CHARLEY VARRICK (USA 1973, 10.7., 8. & 27.8.) Die Schädlingsbekämpfungsfirma des ehemaligen Stuntman und Kunstfliegers Charley Varrick (Walter Matthau) wirft wenig ab. Als Nebenerwerb überfällt Varrick mit seiner Frau und zwei Komplizen eine kleine Bank in New Mexico. Doch der Coup verläuft nicht wie geplant: Vier Menschen sterben beim Schusswechsel, und die Beute von 765.000 Dollar ist Geld der Mafia, die einen Auftragskiller auf Varrick und Partner ansetzt. CHARLEY VARRICK ist einer der Höhepunkte in Siegels Werk: hochspannendes Actionkino von einer bis heute frappierenden Nüchternheit. THE VERDICT (USA 1946, 16. & 25.7.) London 1890: Ein leitender Inspektor bei Scotland Yard verantwortet die Hinrichtung eines Unschuldigen und muss den Dienst quittieren. Nach einem mysteriösen Mord leistet er zum Missfallen seines rivalisierenden Amtsnachfolgers einen ungewöhnlichen Beitrag zur Aufklärung des Falls. Don Siegel vereinte in seinem düsteren Spielfilmdebüt Sydney Greenstreet und Peter Lorre zum neunten und letzten Mal vor der Kamera. Die expressive Lichtsetzung und Kameraarbeit mit ihren Schattenwürfen, Treppengeländern und Untersichten in einem nebligen Studio-London ist deutlich vom Film noir beeinflusst. INVASION OF THE BODY SNATCHERS (USA 1956, 25.7. & 1.8.) Der junge Arzt Dr. Bennell sieht sich bei seiner Rückkehr in die kalifornische Kleinstadt Santa Mira mit einem merkwürdigen Phänomen konfrontiert. Über Nacht erkennen Kinder ihre Mütter, Ehefrauen ihre Männer nicht mehr wieder, obwohl sie sich äußerlich nicht verändert haben. Bennell entdeckt, dass aus rätselhaften außerirdischen Samenkapseln gefühllose Wesen entstehen, die sich der Körper von Menschen bemächtigen und deren Persönlichkeiten zerstören. Don Siegel inszenierte den Science-Fiction-Klassiker, der als Kommentar zur Situation während der McCarthy-Ära interpretiert wurde, mit einem Minimum an Effekten und schauspielerischem und psychologischem Aufwand: Ein paar sparsame Bewegungen, Blicke, Gesten genügen, und man ist überzeugt, ein Mensch hätte seine Persönlichkeit ausgetauscht. CRIME IN THE STREETS (USA 1956, 17. & 21.7.) Der 18-jährige Frankie Dane (John Cassavetes) lebt mit seinem zehnjährigen Bruder und seiner überforderten alleinerziehenden Mutter in einem New Yorker Einwandererviertel. Seine Hauptantriebsenergie ist Wut, was ihn zum Anführer der Streetgang "Hornets" prädestiniert. Durch die Ohrfeige eines Nachbarn provoziert, schmiedet er Mordpläne. NYC reduziert auf eine Studio-Straßenecke, das Jugendkriminalitätsdrama als Kammerspiel: Dass "Entfesselte Jugend", so der deutsche Verleihtitel, trotz des billigen Settings und des unvermeidlichen betulichen Sozialarbeiters heute noch sehenswert ist, liegt vor allem am treibenden jazzy Soundtrack von Franz Waxman und dem beeindruckenden Auftritt von John Cassavetes in seiner ersten großen Rolle. THE LINEUP (USA 1958, 29.7. & 18.8.) In Hongkong wird Touristen Heroin ins Gepäck geschmuggelt, das den nichtsahnenden Kurieren in San Francisco wieder abgenommen wird. Als ein Kind das in ihrem Spielzeug versteckte Heroin als Puder für seine Puppe benutzt, kommen Julian und "Dancer", deren Job es ist, den Stoff den Touristen wieder abzunehmen, dem Syndikat gegenüber in Erklärungsnot. Selten wurde ein psychopathischer Mörder überzeugender und bedrohlicher dargestellt als von Eli Wallach in der Rolle des Psycho Killers "Dancer"; ein ebenso denkwürdiger Auftritt wie in seiner berühmtesten Rolle als "Il brutto" Tuco in Sergio Leones "The Good, the Bad and the Ugly" (1966). FLAMING STAR (USA 1960, 12.7., 15.7. & 6.8.) Der Farmer Sam Burton, seine zweite Frau Neddy (Dolores Del Rio) vom Stamm der Kiowa, und die beiden erwachsenen Söhne Pacer (Elvis Presley) und Clint geraten 1878 in Texas zwischen die Fronten der Auseinandersetzungen