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THE AWFUL TRUTH (Leo McCarey, USA 1937, 2.12., mit einer Einführung von Andreas Busche & 23.12.) Die vielleicht inspirierteste Screwball Comedy der Geschichte. Leo McCarey, der bereits Laurel und Hardy, W.C. Fields, Mae West und die Marx Brothers erfinderisch in Szene setzte, führt den komödiantischen Kampfplatz der Geschlechter mit funkelnden Dialogen und brillantem Timing zu einer zauberhaften Meisterschaft. Getragen vor allem durch Cary Grants und Irene Dunnes Schauspielkunst strebt der Film auf ein großartiges Ende zu, mit einer der schönsten und absurdesten Metaphern für Sex in der Geschichte Hollywoods als Schlussbild. "Die schreckliche Wahrheit", die der Titel suggeriert, soviel sei vorweggenommen, kommt nicht ans Licht. Es bleibt bei Vermutungen und Verdächtigungen, als Jerry und Lucy Warriner beschließen, die Scheidung einzureichen. Vor dem Scheidungsrichter wird alles geregelt, nur um das Sorgerecht für den Foxterrier (der auch in THE THIN MAN und BRINGING UP BABY mitwirkt) wird hart gefeilscht. Kurz bevor die Scheidung rechtskräftig wird, will Jerry plötzlich seine Frau Lucy, die von dem Ölmillionär Leeson (Ralph Bellamy) umworben wird, zurückerobern. Für Cary Grant war der Film der große Durchbruch als Protagonist romantischer Komödien. In den folgenden Jahren wurde er bevorzugt als männliche Hauptrolle in Screwball Comedies besetzt. THE DEVIL AND MISS JONES (Sam Wood, USA 1941, 3. & 4.12.) John P. Merrick (Charles Coburn) ist der reichste Mann der Welt, allerdings auch einer der meistgehassten. Die Verbrennung einer Merrick-Puppe mit Teufelshörnern bei einer Demonstration gegen die Arbeitsbedingungen in seinen Warenhäusern nimmt er zum Anlass, sich persönlich auf die Suche nach den Rädelsführern zu machen. "Undercover" geht er als Schuhverkäufer in eines seiner eigenen Warenhäuser, um herauszufinden, wer zu feuern ist. Schnell findet er das Vertrauen von Mary Jones (Jean Arthur) und ihrem Freund Joe, die aktiv in der Gewerkschaft engagiert sind und Sympathie für den lebensfremden älteren Herrn empfinden, den sie für einen armen Schlucker halten. Nebenbei entwickelt sich eine gegenseitige Zuneigung zwischen Merrick und seiner Kollegin Elizabeth Ellis, einer Verkäuferin in der etwas reiferen Jugend. Das spritzige unabhängig produzierte Filmmärchen, das von einer Überwindung der Klassengegensätze träumt, gehört zu den wenigen US-Filmen der Zeit, die gewerkschaftliche Tätigkeiten von Arbeitnehmern positiv darstellen. THE MORE THE MERRIER (George Stevens, USA 1943, 4. & 7.12.) 1943, "America is on duty", Washington befindet sich im Ausnahmezustand. Die Hauptstadt ist übervölkert, vor allem von Frauen, Wohnungen sind Mangelware. Der schrullige Handlungsreisende Ben Dingle (Charles Coburn) handelt als Mann der Tat nach der Parole "Damn the torpedos! Full speed ahead!" und kann sich mit unglaublicher Chuzpe bei der jungen Arbeiterin Connie Milligan (Jean Arthur) einmieten. Nach der Devise, der Krieg bringt die Menschen zusammen, vermietet er wiederum die Hälfte seiner Wohnungshälfte an den Army Sergeant Joe Carter (Joel McCrea). Komplikationen und Verwicklungen auf engstem Raum bleiben nicht aus, auch nach Dingles Rückzug, der, wohl wissend, dass sich hier etwas anbahnen könnte, den Ring den beiden jüngeren Sparringspartnern überlässt. Ein schlagfertiger, funkensprühender Film, der die Homefront des Zweiten Weltkriegs in eine durch Wortwitz und Slapstick-Elemente glänzende Komödie verwandelt. HOLIDAY (George Cukor, USA 1938, 5. & 25.12.) Johnny Case (Cary Grant) und Julia Seton haben sich im Urlaub ineinander verliebt. Obwohl sie