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„Make them laugh!“ – Diesen Aufruf haben sich offensichtlich bereits die Brüder Lumière zu eigen gemacht: Das erste Lachen der Filmgeschichte sieht man im kurzen Sketch L’arroseur arrosé von 1895. 125 Jahre später hat das Kino das Lachen in unendlicher Weise diversifiziert, potenziert, dekliniert, manipuliert. Gelacht wird nicht mehr nur in Komödien – pars pro toto sei hier nur der klassische „comic relief“ erwähnt, der auf dem Höhepunkt größter filmischer Spannung, Furcht, Trauer etc. eben diese Emotionen in einem Moment des Lachens auflöst. Neben Filmen von und mit großen Komiker*innen wirft das Programm auch einen Blick auf vermeintliche (indes nicht minder komische) Seitenlinien der Filmgeschichte sowie auf die unterschiedlichen Variationen des Lachens: zwischen Befreiung und Beklemmung, mal aus vollem Halse und dann genau dort steckenbleibend, eruptiv oder hintergründig.

RADIO NO JIKAN (Welcome Back, Mr. McDonald, Koki Mitani, Japan 1997, 1. & 5.1.) Kurz vor der Livesendung des Hörspiels „Die Frau des Schicksals“ verlangt die Sprecherin der Hauptrolle, dass ihr Rollenname in Mary Jane geändert wird. Alle geraten in Panik, denn der ausländische Name bringt die Geschichte völlig durcheinander. Überraschende Wendungen bei laufender Sendung führen dazu, dass aus dem Melodram über eine sich auflösende Ehe eine wilde Actiongeschichte wird. RADIO NO JIKAN ist eine ausgelassene Komödie, in der die Eitelkeiten der Darsteller ein harmloses Hörspiel in einen Reigen hysterischer japanisch-amerikanischer Verwicklungen verwandeln.

ZISPERI MTEBI ANU DAUDSCHEREBELI AMBAWI (Blaue Berge oder Eine unwahrscheinliche Geschichte, Eldar Schengelaia, UdSSR/Georgien 1983, 2. & 13.1.) Ein baufälliges Verlagsgebäude in Tiflis. Die Lektoren spielen Schach oder spinnen Intrigen, nur Manuskripte lesen sie nicht. In diese realsozialistische Idylle platzt ein junger Angestellter mit seinem ersten Manuskript. Nach langer Zeit tritt der Lektoratsrat zusammen, um über das Manuskript zu beraten. Niemand hat es gelesen, jeder schließt sich der Meinung des Vorredners an: Über das Manuskript müsse beraten werden. Die Satire über Bürokratie, Spießertum, Faulheit und Schlendrian im real existierenden Sozialismus steigert sich in immer ritualisierter erscheinenden Wiederholungen zur absurd-surrealen Parabel.

RIGHT NOW, WRONG THEN (Hong Sang-soo, Südkorea 2015, 3. & 19.1.) Ein Mann und eine Frau lernen sich kennen. Die Annäherung verläuft verheißungsvoll, bis sich Missverständnisse und falsche Tonlagen häufen. Beim zweiten Versuch – Hong Sang-soo lässt seinen Film in der Hälfte einfach nochmal beginnen – gelingt durch kleine Verschiebungen und Variationen eine ganz andere Art der Kommunikation. Mit komödiantischer Leichtigkeit seziert der Film menschliche Unzulänglichkeiten, groteske Fehleinschätzungen und verunglückte Gespräche.

LA VIE DE BOHÈME (Das Leben der Bohème, Aki Kaurismäki, F/D/Finnland 1992, 4. & 9.1.) Das Künstlerleben der drei Protagonisten ist nicht wirklich heiter: Der Schriftsteller Marcel kann weder seine Miete bezahlen, noch findet er einen Verleger, der albanische Maler Rodolfo büßt zwischenzeitlich seine Geldbörse und dann auch noch sein Visum ein und obwohl der irische Komponist Schaunard ein Dach über dem Kopf hat, besitzt er einzig ein heillos verstimmtes Klavier. Dem melancholischen Setting ist nur mit Freundschaft, Liebe und kleinen filmgeschichts-zitierenden Fluchten zu begegnen, die innerhalb des Melodrams für die Charaktere des Films wie auch die Zuschauer*innen Inseln der Lakonie, des Humors und des Lachens freilegen.

