Direkt zum Seiteninhalt springen

RAMDENIME INTERWIU PIRAD SAKITCHEBSE (Einige Interviews zu persönlichen Fragen, Lana Gogoberidse, 1978, 1.10., zu Gast: Lana Gogoberidse) Die etwa 40-jährige Sofiko geht ganz in ihrem Beruf auf. Als Journalistin interviewt sie unterschiedlichste Frauen zu ihren Lebensbedingungen und Wünschen und bemüht sich gleichzeitig selbst um eine fragile Balance zwischen beruflicher Erfüllung und familiären Pflichten. Feinfühlig erzählt Lana Gogoberidse in dokumentarisch anmutendem Stil und mit dynamischer Kameraführung von der Verzahnung des Privaten und des Politischen. Mit seinem Fokus auf die alltäglichen Kämpfe einer emanzipierten Frau gilt EINIGE INTERVIEWS ZU PERSÖNLICHEN FRAGEN als einer der ersten feministischen Filme der Sowjetunion.

DIDI MTSWANE WELI (Ein großes, grünes Tal, Merab Kokotschaschwili, 1967, 2.10., zu Gast: Merab Kokotschaschwili) ist ein vom italienischen Neorealismus beeinflusstes Drama um einen Außenseiter im Spannungsfeld zwischen Tradition und Fortschritt: Der Hirte Sosana versorgt für seine Kolchose das Vieh in einem abgelegenen Gebirgstal. Im Land seiner Väter verwurzelt, lebt Sosana von der Nähe zur Natur und zu ihren Gesetzmäßigkeiten. Doch seine Frau Pirimse zieht es zu Menschen, die im Rhythmus der neuen Zeit leben, sie möchte sich von ihrem Mann, der ihr fremd geworden ist, trennen.

BUBA (Noutsa Gogoberidse, 1930, 3.10.) In der Hochgebirgsregion Ratscha kämpfen die Menschen seit Jahrhunderten ums Überleben. Kaum ist die karge Ernte eingebracht, steigen die Männer ins Tal und lassen Frauen und Kinder zurück, monatelang der gefährlichen Natur ausgeliefert. Noutsa Gogoberidse überblendet in ihrem Film die patriarchale Ordnung mit Bildern einer strahlenden, sozialistischen Zukunft.

KREDITIS LIMITI (Line of Credit, Salomé Alexi, 2014, 3.10., zu Gast: Salomé Alexi) Die elegante Nino führt allem Anschein nach eine komfortable Existenz. Die schöne Fassade zeigt aber Risse. Um sich einen langgehegten Wunsch zu erfüllen, hat sie einen Kredit aufgenommen, den sie nicht zurückzahlen kann. Ihr Leben dreht sich nur noch um das Beschaffen von Geld, das Verscherbeln von Erbstücken, das Verlängern von Krediten, das Besänftigen von Gläubigern. Dem schweren Thema zum Trotz erzählt Salomé -Alexi in sanft-pastellfarbenen Bildern und mit einem genauen Blick für die komischen Momente im Straucheln ihrer Heldin.

MONANIEBA (Die Reue, Tengis Abuladse, 1984, 4.10.) Ein angesehener Herr wird mit großen Ehren bestattet. Am nächsten Tag wird der Leichnam aus dem Grab geholt und im Garten der Hinterbliebenen ausgestellt. Die Leichenschänderin wird vor Gericht gestellt, aber das Verfahren wird zur Abrechnung mit dem alten Mann, mit Machtmissbrauch der stalinistischen Diktatur. Die etwas liberalere politische Lage noch vor der Perestroika in Georgien ermöglichte die Realisierung des Films, der dennoch erst mit drei Jahren Verspätung freigegeben wurde.

