HAT WOLFF VON AMERONGEN KONKURSDELIKTE BEGANGEN? (D/A 2004, 5.12., zu Gast: Ivette Löcker). Friedls Abschlussfilm an der HFF München erzählt von den Verflechtungen zwischen Ökonomie und Politik im Deutschland und Europa des 20. Jahrhunderts. Die Protagonisten, darunter den Titelhelden, findet Friedl in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte. „Es kann keinen Zweifel daran geben, dass das Personal sich aus Stars zusammensetzt: etwa Friedrich Karl Flick, Otto Wolff Amerongen, Hans Friderichs, Graf Lambsdorff, von Brauchitsch.“ (Friedl) Langsame, geduldige Schwenks über Stadt- und Industriegebiete, Fahrten in die Tiefe des (historischen) Raumes hinein, dazu ein nüchtern vorgetragener Parcours durch die Sitten- und Verbrechensgeschichte bundesrepublikanischer Großindustrie. Der einzige Langfilm des österreichischen Dokumentarfilmers, eine Koproduktion des WDR, ist zugleich Anlass, an den Redakteur und Ermöglicher Werner Dütsch (1939–2018) zu erinnern, der mit Friedl in engem Kontakt stand und sein Werk geschätzt und gefördert hat. Dütschs Tod jährt sich am 5. Dezember 2019.
MDW (D 1992), AVID (D 1994) und KNITTELFELD – STADT OHNE GESCHICHTE (A/D 1997, 7.12., zu Gast: Philip Widmann) entstanden ebenfalls im Rahmen des Studiums. Als Folge kurzer narrativer Vignetten experimentiert schon MDW – kurz für „Männer der Wissenschaft“ – mit der Dissoziation von Bild und Ton, die für Friedls spätere Filme charakteristisch ist. AVID zeigt den Goldmedaillengewinner im Skeetschießen der -Olympischen Spiele 1972 in München zu drei verschiedenen historischen Zeitpunkten. Eine Montageübung, Materialien zur Analyse des Schießens. Mit KNITTELFELD – STADT OHNE GESCHICHTE, uraufgeführt bei der Duisburger Filmwoche 1997, wird Friedl zum ersten Mal über die Filmhochschule hinaus bekannt. Im Off ist die Geschichte der Familie Pritz zu hören, ein Eskalationsnarrativ immer groteskerer Verbrechen. Im Bild: unscheinbare Orte der Österreichischen Kleinstadt. „KNITTELFELD – STADT OHNE GESCHICHTE ist einer der besten Filme, die ich kenne. Ein Essay über den Zusammenhang von Landschaft und Verbrechen, der es schafft, zugleich anschaulich und diskursiv zu sein. In München, wo wir eine Weile zusammen studiert haben, war der Film wie von einem anderen Stern, ein einschneidendes Erlebnis für mich.“ (Christoph Hochhäusler)
THE „FRONTIER“ OWNERS (USA/D 2008) und SHEDDING DETAILS (USA/D 2009, 7.12., zu Gast: Laura Horelli) sind das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit Laura Horelli. In Gesprächen mit Gewerkschafter*innen und am konkreten Beispiel der entlassenen Reinigungskraft Slavica Tricolic entstehen Materialien zur Untersuchung der Arbeitsverhältnisse in Las Vegas. „Uns geht es um die Arbeit, die in den Hotels und Casinos getan wird. Las Vegas hat 150.000 Hotelzimmer. Wer leistet die Arbeit, die da anfällt? Was lässt sich an der Verwendung des Raumes durch die im Hintergrund und unsichtbar arbeitenden Frauen und Männer, die die Hotels täglich wieder neu erscheinen lassen, ablesen?“ (Horelli/Friedl) (vp)