MAN ON THE MOON (Miloš Forman, USA/GB/D/J 1999, 7. & 14.1.) Der US-amerikanische Komiker Andy Kaufman polarisierte in den 70er Jahren das Fernsehpublikum. Seine Parodien und Gesangseinlagen begeisterten und verstörten die Zuschauer*innen, weil Ernst und Parodie oft nicht voneinander zu unterscheiden waren. Eine Wrestling-Show gegen Frauen machte ihn zum „Man They Love to Hate“ und leitete sein Karriereende ein. Kaufman starb 35-jährig an Krebs, was zunächst ebenfalls für eine Inszenierung gehalten wurde. „Man kann dem Erbe Andy Kaufmans, der weithin vergessen ist (war), wohl kein schöneres Denkmal setzen, als mit diesem Film die Leute ebenso vor den Kopf zu stoßen wie dieser Man on the Moon es zu seinen Lebzeiten getan hat. Um das zuwege zu bringen, braucht man für diese schwierige Rolle einen begnadeten Darsteller, und Forman hat ihn in Jim Carrey zweifellos gefunden.“ (Andreas Ungerböck)

PREBROJAVANE NA DIVITE SAIJZI (Die Zählung der wilden Hasen, Eduard Sachariew, Bulgarien 1973, 8.1.) Genialisch subversiv, beißend sarkastisch, dementsprechend vor der Wende in Bulgarien zeitweilig verboten und seit den 90er Jahren ein Kultfilm: Ein Vertreter der Bezirksbehörde hat es auf die Wildhasen in und um das bulgarische Nest Jugla abgesehen. Zur Erfassung des „nationalen Reichtums“ sollen diese gezählt werden, so jedenfalls lautet der Befehl „von oben“, der unverzüglich ausgeführt werden muss. Auch wenn der Dorfalltag darüber zusammenbricht, werden alle Männer mit Fangnetzen in die umliegenden Kohlfelder abgeordnet. Der groteske Leerlauf der sich verselbstständigenden sozialistischen Bürokratie endet mit einem Bankett unter freiem Himmel, Hochprozentigem und als einziger Antwort auf den Wahnsinn: jeder Menge Lachen diesseits und jenseits der Leinwand.

WORST CASE SCENARIO (Franz Müller, D 2014, 15. & 17.1.) Eine Selbstreflexion des Kinos und einer der lustigsten deutschen Filme der letzten Jahre: Die Dreharbeiten zu einer Komödie während der Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen geraten für den Regisseur zum Worst Case Scenario: Seine Produzentin überwirft sich mit ihm und zieht die zugesagte Finanzierung zurück, die Kostümbildnerin, von der er sich vor sechs Wochen getrennt hat, ist von ihm schwanger, erste Schauspieler reisen ab und die polnischen Laiendarsteller sprechen kein Deutsch. „Entstanden ist eine federleichte Meta-Sommerkomödie, ein weitgehend improvisierter Film übers Improvisieren, getragen von einem wunderbaren Schauspielerensemble, in dem Profis mit Til-Schweiger- und Tarantino-Erfahrung wie Samuel Finzi und Eva Löbau neben Laiendarstellern agieren.“ (Lukas Foerster)

SAFETY LAST! (Ausgerechnet Wolkenkratzer, Fred Newmeyer, Sam Taylor, USA 1923, 18.1., am Klavier: Eunice Martins) Harold Lloyds berühmteste Komödie: Mit großen Ambitionen zieht der junge Harold vom Land in die Großstadt. Dort hofft er auf beruflichen Erfolg, um seine Freundin möglichst bald heiraten zu können. Als diese ihren Besuch ankündigt, ersinnt er eine spektakuläre Werbestrategie, die aber dazu führt, dass er in einer atemberaubenden Slapstick-Nummer selber in die Rolle eines Fassadenkletterers schlüpfen muss.