TSCHEMI BEBIA (Meine Großmutter, Kote Mikaberidse, 1929, 5.10., am Flügel: Dudana Mazmanishvili) Ein entlassener Bürokrat erhält von einem Freund den Rat, sich für seine Stellensuche eine "Großmutter", d.h. Protektion zu besorgen. Kote Mikaberidses experimentelle Satire über Bürokratie und Nepotismus war der erste in Georgien verbotene Film und konnte fast 40 Jahre lang nicht gezeigt werden. Konstruk-tivistische Studiobauten, das exaltierte Spiel der Darsteller, die satirische Überzeichnung des Arbeitsablaufs, Stopptrick, Animation, Geschwindigkeitsveränderungen, verkantete und teilweise verzerrende Kameraeinstellungen sowie die Kommentierung des Dargestellten durch einen Chor von Marionetten waren den Zensoren Gründe genug, dem Film "Formalismus" vorzuwerfen.

DWADZATJ SCHESTJ KOMISSAROW (26 Kommissare, Nikolos Schengelaja, 1932, 6.10., am Flügel: Eunice Martins) Im Frühjahr 1918 bildete sich in Baku/Aserbaidschan eine erste sowjetische Regierung, ein „Rat der Volkskommissare“, der die Ölquellen nationalisierte. Die Regierung wurde nach drei Monaten wieder abgesetzt, die 26 Kommissare wurden verhaftet und sämtlich erschossen. Das Schicksal dieser 26 Kommissare bildete in der Sowjetunion eine Heldenlegende, die auch dieser Film reflektiert. In monumentalen Bildern voller emotionaler Wucht zeigt Schengelaja Mechanismen der kollektiven Psyche und wechselt mühelos die Tonlage zwischen Tragik und Satire.

PASTORALI (Pastorale, Otar Iosseliani, 1975, 7.10., zu Gast: Otar Iosseliani & 19.10.) Ein Musiker-Quartett verbringt den Sommer in einem Dorf; die Kinder der Familie, die ihnen Zimmer im Obergeschoss vermietet hat, sind von den Besuchern aus der Stadt angezogen. Iosseliani erzählt diese Geschichte, ohne den Anschein des Erzählens zu erwecken, multipliziert sie und fügt unendlich viele Anfänge neuer Geschichten ein. PASTORALI wurde von den sowjetischen Behörden jahrelang zurückgehalten, die Deutschlandpremiere des Films erfolgte im Jahr von Iosselianis Emigration 1982 beim Internationalen Forum des Jungen Films.

CHANT D'HIVER(Winter Song,Otar Iosseliani, 2015, 8.10., zu Gast: Otar Iosseliani) In seinem neuesten Film erzählt Otar Iosseliani in seiner unnachahmlichen Weise, leichtfüßig und melancholisch zugleich von der Französischen Revolution und der Räumung von Flüchtlingslagern im gegenwärtigen Europa, Clochards und Waffenhändlern in Paris, Krieg und Freundschaft und wie alles zusammenhängt. CHANT D’HIVER ist ein kraftvolles Alterswerk von beeindruckender Frische und großer ästhetischer Freiheit, in dem der Regisseur und Schauspieler Pierre Étaix (1928–2016) seinen letzten Leinwandauftritt hat.

AMBAWI SURAMIS TSICHISA (Die Legende der Festung Suram, Sergej Paradjanow, Dodo Abaschidse, 1985, 9.10.) Fantastische Bilderwelten eröffnen sich in den streng kadrierten, dabei überaus prunkvoll gestalteten Tableaus, mit denen Paradjanow und Abaschidse eine archaische georgische Legende erzählen: Um persische Überfälle abzuwehren, versuchen die Bewohner einer entlegenen Bergregion eine Festung zu errichten. Einer Prophezeiung zufolge kann der Bau erst dann erfolgreich abgeschlossen werden, wenn ein junger Krieger sich lebend einmauern lässt. Der überreiche Bilderreigen wird von unzähligen Stoffbahnen, Teppichen, Tieren und Kunstobjekten ausgekleidet, in deren Mittelpunkt die Figuren des Films agieren.

