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RIO BRAVO (Howard Hawks, USA 1959, 1. & 9.5.) Ein Western ohne die Weite der Prärie, als Kammerspiel zwischen Saloon, Hauptstraße und Sheriff-Office angesiedelt: Sheriff John Chance (John Wayne) hat den Bruder des Viehbarons Nathan Burdette festgenommen und muss ihn im Gefängnis festhalten, bis der Marshal kommt und ihm der Prozess gemacht werden kann. Währenddessen belagern die Kumpane des Verbrechers das Gefängnis. Chance hingegen hat nur wenige, die ihm zur Seite stehen: einen Säufer (Dean Martin), einen kauzigen Alten, eine Kartenspielerin auf der Durchreise und einen jungen Cowboy.

WHO’S AFRAID OF VIRGINIA WOOLF? (Mike Nichols, USA 1965, 2. & 10.5.) „What a dump!“ Mit diesem Ausruf gibt Martha (Elizabeth Taylor), nach einem langen und alkoholschweren Abend kaum zu Hause angekommen, den Ring frei für eine weitere Runde des erbitterten Schlagabtauschs mit ihrem Mann (Richard Burton). Ihr „Drecksloch“ wird zu Bühne/Sprungbrett/Katalysator für Anfeindungen, Beschuldigungen und Erniedrigungen in beide Richtungen, befeuert vom anwesenden „Publikum“, einem jungen, nichts ahnenden Paar, das Martha eingeladen hat. Basierend auf dem gleichnamigen, erfolgreichen Kammerspiel-Bühnenstück von Edward Albee inszeniert Nichols die verbale Tour de Force als zwanghafte Ehehölle, als Kriegsfilm.

SEOLGUK-YEOLCHA (Snowpiercer, Bong Joon-ho, Republik Korea 2013, 3. & 20.5.) Der Zug als Lebensraum: In der nahen Zukunft ist der Planet Erde aufgrund einer Eiszeit nicht mehr bewohnbar. Die letzten Überlebenden rasen in einem Zug in irrsinniger Geschwindigkeit und ohne Halt rund um den Erdball und sind dort einer unerbittlichen Hierarchie unterworfen. Während sich im vorderen Zugteil die Reichen luxuriös eingerichtet haben, müssen die Armen in den hinteren Waggons harte körperliche Arbeiten verrichten und ihr Dasein im Dunkeln fristen. Im begrenzten Raum des Zuges entfaltet sich ein Klassenkampf, in dem Wagen für Wagen eine Vorwärtsbewegung entsteht, die sich wie der Zug selbst irgendwann nicht mehr stoppen lässt.

JEANNE DIELMAN, 23 QUAI DU COMMERCE – 1080 BRUXELLES (Chantal Akerman, B / F 1975, 4. & 30.5.) Eine Frau – Jeanne Dielman (Delphine Seyrig), eine Wohnung, drei Tage. Hartnäckig beobachtet die Kamera in langen starren Einstellungen ihre alltäglichen Routinen in einer abgeschlossen scheinenden Welt: aufräumen, Betten machen, Staub wischen, abwaschen, Essen kochen. Am Nachmittag empfängt sie ältere Herren; auch ihre Gelegenheitsprostitution hat einen genauen Platz im präzisen Ablauf des Tages. Zunächst kaum merkbar werden die zeitlich und räumlich rigiden Strukturen am zweiten Tag erschüttert, am dritten Tag kommt es zur unausweichlichen Eskalation. Ein schweigsames, einsames Kammerspiel, dessen Choreografie der Gesten, Bewegungen und Rituale radikal Zeugnis einer emotionalen Erstarrung ablegen.

ROPE (Alfred Hitchcock, USA 1948, 5. & 12.5.) Hitchcocks zahlreiche Dramen auf engstem Raum brachten ihm das Alias „Gott der kleinen Räume“ ein. In ROPE wird aus dem Plural ein Singular: Der Film spielt fast ausschließlich im Wohnzimmer eines Apartments. In geradezu klassischer Kammerspiel-Thriller-Manier vereint Hitchcock Ort, Zeit und Handlung. Letztere entspinnt sich fast in Echtzeit und in einer gefühlten einzigen langen Einstellung (tatsächlich enthält der Film einige Schnitte) um zwei Studenten, die den vermeintlich perfekten Mord verüben wollen, dem Experiment einen Kommilitonen opfern und ihren Philosophieprofessor (James Stewart) auf die Probe stellen.

PO SAKONU (Nach dem Gesetz, Lew Kuleschow, UdSSR 1926, 8. & 17.5., am Klavier: Eunice Martins) Konstruktivistischer Sowjet-Western als Kammerspiel: Fünf Abenteurer suchen und finden am Yukon Gold. Nach zwei Morden sind die Überlebenden mit einem existenziellen Dilemma konfrontiert. Eingeschlossen in einer Blockhütte inmitten von zunächst Eis und Schnee, später umspült von Hochwasser, setzen sie ein „offizielles Gericht“ aus zwei Personen ein, um über den dritten, den Doppelmörder, zu richten. Ein so minimalistisches wie bildgewaltiges Drama, in dessen Mittelpunkt die Schauspielerin Alexandra Chochlowa steht.

