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Eröffnet wird das Festival mit RABIH (Tramontane, Vatche Boulghourjian, Libanon/F/Katar/VAE 2016, 31.3., zu Gast: Vatche Boulghourjian & Komponistin Cynthia Zaven) Rabih ist ein talentierter, blinder Musiker und Sänger, der in einem libanesischen Dorf lebt. Als sein Chor zu einer Aufführung ins Ausland eingeladen wird, beantragt er einen Reisepass. Dabei findet er heraus, dass seine Papiere gefälscht sind und seine Identität nicht die ist, die seine Familie ihn glauben lässt. Auf der Suche nach Hinweisen zu seiner Herkunft reist Rabih durch den Libanon. Doch statt Antworten zu finden, stößt er nur auf neue Geheimnisse. Immer weiter zieht Rabih seine Kreise bis an die Peripherien des Landes, zu den Geistern der Vergangenheit. Je weiter er in den Abgrund seiner Existenz schaut, desto dunkler werden die Geschichten der Menschen, und schließlich scheint es, als könne Rabih als Einziger der Wahrheit ins Gesicht sehen.

ZAINEB HATES THE SNOW
(Kaouther Ben Hania, Tunesien/Frankreich/Katar/Libanon/VAE 2016, 1.4.) Die neunjährige Zaineb hat ihren Vater verloren, und als wäre das nicht schlimm genug, möchte Mutter Wided mit den beiden Kindern von Tunesien nach Kanada auswandern, um dort erneut zu heiraten. Dann könnte Zaineb endlich einmal Schnee sehen! Doch Zaineb hat beschlossen, Schnee zu hassen und bringt auch Stiefvater Maher nicht besonders viel Sympathie entgegen. Dessen altkluge Tochter Wijdene gibt sich derweil alle Mühe, Zaineb die neue Heimat schmackhaft zu machen, teilt ihr Zimmer aber dann doch nicht allzu gern. Die leichtfüßige Langzeitdokumentation einer ganz normalen Patchworkfamilie beobachtet ihre widerspenstige Protagonistin beim Erwachsenwerden und ist dabei eine so sensible wie moderne Erzählung über Heimat und Zugehörigkeit.

THE LAST OF US
(Ala Eddine Slim, Tunesien/Katar/VAE 2016, 1.4.) Ein namenloser afrikanischer Flüchtling durchquert die Wüste Richtung Norden. Nach einem Überfall findet er sich allein in Tunesien wieder, wo er sich zwischen Menschenmengen und industriellen Peripherien verliert. Mit einem gestohlenen Boot versucht er das Meer nach Europa zu überqueren. Er strandet an einem sonderbaren Ort, wo er komplett auf sich selbst zurückgeworfen wird. Um zu überleben, muss er ein neues Verhältnis zur Natur, zu physischen und psychischen Grenzen und vor allem zu sich selbst entwickeln. Slims Langspielfilmdebüt über die surreale Odyssee eines Flüchtlings knüpft an frühere Werke an, wie etwa seinen preisgekrönten Dokumentarfilm "Babylon" (2012).

THE BEACH HOUSE
(Roy Dib, Libanon 2016, 1.4., zu Gast: Sandy Chamoun) Ein Abend, vier Freunde und zahllose Verwicklungen: Jede Woche lädt die enigmatische Rayya eine Gruppe ausgewählter Gäste zu einem privaten Konzert in das Haus ihrer Familie am Meer ein. Auch Youssef und Rawad, zwei alte Studienfreunde, die sie seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hat, wohnen diesmal ihrer nächtlichen Performance bei. Rayya bittet die beiden Männer, zum Essen zu bleiben, während ihre ältere Schwester Laila ein raffiniertes Spiel einleitet. Im Laufe des Abends fallen die Masken der Spieler und ihre ideologischen, emotionalen und intellektuellen Sicherheiten werden infrage gestellt.