SGHWARZE (Am Rande, Dito Tsintsadze, 1993, 11.10., zu Gast: Dito Tsintsadze) Ein Bürgerkrieg kündigt sich an. Der bewaffnete Konflikt steht kurz vor dem Ausbruch, die Vorzeichen sind unübersehbar, überall Aggressionen, Hass und Propaganda. Ein junger Physiker versucht, seine Unabhängigkeit zu bewahren, kapselt sich zunächst von seiner Umwelt ab, versucht mit seiner Freundin das Land zu verlassen, kann sich den Ereignissen letztlich doch nicht entziehen. Ohne direkte Bezüge auf sein eigenes Land oder regionale Konflikte Anfang der 90er Jahre entwirft Tsintsadze ein visuelles Niemandsland, das vor der Auflösung steht, und erzählt düster-lakonisch von einem Menschen, der unparteiisch sein möchte, jedoch erkennen muss, dass dies nicht möglich ist.

CHABARDA (Michail Tschiaureli, 1931, 12.10., am Flügel: Eunice Martins) Bevor Michail Tschiaureli als Regisseur von Monumentalfilmen bekannt wurde, die dem Personenkult um Stalin dienten, drehte er zwischen 1928 und 1931 eine Reihe von Filmen, die mit der pompösen Ästhetik seiner späteren Werke wenig gemein haben. CHABARDA, eine wilde, expressive Satire, die noch von der künstlerischen Freiheit der 20er Jahre in der Sowjetunion zeugt, thematisiert anhand des geplanten Abbruchs eines maroden Stadtviertels in Tiflis den Konflikt zwischen dem auf Tradition bedachten Kleinbürgertum und dem revolutionärem Elan der kommunistischen Bewegung.

MEZCHRAMETE SAUKUNIS KARTULI KRONIKA (Georgische Chronik des 19. Jahrhunderts, Alexandre Rechwiaschwili, 1978, 13.10.) Ein Student kehrt aus St. Petersburg in sein georgisches Heimatdorf zurück und wird von den Bauern, denen die Konfiszierung ihres Waldes droht, beauftragt, ihre Rechte zu verteidigen. Bei den örtlichen Behörden wird er mit einer undurchsichtigen Bürokratie konfrontiert, die den Interessen von dubiosen Geschäftsleuten dient. In strengem Schwarzweiß gedreht, kreiert Alexandre Rechwiaschwili im Mittelteil seiner Trilogie zum 19. Jahrhundert in Georgien eine düstere kafkaeske Atmosphäre, die von der Ohnmacht gegenüber dem Herrschaftsapparat geprägt ist.

NUZA (Alexandre Rechwiaschwili, 1971, 13.10.) Als die reiche Pflegemutter stirbt, ist das junge Waisenmädchen Nuza schutz- und rechtlos auf sich allein gestellt. Sie flieht in den Wald, der ihr keinen Schutz bietet, sondern zum Ort der Verirrung und Verzweiflung wird.

DGE (Der Tag, Lewan Glonti, 1990, 13.10.) Lewan Glonti porträtiert mit einer sensiblen, nervösen Erzählweise unter dokumentarischer Einbeziehung des Alltagslebens den ziellosen Tagesablauf eines jungen Mannes und das Milieu, in dem er lebt. Er beschreibt seine Abhängigkeit von Verwandten, Freunden und Autoritäten und seine vergeblichen Bemühungen um Kommunikation. Grundtöne des Films sind Ironie und Melancholie. Ganz nebenbei entsteht ein lebendiges Bild der Großstadt Tiflis. Im Hintergrund deutet sich der bevorstehende Zusammenbruch der alten Ordnung der Sowjetunion an.

