Die von Jan-Christopher Horak ausgewählten Filme der Zeit zwischen 1951 und 1998 zeigen Aspekte der facettenreichen Urbanität von Los Angeles. Seit über 90 Jahren Hauptstadt der amerikanischen Filmindustrie, ist L.A. immer wieder auch Schauplatz von filmischer Selbstbefragung, Parodie und Selbstzitat, wie in SMOG, REPO MAN, SHORT CUTS und THE BIG LEBOWKSI zu sehen sein wird. Los Angeles als Ursprung und natürlicher Schauplatz des Film noir wird in Spätwerken dieses Genres wie CRY DANGER und KISS ME DEADLY reflektiert, der Vorschein eines amerikanischen Independent Film zeigt sich in PRIVATE PROPERTY. Horaks Blick auf die Sammlung des UCLA hebt jedoch auch Filme wie THE EXILES, KILLER OF SHEEP oder RUN, TECATO, RUN hervor, die L.A. mit einem dokumentarischen Blick untersuchen und die Diversität der Stadtbevölkerung zum Thema machen, indem sie das Leben von Afroamerikanern, Native Americans oder Latinos in den Mittelpunkt stellen.
PRIVATE PROPERTY (Leslie Stevens, USA 1960, 7.12., mit einer Einführung von Jan-Christopher Horak) Zwei Taugenichtse machen sich an eine sexuell frustrierte Hausfrau heran. Leslie Stevens' umstrittener Debütfilm PRIVATE PROPERTY wurde mit einem minimalen Budget von 60.000 $ gedreht und von "Variety" zu einem "möglichen Vorläufer einer amerikanischen 'Nouvelle Vague'" erklärt. Zugleich verdammte die katholische "Legion of Decency" den Film für seine Darstellung von Verführung, Vergewaltigung und latenter Homosexualität. Der Film spielte 2 Millionen $ ein, obwohl die großen Verleiher ihn ignorierten.
THE EXILES (Kent MacKenzie, USA 1961, 8.12. mit einer Einführung von Jan-Christopher Horak) Wie viele andere Native Americans sind Yvonne und Homer aus dem Reservat nach Los Angeles gezogen. Homer ist arbeitslos, Yvonne verbringt ihre Tage mit Schaufensterbummeln und Tagträumen. Mit neorealistischer Präzision beobachtet Regisseur Kent MacKenzie ihren von indianischen Wurzeln und Traditionen abgetrennten Tagesablauf mit unsicherer Zukunft.
KILLER OF SHEEP (Charles Burnett, USA 1977, 8.12.) Die Arbeit im Schlachthof erschöpft den afroamerikanischen Stan, zugleich entfremdet seine Tätigkeit ihn von seiner Familie, und sein Einkommen reicht kaum zum Überleben. KILLER OF SHEEP, gedreht an Originalschauplätzen in South Central Los Angeles, vermittelt mit Laiendarstellern und Handkamera eine tiefe Intensität der Darstellung mit Momenten von Humor, aber auch Verzweiflung. Der Film ist ein zeitloses humanistisches Dokument und eine Ode an die urbane Existenz.
SMOG (Franco Rossi, Italien 1962, 9.12.) ist eine atmosphärische Meditation über die durchgreifende Entfremdung in der Klassengesellschaft im weitläufigen Los Angeles, gesehen durch die Augen von Außenseitern: einem die Stadt besuchenden italienischen Anwalt und einigen italienischen Expats. Bemerkenswerte Szenen zeigen berühmte architektonische Monumente der Moderne wie den Flughafen von Los Angeles und das von Pierre Koenig entworfene Haus Stahl.
RUN, TECATO, RUN (Efraim Gutierrez, USA 1979, 9.12., mit einer Einführung von Jan-Christopher Horak) Nach einer wahren Geschichte schildert RUN, TECATO, RUN die Anstrengungen eines Drogenabhängigen, vom Heroin wegzukommen und die Erziehung seiner Tochter wieder in die Hand zu nehmen. Der für 60.000 $ unabhängig produzierte Film beleuchtet die Verbindungen zwischen Vietnamkrieg, Drogensucht und Kriminalität und stellt sie dem Familienleben und der Spiritualität einer mexikanisch-amerikanischen Familie in Los Angeles gegenüber. RUN, TECATO, RUN war der letzte von drei Low-Budget-Problemfilmen von Efraim Gutierrez, der nicht nur die Hauptrolle übernahm, sondern es durch eine graswurzelartige Verleihstrategie sogar schaffte, in einigen Städten mehr Zuschauer zu erreichen als Hollywoodfilme.
CRY DANGER (Robert Parrish, USA 1951, 10.12., mit einer Einführung von Jan-Christopher Horak) Dick Powell spielt den nach Los Angeles zurückkehrenden Ex-Sträfling auf der Suche nach der Bande, die ihn für eine Straftat ins Gefängnis brachte, die er nicht begangen hat. Mit Hilfe eines verkrüppelten und ständig betrunkenen Ex-Marinesoldaten quartiert er sich in einer Wohnwagensiedlung am Bunker Hill ein und trifft dort auf seine Ex-Freundin Nancy, gespielt von Rhonda Fleming. Nach Eddie Muller, dem Präsidenten der Film Noir Foundation, ist CRY DANGER ein außergewöhnlicher Krimi: "Kurz, schlau, frech und voller Überraschungen".
KISS ME DEADLY (Robert Aldrich, USA 1955, 11.12.) Robert Aldrichs Film noir zeigt Privatdetektiv Mike Hammer bei der Verfolgung von verschiedenen zweifelhaften Charakteren, die hinter einem kleinen Koffer von unschätzbarem Wert her sind. Der sehr erfolgreiche Film galt als Hollywoods stärkstes Statement zu Kaltem Krieg und nuklearer Bedrohung.
REPO MAN (Alex Cox, USA 1984, 12.12.) Harry Dean Stanton als Schuldeneintreiber auf einer existentialistischen Tour durch ein industrielles, pro-apokalyptisches Los Angeles. Auf dem Höhepunkt der Reagan-Ära mit ihren Visionen von Los Angeles als pazifischer Metropole des freien Marktes imaginiert Alex Cox’ finstere Science-Fiction-Komödie die Stadt am Rande der Leere neu.
THE BIG LEBOWSKI (Joel Coen, USA 1998, 13.12.) Aufgrund eines Irrtums zum Opfer von Erpressern geworden, begibt sich "The Dude" Lebowski auf Ermittlungen. In dieser Komödie der Coen Brothers, die zum Kultfilm wurde und anspielungsreich das Los Angeles der Privatdetektive wie Philip Marlowe zitiert, durchstreift Jeff Bridges als Alt-Hippie ein Netz von Korruption und Anmaßung vom San Fernando Valley bis nach Malibu.
SHORT CUTS (Robert Altman, USA 1993, 14.12.) Altmans Neigung zum elliptischen Erzählen und sein unsentimentales Verhältnis zu seinen Charakteren paart sich aufs Glücklichste mit den dem Film zugrundeliegenden Kurzgeschichten von Raymond Carver. Eine Reihe von nicht miteinander verbundenen Stadtbewohnern kämpft mit der Entropie in ihrem Leben, ihren Karrieren, Ehen und Affären in einem scheinbar fröhlichen Los Angeles, das hauptsächlich aus Swimming Pools und Nachtclubs zu bestehen scheint. (jh, pm, mk)
Eine Veranstaltung mit freundlicher Unterstützung der Berliner Senatskanzlei.