THE AFRICAN QUEEN (John Huston, USA 1951, 11. & 15.5.) Eine Flussfahrt durch Belgisch-Kongo kurz nach Ausbruch des 1. Weltkriegs vereint die vermeintlichen Gegensätze: sowohl die konträren Genres – Abenteuerfilm und Kammerspiel –, als auch die ungleichen Protagonisten Rose -(Katharine Hepburn), eine betuliche Missionsschwester, und Charlie (Humphrey Bogart), den ungehobelten Flussschiffer. Der kaum fahrtüchtige, titelgebende Kutter wird als Dritter im Bunde zum beengten Schauplatz einer so gefährlichen wie komödiantischen Reise zur emotionalen Befreiung.

ABSCHIED (SO SIND DIE MENSCHEN) (Robert -Siodmak, D 1930, 19. & 23.5.) Ein junges Paar in einem kleinen Zimmer in der Berliner Pension „Splendide“, in der vor allem gescheiterte Existenzen oder vom Leben Enttäuschte untergekommen sind. Auch Hella (Brigitte Horney) und Peter (Aribert Mog) haben mit Problemen zu kämpfen: Für die geplante Heirat fehlt ihnen das Geld. Durch ein verhängnisvolles Schweigen und daraus resultierende Missverständnisse kommt es zum Zerwürfnis. Der erste Ton-Kammerspielfilm überhaupt – Siodmak entwickelt eine so eindrückliche wie realistische Tonkulisse – spielt an einem Tag im Innern einer Wohnung.

NATTVARDSGÄSTERNA (Licht im Winter, Ingmar Bergman, Schweden 1963, 21. & 26.5.) Zwei protestantische Gottesdienste rahmen den Film ein. Viele sind es nicht mehr, die ihre Hoffnung auf den christlichen Gott setzen. Ein Fischer in Begleitung seiner Frau sucht das Gespräch mit dem Pastor Tomas Ericsson, da ihn Ängste um einen möglichen Atomkrieg quälen. Ericsson vermag kaum Trost zu spenden, zweifelt er nach seinen Kriegserlebnissen und dem Tod seiner Ehefrau doch selbst an der Existenz Gottes. Der Fischer begeht Suizid, zum Abendmahl im Nachbardorf erscheint nur noch eine Person: die Lehrerin Marta, eine frühere Geliebte, deren Zuneigung Ericsson zurückweist. Das existenzielle Drama um den Verlust der Liebe und des Glaubens ist der Mittelteil einer von Bergman selbst so bezeichneten Kammerspiel-Trilogie (neben Såsom i en spegel und Tystnaden).

SCHLAGENDE WETTER (Karl Grune, D 1923, 22.5., am Klavier: Eunice Martins) Die Bergmannstochter Marie wird schwanger vom Kindsvater verlassen und vom eigenen Vater aus dem Haus gejagt. In ihrer Not nimmt der Bergarbeiter Thomas sie bei sich auf. Er heiratet sie und will auch für das Kind sorgen. Als der Verführer George wieder auftaucht, kommt es zu Spannungen zwischen den beiden Männern und in den engen Bergwerksstollen zur finalen Konfrontation. Für das Eifersuchtsdrama mit einer präzisen Milieuschilderung ließen Regisseur Karl Grune und Architekt Karl Görge ein labyrinthisches Bergwerk bauen.

POSLESLOWIJE (Das Nachwort, Marlen Chuzijew, UdSSR 1983, 24. & 29.5.) Schwiegersohn und Schwiegervater, der in Moskau eigentlich seine Tochter besuchen will, stehen sich gegenüber. Da sich diese auf Dienstreise befindet, beginnt ein Annäherungsprozess zwischen dem begeistert, interessiert und geradezu rastlos an allem Anteil nehmenden Schwiegervater und dem irritierten bis verständnislosen Schwiegersohn. „Das Ergebnis: ein meisterhaftes Kammerspiel zwischen Telefon- und Schreibmaschinenterror, klaustrophobisch, explosiv und reich an umstürzlerischem Potenzial. Zudem ein Kommentar zum Leben unter Breschnew.“ (Barbara Wurm)

UNITED RED ARMY (Wakamatsu Koji, Japan 2007, 25. & 31.5.) Die titelgebende United Red Army war eine der militantesten Gruppen der radikalen Linken im Japan der 60er- und 70er Jahre. Ihren Weg in die Radikalisierung und Selbstzerstörung zeichnet Wakamatsu in drei Akten nach, die in einer mehrtägigen Verschanzung in einer Skihütte kulminieren, in der nicht nur Polizisten, sondern mehrere eigene Genossen ums Leben kommen. Die inquisitorische Hölle der Trainingslager in den verschneiten Bergen ist als klaustrophobisches Kammerspiel inszeniert. Das aus der Perspektive der eingeschlossenen Militanten gefilmte Gefecht um die Skihütte schließlich symbolisiert das Scheitern einer Bewegung, die sich hoffnungslos verrannt hat. (mg/al)

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