einander kaum kennen – er weiß noch nicht einmal, dass sie die Tochter eines Millionärs ist – soll die Heirat baldmöglichst stattfinden. Julias palastartiges Zuhause betritt der aus einfachen Verhältnissen stammende Johnny durch den Dienstboteneingang. "Life walked into the house this morning", befindet Julias nonkonformistische Schwester Linda (Katharine Hepburn), die Johnnys direkte und herzliche Art auf Anhieb (mehr als) sympathisch findet. Das schwarze Schaf der Familie teilt Julias Einstellung "there's no such thrill in the world as making money" nicht, und auch Johnny muss sich entscheiden, ob er ein erfolgreicher Wall-Street-Banker werden will oder weiterhin "nicht viel zum Leben braucht" – eine Einstellung, die für den Schwiegervater in spe "unamerikanisch" und das "Gerede eines 17-Jährigen" ist. HOLIDAY handelt von der Suche nach dem Glück, das das Kapital nicht kaufen kann und plädiert für einen alternativen Lebensentwurf. Nach der gleichnamigen Broadway-Komödie von Philip Barry, der ebenfalls die Vorlage für THE PHILADELPHIA STORY lieferte, von George Cukor mit Esprit und Glamour inszeniert. THE PHILADELPHIA STORY (George Cukor, USA 1940, 5. & 26.12.) Die unnahbare Miss "Goddess" Tracy Lord (Katharine Hepburn), Tochter aus altem Ostküsten-Geldadel, sieht sich am Vorabend ihrer zweiten Hochzeit zwischen drei Männer und vor die Aufgabe gestellt, ihr Lebensglück zu finden. Nach einer Reihe von kommerziellen Misserfolgen (darunter auch BRINGING UP BABY), in deren Folge Katharine Hepburn als "box office poison" galt, gelang ihr mit dem gleichnamigen Stück, dessen Filmrechte sie sich ebenfalls sicherte, ein glänzendes Comeback. THE PHILADELPHIA STORY ist ein weiterer Höhepunkt der von THE AWFUL TRUTH etablierten "comedy of remarriage". Das Subgenre der Screwball Comedy umging den Hays-Code, indem es ihren Protagonisten zwischenzeitlich Beziehungen zu neuen (Sexual)Partnern ermöglichte, bevor sie die erneute Heirat rehabilitiert. Die Zeit vor der Wiedervermählung gerät dabei zur vergnüglich-sarkastischen Auseinandersetzung über unterschiedliche Lebensorientierungen. Tracy Lord: "A man expects his wife to behave herself. Naturally." C.K. Dexter Haven (Cary Grant), ihr Ex-Mann: "To behave herself naturally." IT HAPPENED ONE NIGHT (Frank Capra, USA 1934, 9. & 20.12.) Die Stunde einer abenteuerlichen Begegnung oder: die Geschichte einer doppelten Erziehung. Eine Millionärstochter flüchtet von zu Hause, wieder einmal. Sie will endlich ihr eigenes Leben führen mit einem berühmten Flieger, den sie auf ihrer vorletzten Flucht kennenlernte und den ihr Vater nicht schätzt. Auf dem Weg zu ihm trifft sie einen anderen Mann, einen Reporter, der ihr zu helfen bereit ist, wenn er dafür ihre Story exklusiv bekommt. Fortan jagen Peter (Clark Gable) und Ellie (Claudette Colbert) von Missgeschick zu Missgeschick auseinander und dabei aufeinander zu, mit dem Bus, dann per Anhalter, schließlich mit einem entwendeten Cabriolet, streitend und flirtend, schimpfend und träumend. "Inbegriff des Genres der Screwball Comedy. In Synthese vereint: sophistication und Romantik, urbaner Zynismus und Gefühlsüberschwang. Eine comedy of errors, eine Reisebeschreibung, ein erotischer Dornenweg des Lernens, eine gedoppelte Menschwerdung: Meisterstück der Komödie und des Kinos." (Harry Tomicek) EASY LIVING (Mitchell Leisen, USA 1937, 17. & 21.12.) In Mitchell Leisens und Preston Sturges’ temperamentvoller Komödie wirbelt ein fliegender Nerzmantel Klassengegensätze durcheinander. In New York gegen Ende der Great Depression existiert eine große Kluft zwischen Arm und Reich. On top – Easy Living, das verheißen der Filmtitel