rassistischer Siedler mit den Kiowa, angeführt vom kampfwilligen Häuptling Buffalo Horn. FLAMING STAR gilt allgemein als bester Film, in dem Elvis Presley mitgewirkt hat, obwohl es kein Musikfilm ist. In keinem Presley-Film wird so wenig gesungen wie in diesem. In einer ernsten Rolle als "Halbblut", Sohn eines irischen Vaters und einer indianischen Mutter, wird Elvis gezwungen, sich für eine Seite zu entscheiden und begegnet dem "flaming star of death". HELL IS FOR HEROES (USA 1962, 30.7. & 11.8.) Im Herbst 1944 rückt die US-Army in Lothringen gegen die deutschen Verteidigungsanlagen des Westwalls vor. Statt wie geplant auf Fronturlaub gehen zu können, muss ein halbes Dutzend GIs einen größeren Abschnitt gegen eine Übermacht halten, bis Verstärkung herangeführt werden kann. Der wegen mangelnder Disziplin strafversetzte Draufgänger Reese (Steve McQueen) plant dennoch eigenmächtig einen Angriff. "The whole world is full of trouble", entgegnet Steve McQueen der Bardame auf deren Hinweis, dass es Ärger geben wird, wenn man ihn mit der Schnapsflasche sieht, und bringt damit die düstere Grundstimmung des hauptsächlich im Dunkeln spielenden Films auf den Punkt. Hehlerei mit geplündertem Silber, Sarkasmus, Alkohol und selbstmörderische Aktionen zeichnen ein wenig heroisches Bild der Befreier Frankreichs. THE KILLERS (USA 1964, 17.7., 22.7. & 1.8.) Zwei Berufskiller (Lee Marvin, Clu Gulager) töten ihrem Auftrag gemäß den ehemaligen Rennfahrer Johnny North (John Cassavetes). Irritiert, dass sich North trotz Vorwarnung widerstandslos erschießen lässt, interessieren sich die beiden für die Hintergründe, recherchieren und wittern größere Beute. Die Spur führt sie zu Norths Exfreundin Sheila (Angie Dickinson) und dem zwielichtigen Jack Browning (Ronald Reagan in seinem letzten – und wahrscheinlich besten – Leinwandauftritt). Siegels farbige Neuverfilmung von Siodmaks gleichnamigem Film noir aus dem Jahr 1946 sollte der allererste fürs Fernsehen gedrehte Film werden. Nach Fertigstellung befand ihn der Sender jedoch als zu gewalttätig für eine Ausstrahlung und THE KILLERS wurde im Kino gestartet. MADIGAN (USA 1968, 23.7. & 4.8.) Detective Dan Madigan (Richard Widmark) und sein Kollege Bonaro lassen sich beim Versuch, in Spanish Harlem einen Verdächtigen zum Verhör aufs Polizeirevier zu bringen, überrumpeln und dabei ihre Dienstwaffen abnehmen. Ihr Vorgesetzter, Commissioner Russell (Henry Fonda) gibt ihnen 72 Stunden, den Flüchtigen zu finden. MADIGAN war der Auftakt zu einer Polizeifilm-Trilogie – gefolgt von COOGAN’S BLUFF und DIRTY HARRY –, in deren Zentrum ein eigenständig handelnder Cop steht, den Dienstvorschriften wenig interessieren. Don Siegels Film war die Inspiration für eine gleichnamige sechsteilige TV-Serie aus dem Jahr 1972/73 mit Richard Widmark in der Titelrolle. COOGAN’S BLUFF (USA 1968, 11.7., 8. & 12.8.) Deputy Walt Coogan (Clint Eastwood) aus Arizona soll den Mörder James Ringerman von New York in seine Heimat überführen. Eigenmächtig beschleunigt Coogan den Verlegungsprozess und bringt Ringerman zum Flughafen, wo diesem mit Hilfe von Komplizen die Flucht gelingt. Im ersten von insgesamt fünf gemeinsamen Filmen ebnete Lehrmeister und Freund Don Siegel dem in den USA bis dato nicht als Leinwandstar etablierten Clint Eastwood den Weg vom Western ins urbane Krimi-Milieu. Als eigensinniger Provinzler mit Stetson und Cowboy-Stiefeln wird er in New York mit neuen Herausforderungen konfrontiert. TWO MULES FOR SISTER SARA (USA/Mexiko 1970, 22. & 26.8.) Der wortkarge amerikanische Söldner Hogan (Clint Eastwood) rettet 1865 eine Nonne (Shirley MacLaine) in der mexikanischen Wüste vor drei sie bedrängenden Männern. Widerwillig nimmt Hogan die wortreiche Schwester Sara mit und wird durch sie in die Auseinandersetzungen zwischen der mexikanischen Untergrundarmee