UBEDUREBA (Das Unglück, Gela Kandelaki, 1979, 14.10., zu Gast: Gela Kandelaki) In einer kleinen georgischen Landgemeinde ereignet sich im 19. Jahrhundert ein Unglück: Anton ist bei der Arbeit auf dem Feld ohnmächtig geworden. Um ihr Mitgefühl zu zeigen, versammeln sich alle Anwohner und verbringen den Tag vor dem Haus des Kranken. Einem alten Bauernglauben folgend, versuchen Antons Angehörige, das Unglück vom Haus fernzuhalten, und auch alle Anwesenden überbieten sich mit Glaubensbekenntnissen, die jedoch bald nur noch aus Phrasen zu bestehen scheinen.

IKO SHASHVI MGALOBELI (Es war einmal eine Singdrossel, Otar Iosseliani, 1970, 14.10., zu Gast: Gela Kandelaki & 19.10.) schildert 36 Stunden aus dem Leben des jungen Musikers Gia (Gela Kandelaki), der im Orchester in Tiflis die Pauke schlägt und dafür bekannt ist, erst in letzter Minute zu seinem Einsatz zu erscheinen. Spontane menschliche Kontakte erscheinen ihm wichtiger als seine Arbeit. Gia ist ein unangepasster Träumer, unfähig, ein Verhältnis zur Zeit zu finden, das mit seiner Umgebung harmoniert.

TSISPERI MTEBI ANU DAUDJEREBELI AMBAWI (Blaue Berge oder Eine unwahrscheinliche Geschichte, Eldar Schengelaja, 1983, 12. & 16.10.) Ein baufälliges Verlagsgebäude in Tiflis. Die Lektoren spielen Schach oder spinnen Intrigen, nur Manuskripte lesen sie nicht. In diese realsozialistische Idylle platzt ein junger Angestellter mit seinem ersten Manuskript. Nach langer Zeit tritt der Lektoratsrat zusammen, um über das Manuskript zu beraten. Niemand hat es gelesen, jeder schließt sich der Meinung des Vorredners an: Über das Manuskript müsse beraten werden. Die Satire über Bürokratie, Spießertum, Faulheit und Schlendrian im real existierenden Sozialismus steigert sich in immer ritualisierter erscheinenden Wiederholungen zur absurd-surrealen Parabel.

PIROSMANI (Georgi Schengelaja, 1969, 15. & 17.10.) erzählt die Lebensgeschichte des Volksmalers Nikolos Pirosmanaschwili (1862–1918), dessen Naive Kunst erst posthum gewürdigt wurde. Der Einzelgänger versucht sich in verschiedenen Berufen, beobachtet und malt seine Umwelt, deren Krämergeist er nicht begreifen kann. Er wird Gebrauchs- und Wandermaler, tauscht seine Bilder gegen Essen oder einen Schlafplatz, lässt sich ausbeuten und erniedrigen. Die Struktur, aber auch die Ästhetik des Films entwickelte Schengelaja aus den Bildern und der Ästhetik Pirosmanis: flächige Tableaus, die die Räume beinahe zweidimensional wirken lassen, lange Einstellungen und stilisierte Genrebilder.

DSCHIM SCHWANTE! (Das Salz Swanetiens, Micheil Kalatosischwili, 1930, 18.10., am Flügel: Eunice Martins) beschreibt das Leben der Bergbewohner von Oberswanetien, einer damals mit Ausnahme der kurzen schneefreien Zeit isolierten Region in 2.000 Metern Höhe. Die Bewohner eines armen Dorfs, die 1929 noch in Türmen aus der Feudalzeit wohnen, sind gezwungen, das Salz auf dem Rücken in die Berge hinauf zu tragen, über Gletscher und schwer zugängliche Bergpässe hinweg. Bilder von großer Schönheit kontrastieren mit den schwierigen Lebensbedingungen der Bergbewohner. (hjf/ug/al)

Eine Filmreihe im Rahmen der Feierlichkeiten zum Deutsch-Georgischen Freundschaftsjahr 2017, in Kooperation mit dem Georgian National Film Center und mit Unterstützung durch das Ministry of Culture and Monument Protection of Georgia.

Gefördert durch:

  • Logo des BKM (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien)

Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds