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CASABLANCA (Michael Curtiz, USA 1942, 1. & 25.5.) Casablanca 1941: Auf der Flucht vor den Nazis ist die nordafrikanische Hafenstadt für viele Emigranten Zwischenstation auf dem Weg nach Amerika. Auch Ilsa (Ingrid Bergman) und ihr Mann (Paul Henreid) hoffen, hier Transitvisa für die Weiterreise zu erhalten, treffen jedoch zunächst auf Ilsas ehemaligen Geliebten (Humphrey Bogart). Ein Emigrationsdrama, dargestellt von einem "Emigrantenensemble": Curtiz besetzte zahlreiche Rollen mit berühmten deutsch(sprachig)en Schauspielern, so z.B. Peter Lorre, Conradt Veidt, Curt Bois und Szöke Szakall, die ihrerseits wenige Jahre zuvor aus Deutschland bzw. Europa emigrieren mussten.
DIE QUEREINSTEIGERINNEN (Rainer Knepperges, Christian Mrasek, D 2006, 2. & 6.5.) Harald Winter ist ein hohes Tier bei einer Telefongesellschaft und damit irgendwie verantwortlich. Deswegen entführen Barbara und Katja ihn in ein abgelegenes Ferienhaus in Norddeutschland. Aber der Schrecken will ihm nicht so recht in die Glieder fahren angesichts der unbedarften Art der jungen Frauen. Als Grund für die Entführung fordern sie kurzerhand, die gelben Telefonhäuschen sollten wieder aufgestellt werden. Doch die Außenwelt scheint sich nicht um die Entführung Winters zu kümmern, und er selbst interessiert sich wiederum immer weniger für die Außenwelt. "Was wie eine Paraphrase auf "Die fetten Jahre sind vorbei" klingt, ist in Wahrheit eine vergnüglich absurde Komödie, die aus ihren kargen Mitteln das Beste macht. Dass darin Klaus Lemke eine kleine Rolle spielt, ist kein Zufall, weil der seine Filme auch stets ohne Rücksicht auf Verluste gedreht hat." (FAZ) Der Low-Budget-Film entstand im Umfeld der Kölner Gruppe, einer lose miteinander verbundenen Gruppe von Filmemachern, die aus einer unabhängigen und cinephilen Außenseiterposition heraus arbeitet. IL BACIO DI TOSCA (Der Kuss der Tosca, I/CH 1984, 3. & 7.5.) In der Casa Verdi, einem von Verdi in Mailand begründeten Altersheim, leben alte Opernsänger und Musiker: ein Ensemble aus lauter Stars, die sich mit ungebrochener Lust und Hingabe der (Selbst-)Inszenierung widmen. Ihre eigene Vergangenheit wird zur Rolle ihres Lebens, wenn etwa auf dem Flur zwei betagte Sänger die Todeskussszene aus Tosca inszenieren und dabei trotz schütterem Haar und Gehstock den Ruhm früherer Tage wieder heraufbeschwören. Daniel Schmid zeigt sie mit großer Zärtlichkeit als die schillernden Kunstfiguren, als die sie sich selber sehen, ihre Selbstdarstellung, ihr Spiel und ihre Fiktion.

HÔTEL DU NORD (Marcel Carné, F 1938, 5. & 14.5.) Ein Hotel im Nordosten von Paris direkt am Canal Saint-Martin. Während mit Gästen und Familienmitgliedern eine Erstkommunion gefeiert wird, nimmt ein junges Paar ein Zimmer mit der Absicht, sich gemeinsam umzubringen. Der Plan scheitert und nach einem Krankenhausaufenthalt wird die junge Frau Zimmermädchen im Hotel, wo sich ihr Lebensweg mit dem der Hotelgäste kreuzt. Die Charakterzeichnungen eines überzeugenden Ensembles (Arletty, Louis Jouvet) und die Echtheit des Milieus machen HÔTEL DU NORD zu einem der wichtigsten Filme des poetischen Realismus im französischen Kino der 30er Jahre.