AYNY, MY SECOND EYE
(Ahmad Saleh, Deutschland 2016, 2.4.) Der mit dem Studenten-Oscar ausgezeichnete Stop-Motion-Animationsfilm des palästinensischen Filmemachers Ahmad Saleh erzählt von zwei Brüdern, die die schützenden Arme der Mutter verlassen, um ihren Traum von einer wunderbaren Oud zu verwirklichen. Angesichts der Schrecken des Krieges hält nur die Liebe zur Musik sie stark und am Leben. Die Vorführung wird begleitet von einer Live-Performance des Regisseurs. Anschließend findet ein Networking-Event in Zusammenarbeit mit der Robert-Bosch-Stiftung statt.

BEZNESS AS USUAL
(Alex Pitstra, Niederlande 2016, 2.4., zu Gast: Alex Pitstra) Filmemacher Alex hat seinen tunesischen Vater seit seiner frühen Kindheit nicht mehr gesehen. Er wuchs allein mit Mutter Anneke in Holland auf, die den Vater aus dem Urlaub mit nach Hause nahm. Als Vater Mohsen schließlich nach Jahren den Kontakt zu seinem Sohn wieder sucht, reist Alex nach Tunesien, wo er nicht nur seine arabische Familie kennenlernt, sondern auch seine Halbschwester Jasmin aus Basel. In den folgenden zehn Jahren dokumentiert Alex mit seiner Kamera die kulturellen und sozialen Fangstricke des "Bezness" – dem Geschäft um Exotik und Wohlstand, das mit dem Touristikboom der 70er Jahre einsetzte. Feinfühlig und ehrlich aber nicht ohne Humor, setzt er sich mit der eigenen Familiengeschichte auseinander – mit enttäuschten Hoffnungen und handfesten Ansprüchen, aber auch den interkulturellen Herausforderungen, denen sich Kinder gemischter Herkunft stellen müssen.

Kurzfilmprogramm "Time" (NIGHT SHIFT, ONE MINUTE, BREAD AND TEA, AND ROMEO MARRIED JULIET, FATHY DOESN'T LIVE HERE ANYMORE, LET'S BLEAT, 2.4. zu Gast: Dina Naser & El Mehdi Azzam) Manchmal ist es nur eine Sache von Sekunden, manchmal dauert es ein Leben lang. Im Wechsel zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft spielen, reflektieren und konfrontieren diese Kurzfilme "Zeit" in ihren unterschiedlichen Erscheinungen.

GHOST HUNTING (Raed Andoni, Frankreich/Palästina/Schweiz/Katar 2017, 2.4.) Regisseur Raed Andoni kämpft mit den Geistern der Vergangenheit – als Jugendlicher war er im berüchtigten israelischen Verhörzentrum Moskobiya inhaftiert. 30 Jahre später stellt er eine Gruppe von ehemaligen Insassen zusammen, die am selben Ort in Gefangenschaft waren. In Anlehnung an Theatertechniken rekonstruieren sie gemeinsam die Infrastruktur des Gefängnisses in einer stillgelegten Parkgarage, zimmern Zellen und diskutieren Verhörtechniken. In dem Maße, wie sich Realität und Re-Inszenierung durchmischen, gelangen die Männer psychisch und physisch an ihre Grenzen – dabei bricht sich auch längst Verdrängtes und Unterdrücktes Bahn.

LITTLE EAGLES
(Mohamed Rashad, Ägypten/Libanon 2016, 2.4., zu Gast: Mohamed Rashad) Der Filmemacher ist der Sohn eines einfachen Arbeiters aus Alexandria und leidet unter der mangelnden Zuwendung und Anerkennung durch seinen Vater. Er beneidet seine Aktivistenfreunde Salma und Bassam um ihre Väter, die in den 70er Jahren selbst linke Aktivisten waren und sich gegen die repressive Staatsmacht auflehnten. In den Gesprächen mit diesen Eltern und ihren Kindern wird die Verflechtung von Privatem und Politischem deutlich, aber auch die Frustration angesichts einer gescheiterten gesellschaftlichen Neuordnung, die beide Gene-rationen verbindet. Die Annäherung an den ei-genen Vater ist gleichsam der Versuch des -Filmemachers, mit der eigenen Biografie ins Reine zu kommen sowie die gesellschaftlichen Mechanismen zu verstehen, die für das Scheitern der Linken in Ägypten verantwortlich sind.

