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In einem Nebenraum des Kinos richtete Alf Bold einen kleinen 16-mm-Vorführraum ein. Hier präsentierte er montags die Reihe „Avantgarde im Arsenal 2“. Jedes Programm erzählte eine eigene Geschichte über filmische Formen, über Entwicklungen des Mediums und über die Welt.

1982 leitete er für ein Jahr in New York das Programm des Collective for Living Cinema. Dort intensivierte er seine Beziehungen zur Avantgarde- und Undergroundszene. Gleichzeitig erweiterte er die Arsenal-Filmsammlung um diesen Schwerpunkt. Nach seinem Tod hinterließ er dem Arsenal einen Experimentalfilmfonds, um diese Arbeit fortzusetzen.

Das Programm enthält Remakes seiner Programme sowie weitere Filme aus der Sammlung. Die meisten der ausgewählten Filmemacher*innen haben selbst für Film Culture geschrieben oder ihre Filme wurden dort besprochen.

Wir eröffnen am 8.7. in Anwesenheit von Jonas Mekas mit REMINISCENCES OF A JOURNEY TO LITHUANIA (1971). 1971 drehten Jonas und Adolfas Mekas einen Film über eine Reise in ihre Vergangenheit. Er beginnt in New York und verfolgt dann anhand von Wiederbegegnungen den Weg ihrer Flucht aus Litauen in die USA. Die Remake-Reihe beginnt mit einem von Alf Bold kuratierten Found-Footage-Programm, präsentiert in einer Open-Air-Vorführung im silent green vom Filmemacher Matthias Müller: „It was Alf Bold who brought the idea of found footage to Germany […] I still recall his passionate, committed way of presenting these artists.“ (9.7.) Weitere Remake-Programme:

18.11.1989: MONGOLOID (Bruce Conner, 1984), entstanden zur ersten Single der New Wave Band Devo, läuft mit 1/2 MENSCH von Ishii Sōgo (1985) über eine Japantournee der Einstürzenden Neubauten. Ishii Sōgo hatte Blixa Bargeld zuvor im Arsenal 2 bei der Vorführung seines letzten Films kennengelernt. (10.7.)

3.7.1978: Das Programm kombiniert Filme der Avantgardistin Maya Deren mit Ingemo Engströms DARK SPRING (1970) über Liebesutopien von Frauen. (12.7.)

28.7.1980: Zu Thom Andersens EADWEARD MUYBRIDGE, ZOOPRAXOGRAPHER (1975) zeigte Alf Bold den soziologischen Lehrfilm MICROCULTURAL INCIDENTS IN TEN ZOOS (1971). Die Kopie war ein Geschenk von Amos Vogel ans Arsenal. Vogel, der wie Mekas vor den Nazis nach New York geflohen war und dort Cinema 16 gründete, kombinierte Experimentalfilme mit politischen Filmen, Newsreels oder auch Lehrfilmen. (13.7.)

30.10.1978: Bilderfilme:LICHTSPIEL SCHWARZ WEISS GRAU Grau von László Moholy-Nagy […] versucht, im Schwarzweißfilm […] Farbwerte zu schaffen. [Das führt zu] den Flickerfilmen von Tony und Beverly Conrad. […] James Benning zeigt statische Bilder, in denen sich eine Geschichte abspielen könnte.“ (A.B.) (14.7.)

13.11.1989:An die kurz zuvor verstorbene New Yorker Underground-Ikone Jack Smith (1932–1989) erinnerte Alf Bold mit FLAMING CREATURES (1963) und Filmen von Ron Rice und Ken Jacobs. 20 Jahre später konnte das Arsenal mit Mitteln aus dem Alf-Bond-Fonds Super8-Filme von Jack Smith digitalisieren. (16.7.)