LES AVENTURES DE RABBI JACOB (Die Abenteuer des Rabbi Jakob, Gérard Oury, F/I 1973, 21. & 24.1.) Der herrschsüchtige Geschäftsmann Victor Pivert (Louis de Funès) macht kein Geheimnis daraus, dass er für Ausländer und Andersgläubige nichts übrig hat. Als sein jüdischer Chauffeur Salomon mit Beginn des Sabbats seine Arbeit niederlegen will, entlässt ihn Pivert kurzerhand. So ist er auf dem Weg zur Hochzeit seiner Tochter nicht nur plötzlich auf sich allein gestellt, sondern auch in eine politische Intrige verwickelt, die dazu führt, dass er als Rabbiner verkleidet vor der französischen Polizei und einem arabischen Geheimdienst fliehen muss. Der vierte und letzte gemeinsame Film von Gérard Oury und Louis de Funès war der Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit: eine temporeiche Verwechslungskomödie voller Situationskomik, deren Arsenal an skurrilen Einfällen geradezu unerschöpflich erscheint, und einem großartigen, wie ein Irrwisch durch den Film rasenden Louis de Funès.

THE PRODUCERS (Mel Brooks, USA 1968, 22. & 25.1.) Der erfolglose Broadwayproduzent Max Bialystock findet mit Hilfe des schüchtern-nervösen Buchprüfers Leo Blum eine todsichere Methode, um endlich zu Geld zu kommen: Mit einigen gutgläubigen Investorinnen – allesamt ältere Damen, denen Bialystock die große Liebe vorgaukelt – lässt sich mit einem Flop mehr Geld machen als mit einem Hit. Das zu diesem Zweck ausgesuchte Musical „Springtime for Hitler“ eines verrückten deutschen Hitlerbewunderers gerät wider Erwarten zum Überraschungserfolg und stellt Bialystock und Blum vor ganz neue Probleme. Eine grell überzeichnete Satire, in der über alles und jeden gelacht werden kann.

THE DEVIL’S BROTHER/FRA DIAVOLO (Hal Roach, Charles Rogers, USA 1933, 16. & 30.1.) Im Italien des 18. Jahrhunderts werden die beiden Vagabunden Stanlio und Ollio von Wegelagerern beraubt. Nach einigen missglückten Versuchen, selbst Leute auszurauben, geraten sie an den gefürchteten Räuberhauptmann Fra Diavolo, der sie gnädig in seine Dienste nimmt. Stan Laurels und Oliver Hardys Version der gleichnamigen komischen Oper ist nicht nur nach Laurels Meinung einer der besten Langfilme des berühmten Duos. Er enthält Stan Laurels legendär gewordenes Fingerwinken, das geradezu infektiöse „Kniechen-Näschen-Öhrchen“-Spiel sowie das Paradestück des Films: die unwiderstehliche Lachorgie im Weinkeller. Kein Film hat je besser bewiesen, dass Lachen ansteckend ist.

MONKEY BUSINESS (Howard Hawks, USA 1952, 28. & 31.1.) Professor Barnaby Fulton (Cary Grant) arbeitet an einer Verjüngungsdroge und ist so in seine Arbeit vertieft, dass er seine Umwelt kaum noch wahrnimmt. Als einer der Versuchsaffen aus dem Käfig ausbricht, schafft er das, was dem Professor bisher nicht gelungen ist: eine hoch wirksame Mixtur zusammenzustellen, die der Schimpanse in den Trinkwasserbehälter des Labors schüttet und so das Leben des bislang nüchternen Wissenschaftlers, seiner Frau (Ginger Rogers) und seiner Sekretärin (Marilyn Monroe) völlig auf den Kopf stellt. Howard Hawks verband in einem seiner komischsten Filme Elemente der Screwball Comedy mit infantilem Humor und Kritik an Jugendkult und Verjüngungskuren zu einer turbulenten, überdrehten Farce.

DIE BERGKATZE (Ernst Lubitsch, D 1921, 29.1., am Klavier: Eunice Martins) Der Leutnant und Verführer Alexis wird von der temperamentvollen Räubertochter Rischka (Pola Negri) in den verschneiten Bergen ausgeraubt. Gedemütigt nimmt er mit seinen Soldaten den Kampf auf, der bald beiderseits zu einem Werben um die Liebe wird. Eine respektlose Satire auf Militarismus und Kadavergehorsam, voller Bildwitz und visueller Originalität. (hjf/mg)

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