THE WAR SHOW (Andreas Dalsgaard, Obaidah Zytoon, Dänemark/Finnland/Syrien 2016, 3.4., zu Gast: Obaidah Zytoon) Im Frühjahr 2011 nimmt die syrische Radiomoderatorin Obaidah Zytoon an den Protesten gegen das Assad-Regime teil. Im Bewusstsein, Teil eines historischen Moments zu sein, beginnt sie zusammen mit einer Gruppe von Freunden – Künstler und Aktivisten – die Aufstände und Kämpfe sowie den Alltag der jungen Menschen mit ihrer Kamera zu dokumentieren. Dabei zeichnet sie auch sehr intime Momente auf, in denen die Freunde ganz bei sich sind und offen über Liebe, Kunst und Politik sprechen. Unter dem zunehmenden Druck des Regimes verlässt Obaidah Damaskus und reist durch das Land; von ihrer Heimatstadt Zabadani über Homs bis nach Nordsyrien, wo sie die Anfänge eines religiösen Extremismus miterlebt. Während der weiteren Ereignisse werden die Freunde voneinander getrennt. Obaidah selbst wird erst im türkischen Exil klar, wie wertvoll die filmischen Dokumente auf ihren geschmuggelten Festplatten sind.

MIMOSAS
(Oliver Laxe, Marokko/Spanien/Katar/Frankreich 2016, 3.4.) Ein sterbender Sheikh wird von einer Karawane durch das marokkanische Altlas-Gebirge begleitet. Es ist sein letzter Wunsch, bei seiner Sippe zu sterben. Doch der Tod ist schneller und der Weg durch die unwirtlichen Berge gefährlich. Das Gefolge bricht die Reise angesichts der Lage schließlich ab; es bleiben nur Ahmed und Said, zwei undurchsichtige Gestalten, die versprechen, die Leiche des alten Mannes den Seinen zu übergeben. An einem vollkommen anderen Ort wird Shakib damit beauftragt, der Karawane zu helfen, ihr Ziel zu erreichen. Es ist seine erste Mission, doch auch der tief spirituelle Shakib zweifelt. Die bildgewaltige Erzählung nähert sich Fragen von Glauben und Bestimmung und sucht zwischen Vergangenheit und Moderne nach dem Göttlichen.

Kurzfilmprogramm "Water" (SUBMARINE, MARE NOSTRUM, KINDIL, THE BOY AND THE SEA, 4.4., zu Gast: Anas Khalaf & Samer Ajouri) Wie Wasser in einer Träne, im Regen, im Fluss, im Meer sickert das Lebenselixier aus diesen Kurzfilmen auf die Leinwand, mit seiner berauschenden Schönheit und bedrohlichen Tücke.

OFF FRAME AKA REVOLUTION UNTIL VICTORY (Mohanad Yaqubi, Palästina/Frankreich/Katar 2016, 4.4.) Aus teils verschollen geglaubten Archiven der Filmabteilungen der palästinensischen Widerstandsorganisationen und internationalen Solidaritätsfilmen erarbeitet OFF FRAME AKA REVOLUTION UNTIL VICTORY eine konzentrierte Ikonografie des palästinensischen Widerstands zwischen 1968 und 1982. Das Material markiert einen Wandel im Fokalisierungspunkt palästinensischer Identität hin zum aktiven Widerstand innerhalb der internationalen antiimperialistischen Bewegung sowie den palästinensischen Beitrag zu einem Dritten Kino. Der Film selbst schließt den Kreis von Wunsch, Realität und Propaganda hin zur Gegenwart und stellt Fragen nach Repräsentation und Aktion.

