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Die Kairoer Cimatheque beherbergt ein besonderes Archiv: Filmschaffende hinterlegen hier ihr Werk, wissend, dass es nicht nur in sicheren Händen ist, sondern auch an einem öffentlichen Diskurs teilhaben kann. Eine von ihnen ist Atteyat Al Abnoudy (1939–2018), die ihre Filme 2011, kurz nach der Revolution, dem Team der Cimatheque anvertraute. 1939 im Nildelta als Tochter einer Arbeiterfamilie geboren, arbeitete Al Abnoudy zwischenzeitlich als Schauspielerin, um ihr Jurastudium in Kairo zu finanzieren. Vor dem Hintergrund ihrer journalistischen Tätigkeit und umgeben von Künstler*innen und Autor*innen entschloss sie sich 1972 zu einem Filmstudium am Cairo Higher Institute of Cinema, wo sie als erste Frau in Ägypten Dokumentarfilme zu drehen begann. Bekannt als Filmemacherin, die sich Themen wie Armut, Unterdrückung von Frauen und sozialer Ungleichheit widmete, hat ihr persönlicher Stil („Kein Script, keine Schauspieler*innen, keine Regie, die Kamera folgt dem Subjekt.“) das dokumentarische Schaffen in Ägypten nachhaltig geprägt. Nach ihrem Tod fanden sich im Nachlass Al Abnoudys Outtakes sowie Aufnahmen, die sie selbst mit ihrem Team bei der Arbeit zeigen. Als Produzentin ihrer Filme hatte sie alles sorgfältig archiviert.

Zur Eröffnung des Programms zeigen wir eine Auswahl dieser Fundstücke zusammen mit Permissible Dreams (1983), der eine Landwirtin in der Suezkanalzone porträtiert. Sie spricht über soziale Ungerechtigkeit, ihre Benachteiligung als Frau und ihren starken Wunsch nach einer Ausbildung. Claudia von Alemann, die Al Abnoudy in einem feministischen Netzwerk kennengelernt hat, wird anwesend sein. (2.7.)

THE SANDWICH (1975) ist ein experimenteller Kurzfilm mit dokumentarischen und fiktionalen Momenten. Im Mittelpunkt stehen Kinder in einer ländlichen Gegend, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Der Film läuft zusammen mit dem zentralen Werk Rhythm of Life (1988): In einer Art Symphonie in vier Sätzen zeigt der Film das tägliche Leben von Landarbeiter*innen. (4.7.)

HORSE OF MUD (1971) und SAD SONG OF TOUHA (1972) gehören zu Al Abnoudys frühesten und vielleicht bekanntesten Filmen. HORSE OF MUD widmet sich der Armut in Kairo. Die Herstellung von Ziegelsteinen wird als rhythmische Choreografie gefilmt. Die Bewegungsabläufe gehen eine subtile Verbindung mit den persönlichen Geschichten der Arbeiter ein. SAD SONG OF TOUHA ist ein traumartiges Porträt von Künst-ler*innen, die das Straßenbild in Kairo prägen. Die unaufdringliche Kamera begleitet Feuerschlucker, kindliche Schlangenmenschen und andere, deren Geschichte von der eindringlichen Stimme des Dichters Abdel Rahman El-Abnoudy, ihrem Ehemann, erzählt wird. Ein anderer bekannter Dichter, Amal Donqol, spricht in AMAL DONQOL – THE TALK OF ROOM NUMBER 8 (1990) über seine Arbeit, Glück und Politik, sein Gefühl von Entfremdung in einer zunehmend materialistisch geprägten Gesellschaft, sowie seinen Kampf gegen eine Krankheit. BUYERS AND SELLERS (1992) stellt Schicksale von Haben und Nichthaben gegenüber. Die frühen 90er Jahre waren von einer rasanten Übernahme neoliberaler Wirtschaftspolitik geprägt. Der Film erforscht die Beziehung der ägyptischen Bevölkerung zum Suezkanal und lässt dabei die gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen erahnen, die die beiden letzten Jahrzehnte von Mubaraks Präsidentschaft mit sich bringen sollten. (5.7.)

INTO THE DEPTH (1979) porträtiert eine Schule in einer ländlichen Region und die Herausforderungen, mit denen sich Schüler*innen und Dorfbewohner*innen konfrontiert sehen. Mit SEAS OF THIRST (1980) bewegt sich Al Abnoudy in den Norden des Landes, wo sie das Leben nahe der Salzseen in El Borrolos während einer Dürreperiode zeigt. Der starke Kontrast zwischen Reichtum und der unwirtlichen Umgebung erzählt von einer Klasse, die mehr und mehr im Verschwinden ist. (7.7.) (stss)

Unser besonderer Dank gilt Asmaa Yehia El-Taher und Yasmin Desouki. Tamer El Said hält zu allen Programmen eine Einführung. Ein Programm im Rahmen von Archive außer sich.

Gefördert durch:

  • Logo des BKM (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien)

Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds