräch mit den von ihnen als "Gammler" titulierten Jugendlichen schlägt in anderen Situationen in unverhohlenen Hass um.
MALENKAJA VERA (Kleine Vera, Wassili Pitschul, UdSSR 1988, 22. & 27.7.) Ein Schwenk über Industriekomplexe, Schornsteine, Hochhäuser und Brachen eröffnet das Terrain, auf dem sich die junge Generation kurz vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion in ständiger Konfrontation mit Eltern und Obrigkeit selbst zu finden versucht. Auch die 17-jährige Vera stemmt sich mit aller Kraft und drastischen Maßnahmen gegen die heimische Enge, den vorgezeichneten Weg als Telefonistin, die staatliche Kontrolle. Pitschuls Spielfilmdebüt aus der Perestrojka-Zeit bewegt sich zwischen Groteske und Tragödie, Hysterie und Ruhe.
SANS TOIT NI LOI (Vogelfrei, Agnès Varda, F 1985, 26. & 30.7.) Eine junge Frau im Graben, erfroren, irgendwo im winterlichen Südfrankreich. Der Film verfolgt die Spuren, die die Landstreicherin Mona hinterlassen hat und versucht, ihr Leben zu rekonstruieren, anhand der Aussagen derer, die ihren Weg kreuzten. Doch ein Porträt von Mona ist unmöglich: Die schroffe Vagabundin hat sich radikal von der Gesellschaft abgewendet, um ein Leben in absoluter Freiheit zu führen, ohne Geld, ohne Dach über dem Kopf, ohne Kompromisse. Sie will keinen Kontakt, spricht kaum, interessiert sich für nichts, will nichts. Sie geht ziellos, bis sie umfällt. (hjf/mg)