und mindestens ein Dutzend Pelzmäntel im riesigen Schrank von Mrs. Ball. Weil die Anschaffung des letzten Mantels aber nicht von Mr. Ball (Edward Arnold), dem drittgrößten US-Bankier abgesegnet ist, wirft er ihn kurzerhand auf die Straße, wo er wie ein verzauberter Fallschirm auf der jungen Mary Smith (Jean Arthur) landet. Die unbemittelte Stenotypistin findet sich daraufhin mit dem Mantel wie Alice im Wunderland in einer merkwürdigen Welt des Kapitals und ihrer rauen Gesetze wieder. Jeder kennt J.B. Ball, den „Bullen der Broad Street“, nur sie nicht. Trotzdem wird ihnen von allen Seiten ein Verhältnis angedichtet, das sie in die Emperor-Suite eines der besten Hotels der Stadt bringt und beide in Schwierigkeiten. Als Marie Mr. Ball Jr. (Ray Milland) kennenlernt, potenzieren sich die Verwicklungen. MY MAN GODFREY (Gregory La Cava, USA 1936, 18. & 30.12.) Gregory La Cavas souverän und elegant inszenierter Film, in dem den Reichen vom Slumbewohner wieder Manieren beigebracht werden, setzt sich mit der Klassengesellschaft als Farce auseinander: Auf der städtischen Müllhalde in New York leben die "forgotten men", Männer ohne Job und ohne Geld. Einer von ihnen ist der eloquente Godfrey (William Powell), dem eines Nachts das Schicksal winkt. Anlässlich einer zynischen Benefizparty der Haute-volee, bei der zwei Millionärstöchter darum konkurrieren, so schnell wie möglich einen "forgotten man" herbeizubringen, wird Godfrey als Butler engagiert. Im Verlauf turbulenter häuslicher Verwicklungen lehrt der vermeintliche Bettler die Familie Anstand. MY MAN GODFREY gilt als Muster für die Screwball Comedy als Sozialkomödie, die die sozialen Spannungen der Depression indirekt und humorgefiltert widerspiegelt. Weitere Filme dieser Art thematisieren den Börsensturz (Easy Living) oder die Situation und Lebensumstände von Alleinerziehenden (BACHELOR MOTHER). THE THIN MAN (W.S. Van Dyke, USA 1934, 18. & 26.12.) kreuzt Dashiell Hammetts Kriminalvorlage mit selbstbewusst-anzüglichen Wortgefechten zwischen dem Bonvivant und Detektiv wider Willen Nick Charles (William Powell) und seiner Frau Nora (Myrna Loy). Suspense und Crime gefiltert durch ein Martiniglas: Nick und Nora haben sich zum Amüsement von Kalifornien nach New York aufgemacht, lassen dort keinen Drink, kein mondänes Vergnügen, kein Verbalduell aus und erledigen dennoch en passant ihre Gegner und den Fall. Eine Screwball-Comedy-Mystery mit langanhaltender Wirkung. Der Publikumserfolg von THE THIN MAN (mit fünf Sequels bis 1947) basiert auch auf einer Umgehung des Hays-Codes, können doch Mann und Frau vermählt gleichwohl aneinander Vergnügen finden. LIBELED LADY (Jack Conway, USA 1936, 19. & 28.12.) Die turbulent-ungestüme Screwball Comedy im Zeitungsmilieu kombiniert das Erfolgsgespann von THE THIN MAN Powell/Loy mit einem Comedy-Comeback von Jean Harlow und verdoppelt die amourösen Verwicklungen. Der Chefredakteur der Boulevardzeitung New York Evening Star Warren Haggerty (Spencer Tracy) hat wieder einmal einen Hochzeitstermin. Doch auch den kann er nicht wahrnehmen, weil er mit einer Falschmeldung aufmacht, die sein Blatt eine Millionenklage der reichen Erbin Connie Allenbury (Myrna Loy) kosten kann und sofortiges Handeln erfordert. Er entwickelt ein Rettungsmanöver, um den unterstellten Ehebruch Realität werden zu lassen: Seine attraktive Verlobte Gladys (Jean Harlow) soll eine Scheinehe mit dem Don Juan Bill Chandler (William Powell) eingehen, der wiederum Connie Allenbury den Kopf verdrehen soll, um die Millionärstochter in flagranti mit einem verheirateten Mann erwischen zu können. HIS GIRL FRIDAY (Howard Hawks, USA 1940, 19.12. & 3.1.) Walter