11.1.1979:„Ein Programm stellt den vielleicht avanciertesten deutschen, wenn nicht europäischen Filmemacher, Heinz Emigholz, neben den Amerikaner Larry Gottheim, der quasi erzählende, strukturalistische Filme macht, und den Japaner Nakai, dessen Film ALCHEMY 1972 in Knokke bei Experimentalfilmfestival den 1. Preis erhielt.“ (A. B.) (17.7.) Weitere Filme: Hall of Mirrors: Eine Art Spiegelkabinett, zusammengesetzt aus Filmen von Bute, Breer, Richter, Burckhard, Sonbert, Anger und Noll Brinckmann, die mit DRESS REHEARSAL UND KAROLA 2 (1981) eine Hommage an den Undergroundstar Kenneth Anger drehte. Alf Bold hatte sie gebeten, nach seinem Tod den Experimentalfilmfonds zu betreuen. (13.7.)

Cantrills Filmnotes war der Titel einer Filmzeitschrift, die zeitgleich in Australien entstand: Arthur und Corinne Cantrill verantworteten Redaktion und Layout selbst und veranstalteten regelmäßig Filmvorführungen. Seit 1960 drehen sie Filme, die sich mit dem Verhältnis von filmischer Form und Landschaft befassen. (12.7.)

Marie Menken war neben Jonas Mekas eine der prägendsten Protagonistinnen der New Yorker Avantgarde-Szene. Die Filmemacherin Ute Aurand hat maßgeblich dazu beigetragen, ihr Werk bekannt zu machen und stellt es persönlich vor. (14.7.)

Experimental Comedy:In A & B IN ONTARIO (1966/84) von Joyce Wieland und Hollis Frampton jagen sich die beiden mit der Bolex. HALLELUJA THE HILLS von Adolfas Mekas (1963) „is a slapstick poem, a gloriously fresh experiment and experience in the cinema of the absurd, the first cubistic comedy“ (Time Magazine). (16.7.)

Stan Brakhage:SCENES FROM UNDER CHILDHOOD (1970) hinterließ nachhaltig Eindruck auf Alf Bold: „Plötzlich realisierte ich, dass das Unhör- und Unsichtbare, das aus dem tiefsten Innern der Erfahrungswelt kommt, nicht durch die herkömmlichen Mittel des Kinos dargestellt werden kann.“ (17.7.)

Fluxus:Die Arsenal-Sammlung enthält auch die Anthologie der Filme der Fluxusbewegung (18.7.).
Nan Goldin: 1986 lud Alf Bold Nan Goldin mit ihrem Film THE BALLAD OF SEXUAL DEPENDENCY erstmals nach Berlin ein. Die beiden entwickelten eine enge Freundschaft und sie begleitete ihn bei seinem Sterben. So ist er auch in ihrem Generationen-Porträt I’LL BE YOUR MIRROR (1995) zu sehen. (20.7.)

All My Life: In Filmen von Frauen sah Alf Bold eine besondere Innovationskraft, was man an der hohen Anzahl ihrer Filme sieht, die er programmierte. Neben Filmen von Lye, Schneeman, Gehr, Keller, Baillie zeigen wir NEAR THE BIG CHAKRA von Alice Anne Parker (Severson) (1971), einen der radikalsten feministischen Filme der Zeit. (20.7.)

Portraits (1): PORTRAIT OF JASON (Shirley Clarke, USA 1967) hat Kultstatus erlangt. Porträtiert wird der schwarze, schwule, selbsterklärte Hustler Jason Holiday. Dazu: PUCE MOMENT (Kenneth Anger, 1949), das Fragment eines aufgegebenen Filmprojekts. (22.7.)

Wavelength:In seiner 46. Ausgabe im Jahre 1967 zeichnete Film Culture WAVELENGTH von Michael Snow für seinen besonderen Beitrag zum Kino aus. Wir zeigen dazu Filme von Bette Gordon und Joyce Wieland (1968). (21.7.)

Portraits (2): Das abschließende Programm zelebriert Protagonist*innen aus der Experimental- und Undergroundszene in den USA und in Deutschland. (22.7.)

Edit Film Culture! ist eine Veranstaltung von silent green Film Feld Forschung in Kooperation mit: Jonas Mekas, Anthology Film Archives, Arsenal – Institut für Film und Videokunst, SAVVY Contemporary, Harun Farocki Institut, Spector Books und Lithuanian Culture Institute. Kuratiert von: Christian Hiller, Daniela Kinateder, Stefanie Schulte Strathaus, Marc Siegel, Bettina Ellerkamp und Jörg Heitmann. Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds. (stss)

Gefördert durch:

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Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds