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KUMONOSU-JO (Das Schloss im Spinnwebwald, Akira Kurosawa, Japan 1957, 3. & 14.10.) „Der Pfad des Bösen ist der Weg der Verdammnis. Unaufhaltsam ist sein Lauf“ heißt es im Prolog und Epilog des Films. Diesen beschreiten, zunehmend gehetzt, zur Zeit des japanischen Mittelalters zwei erfolgreiche Krieger sowie die Frau des einen (Toshiro Mifune, Minoru Chiaki, Isuzu Yamada), befeuert von Weissagungen, persönlicher Machtgier und letztlich von der Unausweichlichkeit des Zirkels der Gewalt, aus dem es kein Entrinnen gibt. Für seine eng an der Vorlage gearbeitete Version des Shakespeareschen Dramas um den Königsmörder Macbeth schafft Kurosawa eine mythische Welt, geisterhafte Nebellandschaften und unbelebte, völlig entleerte Festungsräume, in denen sich die in der Noh-Tradition agierenden Protagonisten im unsichtbaren Netz der Entmenschlichung verfangen.

SCHAMANEN IM BLINDEN LAND (Michael Oppitz, Nepal/BRD/USA 1980, 5. & 31.10.) Zwischen 1977 und 1979 unternahm Michael Oppitz drei Forschungsreisen in eine abgelegene Himalaya-Region in West-Nepal, um dort eine der ehemals zahlreichen örtlichen Ausprägungen des Schamanismus zu dokumentieren. Das bekannteste Resultat dieser Feldforschungen ist SCHAMANEN IM BLINDEN LAND, ein Klassiker der visuellen Anthropologie in zwei Teilen, der sich schamanischen Riten (magischen Heilverfahren oder rituellen Reisen), der mythischen Färbung des schamanischen Alltagslebens und der transzendentalen Aura von Landschaft und Gesellschaft widmet. Im Mittelpunkt steht dabei der Schamanismus der Magar in all seinen Facetten: als eine Tätigkeit örtlicher Glaubensheiler, die in einem langen Prozess der Initiation in ihre übernatürliche Berufung eingeführt werden.

DET SJUNDE INSEGLET (Das siebente Siegel, Ingmar Bergman, Schweden 1957, 6. & 13.10.) Im Zwischenreich zwischen Leben und Tod angesiedelt ist Ingmar Bergmans Studie über Glauben, Zweifel und die Frage nach der Existenz Gottes. Der Ritter Antonius Block (Max von Sydow) kehrt im Spätmittelalter von den Kreuzzügen in das von Pest und Krieg verwüstete Schweden zurück. Er begegnet dem leibhaftigen Tod, der sein Leben fordert. Der noch nicht zum Sterben bereite Block verhandelt einen Aufschub von der Dauer eines Schachspiels mit dem Tod. Antwort auf seine Fragen findet er schließlich beim Gaukler Jof, dessen Frau Mia (Bibi Andersson) und dem kleinen Kind mit ihrer im Alltag verwurzelten Lebensverbundenheit.

VAMPYR (Carl Theodor Dreyer, F/D 1932, 7. & 24.10.) Ein Klassiker des Horrorfilms, der weitgehend auf die Klischees des Genres verzichtet. Durch die fehlende erzählerische Kontinuität von Raum und Zeit schafft Dreyer in seinem ersten Tonfilm eine Atmosphäre der Verunsicherung. Der in einer baufälligen Fabrik und einem leer stehenden Schloss in der Umgebung von Paris gedrehte Film erscheint wie ein Tagtraum; die Bilder, wahrgenommen wie durch einen Gaze-Schleier, sind dominiert von einem gespenstischen Weiß. „Horror hat nichts mit den Dingen zu tun, die uns umgeben, sondern er steckt in unserem Unterbewusstsein.“ (Dreyer)

IL BACIO DI TOSCA (Der Kuss der Tosca, Daniel Schmid, Schweiz 1984, 8. & 21.10.) Ende des 19. Jahrhunderts gründete Giuseppe Verdi eine „Casa di riposo“, ein Altersheim für mehr oder weniger gefeierte Opernsänger, Musiker und Tänzer, die hier auch ohne entsprechende finanzielle Mittel ihren Lebensabend in Ruhe und Würde verbringen können. Hier sind sie umgeben von allerhand „guten Geistern“, den Gegenwärtigen und ganz praktisch Agierenden, wie auch denen der Vergangenheit. Koffer mit Kostümen, Partituren und Fotos werden zu Füllhörnern der Erinnerung, das von Schmid so liebevoll wie inszenierend auf die betagten Künstler gerichtete Scheinwerferlicht legt einen Raum zwischen Traum und Wirklichkeit frei, zwischen Konstruktion und Realität.

BRIGADOON (Vincente Minnelli, USA 1954, 9. & 28.10.) Zwei Amerikaner (Gene Kelly und Van Johnson) verirren sich im schottischen Hochland und geraten in das auf keiner Karte verzeichnete Dorf Brigadoon. Es ist ein sagenhafter Ort, in dem die Zeit stehen geblieben ist, erhielt er doch im 18. Jahrhundert von übernatürlicher Seite das Privileg, nur alle 100 Jahre für einen Tag aufzutauchen. Der Zauber hat jedoch nur solange Bestand, wie zwei elementare Regeln beachtet werden: Kein Bewohner darf den Ort verlassen und ein Fremder darf nur bleiben, wenn er sich verliebt. Minnelli inszenierte die Geistergeschichte als Musical mit strahlend-bunten Dekors und Kostümen.

