Die Vorlesung von Sabine Nessel fragt nach der Relevanz von Archiven für die filmhistoriografische Forschung. Der begonnene Zyklus mit feministischen Positionen wird mit zwei Filmen aus den 70er Jahren fortgesetzt, die jeweils in restaurierter Fassung im Digitalformat DCP zu sehen sein werden: Chantal Akermans kinematografisches Opus magnum über die Alltagsverrichtungen der titelgebenden Figur JEANNE DIELMAN, 23 QUAI DU COMMERCE, 1080 BRUXELLES (Belgien/F 1975, 3.1.) und RIDDLES OF THE SPHINX (Laura Mulvey, Peter Wollen, GB 1977, 10.1.), in dem Laura Mulvey, Autorin eines Gründungstextes der feministisch-psychoanalytischen Filmtheorie, nicht nur theorielesend ins Bild gesetzt ist, sondern auch Co-Regie führt. In MEIN LEBEN TEIL 2 (Angelika Levi, D 2003, 17.1.) geht es anhand von Gegenständen, Fotos, Ton- und Filmaufnahmen darum, was in der Familie der Filmemacherin (nicht) erzählt wurde und wie "auf Makro- und Mikroebenen Geschichte dauernd produziert, archiviert, in Diskurs gebracht und eingeordnet wird" (Angelika Levi). Im letzten Abschnitt widmet sich die Vorlesung der Relevanz des Archivs mit Bezug auf die anthropologische Differenz, wodurch sich zeigt, dass in der Geschichte einer Filminstitution wie dem Arsenal auch Tiere vorkommen und eine Rolle spielen. Das Bild vom großen Menschenaffen auf dem Empire State Building aus KING KONG (Merian C. Cooper, Ernest B. Schoedsack, USA 1933, 24.1.) ist kulturhistorisch legendär, führt aber auch in die Archive des Production Designs der 30er Jahre und zu den Performances der Gorilla Men in Hollywood, welche die zumeist aufwendig gestalteten Affenkostüme belebten. BESTIAIRE (Denis Côté, Kanada/F 2012, 31.1.) ist eine präzise, dialoglose kinematografische Studie über unterschiedliche Schau- und Höranordnungen, in denen Tiere gezeigt und von Menschen wahrgenommen werden. Die Vorlesungsreihe läuft bis Februar 2017 und ist für alle Interessierten offen. (sn)