REJS (Der Ausflug, Marek Piwowski, Polen 1970, 8. & 30.5.) Eine Dampferfahrt auf der Weichsel. Ein Mann schleicht sich ohne Fahrschein ein und lässt sich zum Vorsitzenden des Vergnügungskomitees wählen, womit ein Reigen von absurden Versammlungen, Beschlüssen, Wahlvorgängen und verordneten Freizeitaktivitäten eröffnet wird. Das Ensemble der Passagiere besteht aus Archetypen der polnisch-sozialistischen Gesellschaft, die die surrealen Situationen mit Genuss durchspielen. REJS ist eine glänzende Satire auf das Kleinbürgertum – nicht nur in Polen. Mitten im Kommunismus nahm der Film nur mit Mühe die Hürden der Zensur. Heute besitzt er in Polen Kultstatus und ist so berühmt, "dass in den Studentenclubs meist eine japanische Synchronfassung gezeigt wird: Jeder kennt die Dialoge!" (Helmut Höge) SHORT CUTS (Robert Altman, USA 1993, 9. & 27.5.) Kunstvoll verwebt Altman Fragmente aus dem Leben von 22 Protagonisten – Figuren aus allen Gesellschaftsschichten Los Angeles' – zu einem bis in die kleinsten Nebenrollen glänzend besetzten Mosaikfilm, dessen Ensemble mehrfach für seine schauspielerische Gemeinschaftsleistung ausgezeichnet wurde. Entstanden ist ein beeindruckendes Puzzle aus Erzählvignetten: ein apokalyptisches Monumentalgemälde zwischen Tragödie und Satire, ein südkalifornisches Sittenbild des ausgehenden 20. Jahrhunderts. DAYS OF BEING WILD (A fei jing juen, Wong Kar-Wai, Hongkong 1991, 10. & 22.5.) In der zweiten Regiearbeit Wong Kar-Wais sind alle für sein Werk wichtigen Motive schon angelegt: die meist vergebliche Suche nach Liebe, die alles durchdringende Einsamkeit und das Element der Zeit. Im Zentrum des aus lose miteinander verwobenen Episoden bestehenden Films steht der junge, verwöhnte Yuddy, der seine Zeit mit sexuellen Abenteuern totschlägt. Er erfährt, dass er adoptiert wurde und macht sich auf, seine leibliche Mutter zu suchen. Atmosphärisch dicht entwirft Wong Kar-Wai das Bild einer verlorenen Generation um 1960 in Hongkong. Sechs der populärsten Stars der Zeit bildeten den Cast: Leslie Cheung, Andy Lau, Maggie Cheung, Carina Lau, Jacky Cheung und Tony Leung Chiu-Wai.

NOWY WAWILON (Das neue Babylon, Grigori Kosinzew,  Leonid Trauberg, UdSSR 1929 | 12. & 15.5., am Klavier: Eunice Martins) ist der bekannteste Film der FEKS, der Fabrik des Exzentrischen Schauspielers. Gegründet wurde die FEKS 1921 von Grigori Kosinzew und Leonid Trauberg in Petrograd, sie verband Schauspielerausbildung mit kollektiver Theater- und Filmarbeit. Die Enfants terribles der sowjetischen Avantgarde entwickelten den "Exzentrismus" als neuartiges Ausdrucksmittel. NOWY WAWILON erzählt vor dem Hintergrund der Niederschlagung der Pariser Kommune 1871 die Liebesgeschichte von Louise, einer Verkäuferin im Kaufhaus "Das Neue Babylon" und überzeugten Kommunardin, und von Jean, einem Soldaten, der gezwungen ist, die Kommune zu bekämpfen. Mit einer stark karikaturistischen und pathetischen Überzeichnung der Personen und Dekors, dem furiosen Tempo und der radikalen Montage brachte FEKS eine neue Ästhetik in das sowjetische Filmschaffen.

LIFE ACCORDING TO AGFA
(Assi Dayan, Israel 1992, 13. & 23.5.) Eine lange Nacht in einer Bar in Tel Aviv, die Zufluchtsort und Kriegsschauplatz zugleich ist. Gäste wie Personal stellen einen Mikrokosmos der israelischen Gesellschaft dar. Aufgeheizte Soldaten treffen auf liberale Bohème, auf arabische Intifada-Anhänger, progressive Israelis und radikale Zionisten. Die Stimmung ist eine Mischung aus Aggressivität und Zärtlichkeit, Lebenshunger und Verzweiflung, offenem Hass und liebevollem Humor. Die Wirtin und Fotografin Leora macht Fotos von ihren Gästen und hält die Ereignisse des Abends fest. Der Fluss des Films wird unterbrochen von diesen Standbildern – Momentaufnahmen einer zerrissenen Gesellschaft.

LE CHARME DISCRET DE LA BOURGEOISIE (Luis Buñuel, F/Spanien 1972, 16. & 26.5.) Eine Gruppe von Menschen aus der Pariser Bourgeoisie – zwei Ehepaare, eine junge Frau und der Botschafter von Miranda, einem fiktiven korrupten lateinamerikanischen Staat – versucht wiederholt, sich zum Abendessen zu treffen. Beunruhigende Zwischenfälle und Missverständnisse vereiteln das Ansinnen immer wieder aufs Neue. In ausufernden Nebenhandlungen verdingt sich ein Bischof als Gärtner, zielt ein Botschafter aus dem Fenster mit dem Gewehr auf lästige Passanten, sitzen eingeladene Gäste unversehens auf einer Bühne vor Publikum. Unmittelbar schlagen realistische Szenen ins Fantastische und Visionäre um; durch ein verschobenes Detail wird Alltag zum Traum. Der Film ist mit Ironie gemacht, obwohl die Schärfe der Attacke, die Buñuel gegen das falsche Bewusstsein der Bourgeoisie richtet, dadurch nicht gemildert wird.