NOSFERATU – EINE SYMPHONIE DES GRAUENS (F.W. Murnau, D 1921, 10. & 16.10.) Schauer in Farbe noch vor Einführung des Farbfilms: In Murnaus viragierter Dracula-Verfilmung deuten blau gehaltene Szenen nächtliche oder Außen-Szenen an, gelbe Virage dominiert Innenaufnahmen, Rot symbolisiert Gefahr, Feuer oder auch Liebe. Vor allem Murnaus (grün grundierten) Naturszenen attestierte Béla Balázs „den kalten Luftzug aus dem Jenseits“, den auch Ellen (Greta Schröder) verspürt, als sie erfährt, dass ihr Mann Hutter (Gustav von Wangenheim) in seiner Funktion als Maklerassistent auf Dienstreise nach Transsylvanien reisen muss. Gleich in der ersten Nacht nach Hutters Ankunft in den Karpaten wird nicht nur der Vertrag über den Kauf eines Hauses in Hutters idyllischem Heimatstädtchen unterzeichnet. Es zeigt sich auch das wahre Naturell des Geschäftspartners, des Grafen Orlok (Max Schreck).

TÜZOLTÓ UTCA 25. (Feuerwehrgasse 25, István Szabó, Ungarn 1973, 17. & 19.10.) Das Haus mit der Nummer 25 in der Budapester Feuerwehrgasse soll abgerissen werden. Die Nacht vor Beginn der Arbeiten wird für die Bewohner des in die Jahre gekommenen Mietshauses zur Zeitreise in die Vergangenheit, in der die persönlichen Erinnerungen unauflösbar mit den Entwicklungen der ungarischen Geschichte des 20. Jahrhunderts verwoben sind. Ein Strom der Assoziationen von Worten, Bildern und Gegenständen beginnt, Zeitebenen und Welten verschränken sich, aufblitzende Erinnerungsbilder und (Alb-)Träume werden zum Ort der Wiederbegegnung mit Verstorbenen, Fantomen, Konstruktionen und Ängsten.

CAVALO DINHEIRO (Horse Money, Pedro Costa, Portugal 2014, 20. & 27.10.) Fontainhas, das mittlerweile abgerissene Elendsviertel am Rande von Lissabon, wo sich viele Einwanderer aus Angola, den Kapverden und Guinea-Bissau angesiedelt hatten, ist als Manifestation der portugiesischen Kolonialgeschichte Hintergrund einer Reihe von Filmen des portugiesischen Filmemachers Pedro Costa. In seinem vierten „Fontainhas-Film“ streift Ventura, ein von den Kapverdischen Inseln stammender Immigrant, durch die endlosen, dunklen Korridore einer Einrichtung, die Nervenheilanstalt oder auch Gefängnis sein könnte. Hier wird er von traumatischen Erinnerungen an die portugiesische Kolonialzeit und Geistern der Vergangenheit heimgesucht. Die filmische Reise an das Ende der Nacht etabliert eine Schattenwelt, in der Raum und Zeit unbestimmt, Erinnerung und Gegenwart ununterscheidbar sind.

ORPHÉE (Jean Cocteau, F 1950, 23. & 30.10.) Unter Verwendung der Grundmotive des griechischen Mythos’ vom Sänger/Musiker Orpheus, der seine Frau Eurydike aus der Unterwelt zu befreien versucht, entwickelt Cocteau einen mal entrückt-poetischen, dann wieder grotesk-alltäglichen Reigen um den titelgebenden Dichter Orphée (Jean Marais), die rätselhafte Jenseitsgängerin, „Prinzessin“ genannt (Maria Casarès), von der sich Orphée magisch angezogen fühlt, seine Frau, die eher schlichte Eurydike (Maria Déa), sowie den Fahrer der Prinzessin. Wie oft bei Cocteau ist ein Spiegel Portal in das Reich der Toten, eine hoffnungslose Trümmerlandschaft, indes der einzige Ort, an dem die Liebe zwischen Orphée und der Prinzessin Gestalt findet.

MOI FATIGUÉ DEBOUT, MOI COUCHÉ (Ich bin müde vom Stehen, ich liege, Jean Rouch, F 1997, 26.10.) Damouré Zika, Lam Ibrahim Dia, Tallou Mouzourane und Jean Rouch legen sich in den Schutz des Blätterdachs einer sprechenden, vom Blitz gefällten Akazie, denn wie man weiß: „Wenn man unter einer vom Blitz gefällten, aber immer noch lebenden acacia albida träumt, dann werden die Träume zur Wirklichkeit, der Doppelgänger von gestern begegnet dem von morgen. Mit Hilfe des Donnergottes Dongo, dem Geist des Wassers, Harakoy Dikko, ihrem Komplizen Gaoberi und dem sprechenden Baum, wird alles möglich. Zeit und Raum existieren nicht mehr, nur der Traum diktiert die Spielregeln. Es ist ein grausames Spiel der Katastrophen, der Dürre, der Überschwemmungen, der Geister, bei dem ‚gewinnt, wer verliert‘. Und der Urheber dieser Abenteuer, der liegende Baum, erhebt sich noch einmal.“ (Jean Rouch) (mg)

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