Burns (Cary Grant), Herausgeber einer Tageszeitung und Journalist mit Leib und Seele, will es nicht akzeptieren, dass seine Ex-Frau, die Reporterin Hildy Johnson (Rosalind Russell), ihren Beruf aufgibt, um mit einem Versicherungsvertreter (Ralph Bellamy) ein beschauliches Leben in der Provinz zu führen. Mit allen Mitteln versucht er Hildys Abreise nach Albany und die bevorstehende Hochzeit zu verhindern. Er überredet sie zu einem letzten Interview mit einem verurteilten Mörder, der gehängt werden soll, damit der Sheriff und der Bürgermeister die nächste Wahl gewinnen. HIS GIRL FRIDAY ist einer der seltenen Fälle, in denen ein Remake die Vorlage – Lewis Milestones "The Front Page" (1930) – eindeutig übertrifft. Hawks ersetzte in seinem politischsten, medien- und gesellschaftskritischen Film den zweiten Protagonisten durch eine Protagonistin und realisierte so eine der schönsten und rasantesten Screwball-Komödien. BACHELOR MOTHER (Garson Kanin, USA 1939, 25.12. & 2.1.) Polly Parrish (Ginger Rogers) ist für das Weihnachtsgeschäft als Aushilfsverkäuferin in der Spielwarenabteilung von Merlin's Department Store angestellt. Auf dem Nachhauseweg verhindert sie, dass ein vor dem Waisenhaus abgelegter Säugling die Treppen hinunterfällt – und wird fortan wider Willen für die Mutter gehalten. Um schlechter Publicity wegen der Entlassung einer alleinerziehenden Mutter an Weihnachten zu entgehen, sorgt der Sohn des Firmeninhabers, David Merlin (David Niven) dafür, dass Polly den Job behalten kann. Was wiederum den Seniorchef J.B. Merlin (Charles Coburn) veranlasst anzunehmen, dass sein Sohn der leibliche Vater des Kindes ist. Garson Kanins "Interesse an sozial provokanten Fragen ist unübersehbar und zieht sich vom großen Thema (werktätige Mutter) bis zu gelungenen Details wie der Enttäuschung über einen Pokalsieg im Tanzwettbewerb, weil der zweite Preis Geld gewesen wäre. Vor allem aber gab Kanin den Darstellern großen Freiraum: Ginger Rogers brilliert als Komödiantin, David Niven ist ein exzellenter Widerpart und Charles Coburn entzückt als dessen kauziger Papa." (Christoph Huber) YOU CAN'T TAKE IT WITH YOU (Frank Capra, USA 1938, 27.12. & 24.1.) Der Titel des gleichnamigen Bühnenstücks von Moss Hart und George S. Kaufman ist auch das Leitmotiv von Frank Capras Adaption: "Man kann nichts mitnehmen." Der Film ist ein Hohelied auf den gegenwärtigen Augenblick und die Kostbarkeit des Lebens und preist die Verspieltheit, den Nonkonformismus und die Freiheit, das zu tun, wonach einem der Sinn steht, fern von Rentabilitätsdenken und Arbeitszwängen. Das erste "Hippie Movie" nannte Frank Capra rückblickend YOU CAN'T TAKE IT WITH YOU, das in einer selten leichten Art Kritik an einem kapitalistischen System artikuliert, in dem die Menschen meist nicht mehr sind als ein Rädchen im Getriebe, und in einer einzigartigen Mischung aus Warmherzigkeit, Witz und Engagement eine Utopie aufscheinen lässt. Martin Vanderhof (Lionel Barrymore) kehrt eines Tages auf dem Weg zur Arbeit um, das tägliche Hamsterrad hinter sich lassend, seitdem widmet er sich nur noch dem, was ihm sinnvoll erscheint und Spaß macht. Freunde und Familie ermuntert er, dasselbe zu tun. So wird in dem großen, offenen Haus gemalt, getanzt, musiziert, mit Explosivstoffen hantiert. Kompliziert wird es allerdings, als sich Vanderhofs Enkelin Alice (Jean Arthur) in Tony (James Stewart), den Sohn des Wall-Street-Magnaten A.P. Kirby (Edward Arnold), verliebt. Der ist im Begriff, seine Pläne für das größte Rüstungseinzelmonopol umzusetzen, benötigt dafür aber noch das Vanderhof’sche Grundstück. (mf/hjf)

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