Farocki zeichnet Diagramme. Dazu benutzt er Bilder, die er wiederholt, verschiebt, unterbricht, neu zusammensetzt. In seinem gerade im Verlag Walther König erschienenen Buch Diagrams versucht Benedikt Reichenbach die offene Funktionsweise von zehn Filmen von Harun Farocki nachzuzeichnen, indem er Einzelbilder anordnet. Zu jedem Film gibt es einen kurzen Autorenbeitrag. Der Anhang enthält Sprecherkommentare, Dialoge und Zwischentitel. Ein Buch, das seine Vermittlungsebene ebenso offenlegt wie es die Filme von Harun Farocki tun. Wir nehmen es zum Ausgangspunkt einer Anordnung von sieben Filmen für zwei Kinoereignisse. Henriette Huldisch, Jan Verwoert und Christine Lang geben am 2.3. Einführungen zu folgenden Filmen: NICHT LÖSCHBARES FEUER (1969) entstand ein Jahr nach Farockis Relegation von der DFFB und wurde nun für die Ausstellung „Ernste Spiele“ im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart neu digitalisiert. Für Klaus Kreimeier galt er als der "wichtigste Agitprop-Film der Vietnam-Bewegung. Ein Traktat über Napalm-Produktion, Arbeitsteilung und fremdbestimmtes Bewußtsein von brechtischer Kargheit, lehrhaft im Stil, schneidend in der Diktion". Für EIN BILD (1983) beobachtete Farocki vier Tage lang die Vorbereitungen eines Bildes für den Playboy: "Monatlich rückt ein neues Mädchen in den Mittelpunkt. Ein Punkt hat keine Ausdehnung und ist unsichtbar. Das haben wir gefilmt." (HF) Farockis Filmtitel funktionieren wie Synopsen: Zu WIE MAN SIEHT (1986) schreibt er: "Mein Film ist aus vielen Einzelheiten und stellt unter ihnen viele Bild-Bild und Wort-Bild und Wort-Wort-Beziehungen her und kann also einen Abend füllen. Ich suchte und fand eine Form, in dem man mit wenig Geld viel hinstellen kann." VIDEOGRAMME EINER REVOLUTION (1992) ist eine Gemeinschaftsarbeit mit Andrei Ujica. Im Herbst 1989 fanden in mehreren Ländern Machtwechsel statt, wobei die Ereignisse in Rumänien gelegentlich als "erste Fernseh-Revolution" bezeichnet wurden. Der Film montiert TV-Material und Videoaufnahmen zu einer Analyse medial vermittelter Bilder im Hinblick auf ihre Geschichtsdarstellung. Am zweiten Abend (6.3.) sprechen Harun Farocki und Anselm Franke über Bilder und ihre Verräumlichung und über die Frage, welche Möglichkeitsräume sich öffnen, wenn sie ihren Modus zwischen Bewegt- und Standbild ändern. Im Anschluss zwei Filme: SCHÖPFER DER EINKAUFSWELTEN (2001) lässt eine vertraute Umgebung – die Shopping Mall – im Licht ihrer komplexen Organisationsstruktur erscheinen: "Es gibt Berater-Firmen, Relaunch-Analytiker, einen Zentralverband, Zeitschriften und einen jährlichen Kongress" (Antje Ehmann), bei dem Funktions- und Manipulationsweisen der Malls verhandelt werden. EIN NEUES PRODUKT entstand 2012. Ein Jahr lang begleitete Farocki eine Unternehmensberatungsfirma mit der Kamera, um Spuren gesellschaftlicher Veränderungen in heutigen Unternehmensstrukturen zu erforschen. Die Vorführung ist eine Berlin-Premiere. Vom 2.–6.3. ist in der Black Box Farockis erster Film DIE WORTE DES VORSITZENDEN (1967) zu sehen, in dem eine Seite aus der Mao-Bibel zum Wurfgeschoss wird. (stss)