SAMIR DANS LA POUSSIÈRE (Samir in the Dust, Mohamed Ouzine, Frankreich/Algerien/Katar 2015, 5.4., zu Gast:  Mohamed Ouzine) Samir verdient seinen Lebensunterhalt damit, Benzin über enge Bergpässe an die algerisch-marokkanische Grenze zu schmuggeln. Der beißende Geruch des Treibstoffs hängt über der grandiosen Landschaft, und die Maultiere sind oft tagelang seine einzige Gesellschaft. Mit der Faszination des Filmemachers für die beindruckenden Panoramen kann Samir nichts anfangen. Die Berge sind ihm nur ein weiteres Erschwernis seiner Existenz. Samir träumt von einem besseren Leben, einem richtigen Haus, einer Familie vielleicht. Familienbande verbinden ihn zwar auch mit dem Filmemacher, doch zwischen den beiden liegen Welten. In der zunehmenden Vertrautheit zwischen ihnen entspinnt sich ein existentieller Dialog über die conditio humana vor der kargen Landschaft der algerischen Berge.

Retrospektive Shadi Abdel Salam – Kurzfilme (THE ELOQUENT PEASANT, HORIZONS, ARMIES OF THE SUN, 5.4.) Basierend auf einem der wichtigsten Werke der altägyptischen Literatur verbindet The Eloquent Peasant (Ägypten 1970) Dichtung, Mythos und moralische Pädagogik. Der Film wurde unmittelbar nach Shadi Abdel Salams Spielfilm Al Mummia, einem der wichtigsten ägyptischen Filme, mit demselben Team gedreht und ist ein weiterer Versuch Abdel Salams, aus der altägyptischen Vergangenheit eine Bedeutung für die ägyptische Moderne abzuleiten. Horizons (Ägypten 1972) ist eine visuelle Reise durch die zeitgenössischen Kunst- und Kulturszenen in Kairo von der klassischen Musik bis hin zu Theater, Malerei und den handwerklichen Künsten. Im Dokumentarfilm Armies of the Sun (Ägypten 1975) setzt sich Abdel Salam mit dem Oktoberkrieg 1973 gegen Israel auseinander und versucht abermals einen Bogen zum ägyptischen Altertum zu schlagen.

FARAON (Pharao, Jerzy Kawalerowicz, Polen 1966, 6.4.) Das für einen Oscar nominierte Meisterwerk des polnischen Kinos basiert auf einem Roman von Boleslaw Prus und spielt im Ägypten des 11. Jahrhunderts vor Christus. Der verstorbene Pharao hinterlässt seinem Sohn Ramses XII. ein schweres Erbe: ein Volk in bitterer Armut, eine korrupte Verwaltungselite und an den Grenzen lauernde Feinde. Der junge Ramses ist zwar politisch unerfahren, aber sehr ambitioniert. Doch seine Reformvisionen bringen ihm mächtige Feinde: Die Hohepriester verfügen nicht nur über die wirtschaftliche, sondern auch über die militärische Macht. Das bildgewaltige Epos in Cinemascope wurde auch aufgrund seines minimalistischen Szenenbildes und Farbkonzeptes von der Kritik als "intellektueller Monumentalfilm" gefeiert. Shadi Abdel Salam wurde als historischer Berater hinzugezogen. Über Kawalerowicz, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband, sagt Abdel Salam: "Er war der erste, der mich ermutigt hat, vor der Kamera zu stehen und Regie zu führen. Ich habe sehr viel von ihm gelernt." Der ästhetische Einfluss von Faraon auf Abdel Salams späteres Werk ist offenkundig.

Kurzfilmprogramm "Belonging" (HONEY AND OLD CHEESE, SOLO, OFFSIDE, AYNY, NYERKUK, 6.4., zu Gast: Mohamed Kordofani & Ahmad Saleh) Die Protagonisten dieser Kurzfilme sehnen sich danach, dazuzugehören, Teil eines Größeren zu sein. Es stellt sich die Frage: Können wir ohne das Gefühl der Zugehörigkeit leben? (cj)

Mit freundlicher Unterstützung des Auswärtigen Amtes, der Robert-Bosch-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Polnischen Instituts.

Gefördert durch:

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