Raoul Peck nimmt sein Studium an der dffb Anfang der 80er Jahre auf. In seinem Abschlussfilm "Haitian Corner" (BRD/USA 1987) nähert sich Peck der Wirklichkeit seines Geburtslandes Haiti über eine kleine Buchhandlung in New York als Ballungspunkt für Geschichten zwischen den Welten von Emigration, Exil und Ankommen. L'HOMME SUR LES QUAIS (Der Mann auf dem Quai, Haiti 1993, 21.9.) vertieft diese Auseinandersetzung: In seinem dritten Langfilm blickt Peck mit den Augen eines jungen Mädchens, Sarah, zurück auf die Zeit der Duvalier-Diktatur in Haiti ab 1957. L'HOMME SUR LES QUAIS zeigt in traumatischen Erinnerungsstücken, wie die Gewaltverhältnisse der Diktatur die Gesellschaft durchdringen.
In Christian Petzolds YELLA(D 2007, 25.9.) verschlägt es Yella (Nina Hoss) auf der Flucht vor ihrer Ehe, dem Dasein in der ostdeutschen Provinz und den Sackgassen ihres bisherigen Lebens in die Welt der westdeutschen Glasfassaden-Seifenblase: Scheinbar spielerisch findet sie sich zurecht in ihrem neuen Leben ohne all den Ballast. Petzold zeigt Yella zwischen den Welten ihrer Herkunft und ihres neuen Lebens, nicht wirklich zerrissen, aber doch fremdelnd.
Direkt nach dem Fall der Mauer fuhren Christian Petzold, Thomas Arslan, Stephan Settele und andere im Rahmen eines Seminars des Dokumentarfilmers Peter Nestler in die Berliner Umgebung. YELLA markiert im Werk von Christian Petzold eine Hinwendung zu den neuen Bundesländern, die er in "Jerichow" (D 2008) und "Barbara" (D 2012) fortsetzt.
Angela Schanelec kam 1990 an die dffb, zu einer Zeit, als Ludger Blankes, Thomas Arslans und Christian Petzolds Absetzbewegungen von der ästhetischen Sackgasse des fiktionalen Films der späten 70er Jahre schon vage Form angenommen hatten. In ihren ersten größeren Filmen lotet Schanelec die Möglichkeiten dieser Erzählweise aus. Die entstehenden Filme wollen – wie Rainer Gansera den Ansatz der "Berliner Schule" beschreibt, zu der sich diese Erzählhaltung entwickeln sollte, – "die Wirklichkeit weder decouvrieren noch ironisieren. Sie erzeugen – ästhetisch am Gegenpol des Dogma-Vitalismus – Evidenzen, indem sie ihren Figuren Schönheit und Würde verleihen." Schanelecs MARSEILLE (D 2004, 28.9.) zeigt die junge Fotografin Sophie driftend durch Marseille, driftend durch Berlin, driftend durch das eigene Leben. In wundervollen Bildern (gestaltet von Reinhold Vorschneider, ebenfalls dffb-Absolvent) zeigt Schanelec die mäandernde, ziellose Suche der jungen Frau nach sich selbst.
Lars Kraumes KEINE LIEDER ÜBER LIEBE(D 2005, 30.9.) orientiert sich an der Ästhetik von Familien- oder Amateurvideos. Kraume erzählt die Geschichte einer Dreiecksbeziehung zwischen zwei Brüdern, Tobias (Florian Lukas) und Markus (Jürgen Vogel), und Ellen (Heike Makatsch), Tobias' Freundin. Tobias plant einen Dokumentarfilm über seinen Bruder und dessen Band zu drehen. Ein Grund für das Filmprojekt ist, dass Tobias befürchtet, Markus und Ellen seien sich bei einem Treffen nähergekommen als ihm lieb ist. Der Film lebt nicht zuletzt von den Bandszenen mit Markus' Band Hansen bei einem Auftritt im Rahmen einer Konzertnacht des 2002 gegründeten Hamburger Labels Grand Hotel van Cleef. (ft)