und den französischen Besatzern verwickelt. Der Film beginnt wie eine Fortführung von Sergio Leones Dollar-Trilogie: das Cinemascope-Format, die Musik von Ennio Morricone (die Quentin Tarantino in "Django Unchained" wiederverwendete), Clint Eastwoods Outfit, seine Coolness und seine Rolle als einsilbiger Einzelgänger, der nur an Geld interessiert ist und sich für keine Seite engagieren will. Mit zunehmender Spieldauer variiert Siegel die Rolle, die Eastwood berühmt machte und verschiebt das Kräfteverhältnis durch ein starkes weibliches Gegenüber fortschreitend bis zur letzten Einstellung. THE BEGUILED (USA 1971, 5., 13. & 22.8.) Der schwer verwundete Yankee-Korporal John McBurney (Clint Eastwood) wird gegen Ende des amerikanischen Bürgerkriegs von den Bewohnerinnen eines Mädcheninternats in Louisiana gesund gepflegt und vor den Konföderierten versteckt. In einer Atmosphäre der unterdrückten Sexualität bestimmen bald Eifersucht, Intrigen und Rachegefühle das Miteinander. Don Siegels erklärter Lieblingsfilm ist gleichzeitig seine ungewöhnlichste Arbeit: ein Film, der in kein Genre passt und meisterhaft alle Erwartungen unterläuft. Makaber und humoristisch -verhandelt er Machtverhältnisse, männliche Schwäche und weibliche Grausamkeit und besetzt Clint Eastwood derart unheroisch gegen seinen Typ, dass seine Fans ihn an der Kasse durchfallen ließen. DIRTY HARRY (USA 1971, 11.7., 14.7. & 15.8.) Harry Callahan (Clint Eastwood), ein unnahbarer, wortkarger Einzelgänger, ist bei der Polizei in San Francisco für seine harten Ermittlungsmethoden bekannt und hat regelmäßig Ärger mit seinen Vorgesetzten. Er verfolgt den psychopathischen Mörder "Scorpio", der aus formalrechtlichen Gründen wieder entlassen werden musste, auch ohne dienstlichen Auftrag. Als Scorpio einen Schulbus kidnappt, kommt es zum Showdown zwischen ihm und Callahan. Der Film wurde kontrovers diskutiert und prägte mit seinem harten, zynischen Grundton den internationalen Kriminal- und Polizeifilm der 70er Jahre. DIRTY HARRY machte Clint Eastwood endgültig zum Superstar und zog bis 1988 vier Fortsetzungen nach sich. ESCAPE FROM ALCATRAZ (USA 1979, 20., 28. & 30.8.) Hochkonzentriert, vergleichsweise langsam und mit zurückhaltender Action inszenierte Don Siegel seinen letzten gemeinsamen Film mit Clint Eastwood, der sich auf eine wahre Begebenheit aus den Jahren 1960–62 bezieht: Der wegen Raubes verurteilte Häftling Frank Morris (Clint Eastwood) wird nach mehreren Gefängnisausbrüchen in den Hochsicherheitstrakt auf der Insel Alcatraz in der Bucht von San Francisco verlegt, aus dem bislang noch keinem Insassen die Flucht gelang. Gemeinsam mit drei weiteren Häftlingen entwickelt Morris einen abenteuerlichen Plan, "The Rock" zu entkommen. THE SHOOTIST (USA 1976, 15. & 28.8.) Carson City, Nevada, 1901: Der gealterte Gunfighter J. B. Books (John Wayne) erhält von seinem Freund Dr. Hostetler (James Stewart) die Diagnose Krebs im Endstadium mit einer Lebenserwartung von wenigen Wochen. Books beschließt, sein Leben in dem Städtchen enden zu lassen und mietet sich in der Pension einer Witwe (Lauren Bacall) ein, die zunächst keinerlei Wert auf die Anwesenheit der lebenden Legende und die damit verbundene Publicity legt. Der melancholische Spätwestern, der die Auseinandersetzung eines Outlaws mit dem eigenen Tod und das Ringen um ein würdevolles Sterben in den letzten acht Tagen seines Lebens beschreibt, setzt nicht nur den Schlusspunkt in John Waynes Karriere, drei Jahre vor seinem eigenen Krebstod – der Film beginnt mit Ausschnitten aus anderen Wayne-Western –, er ist gleichzeitig der Abgesang auf eine Ära und ein Genre. Der Gunman, dessen waffenführende Hand von Altersflecken gezeichnet ist, und der seinen eigenen Grabstein in Auftrag gibt, fährt zum finalen Shootout mit der Straßenbahn. (hjf)