GERMANIA ANNO ZERO (Deutschland im Jahre Null, Roberto Rossellini, Italien/D 1948, 19. & 24.5.) Der letzte Teil von Rossellinis Nachkriegstrilogie ist im zerbombten Berlin angesiedelt. Der zwölfjährige Edmund muss alleine für den Lebensunterhalt seiner Familie sorgen, sich jeden Tag neu um die Beschaffung von Essen kümmern, und erfährt dabei von seiner Umwelt vor allem Ablehnung. Keiner der vielen Menschen, mit denen er zu tun hat, bietet ihm Orientierung oder Halt. Keine Stunde Null sah Rossellini in Deutschland: Er zeigt das zerstörte, korrumpierte Berlin und die Befindlichkeit der Deutschen nach Kriegsende. Auch wenn der Krieg beendet ist, wirkt das barbarische Nazi-Gedankengut weiter, so in Edmund und seinem früheren Lehrer, der ihn anstiftet, seinen kranken Vater zu vergiften.

DIE BITTEREN TRÄNEN DER PETRA VON KANT
(Rainer Werner Fassbinder, BRD 1972, 20. & 29.5.) Die erfolgreiche Modedesignerin Petra von Kant (Margit Carstensen) lebt in einer Luxus-Wohnung zusammen mit ihrer Dienerin Marlene (Irm Hermann). Sie verliebt sich leidenschaftlich in die jüngere Karin (Hanna Schygulla), von der sie jedoch nur ausgenutzt wird. Als Karins Mann nach längerer Abwesenheit aus Australien zurückkehrt, verlässt sie Petra. Diese bietet Marlene, die sie wie ein Möbelstück behandelt hatte, Freiheit und Vergnügen an. Marlene, die nie ein Wort sprach, packt den Koffer und verlässt Petra. Fassbinders enormer Output als Regisseur war nur möglich durch die kontinuierliche Arbeit mit einem festen Team, das er in familienähnlichen Strukturen an sich band. "Ich stelle mir vor, im Rahmen einer gut aufeinander eingespielten Gruppe, in rascher Folge billige Filme machen zu können, womöglich in eigener Produktion, um mir eine weitgehende Realisationsmöglichkeit meiner Ideen zu verschaffen." (Rainer Werner Fassbinder)

AMERICAN HUSTLE (David O. Russell, USA 2013, 21. & 31.5.) Ein irrwitziges Verwirrspiel um Betrug und Fälschung, angesiedelt im New York der späten 70er Jahre: Irving Rosenfeld besitzt mehrere Waschsalons, macht das große Geld aber durch dubiose Kunstverkäufe. Ein FBI-Agent kommt ihm auf die Schliche, zwingt ihn zur Mitarbeit und setzt ihn auf einen korrupten Politiker an. Doch Irving und seine ihm an krimineller Energie in nichts nachstehender Freundin Sydney sind wild entschlossen, wiederum den FBI-Agenten auszustechen. Eine launige Gangsterkomödie, die glänzt durch üppige Ausstattung, die sich an den Geschmacksverirrungen der Zeit ergötzt, überzeugende Charaktere und das hochkarätige Darstellerensemble (Christian Bale, Amy Adams, Jennifer Lawrence, Bradley Cooper, Jeremy Renner).

DÉLITS FLAGRANTS (Auf frischer Tat, Raymond Depardon, F 1994, 28. & 31.5.) Der Justizapparat und die von ihm verwalteten Menschen stehen im Mittelpunkt von Depardons Dokumentarfilm. Mit einer feststehenden Kamera filmt er 14 Verhöre von in flagranti ertappten Personen (Taschen- und Autodiebe, Hütchenspieler, Graffitisprayer, Drogensüchtige, prügelnde Ehemänner) und schildert die Prozedur, die sie durchlaufen, wenn sie aus dem Polizeigewahrsam in den Pariser Justizpalast kommen und zur Vernehmung im Büro des Staatsanwalts landen. Dort wird im Schnellverfahren über Lebensschicksale entschieden. Die Justiz erweist sich als Abfertigungsapparat, als formalisiertes Regelsystem, das sich Menschen einverleibt, in bürokratische Vorgänge verwandelt und weiterschiebt. Aus der Konfrontation der Juristensprache mit den Ausflüchten und Tricks der Delinquenten entsteht wider Erwarten eine ungeheure Komik. (al/mg)

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