"Es ist die Gesellschaft und nicht die Technologie, die das Kino zu dem gemacht hat, was es ist. Das Kino hätte eine historische Untersuchung sein können, oder Theorie, Essay, Erinnerungen. Es hätte genau der Film sein können, den ich in diesem Moment mache."
Guy Debord (1931–1994), Kritiker der "Gesellschaft des Spektakels" (so der Titel seines berühmten Buches aus dem Jahr 1967), Gründungsmitglied und theoretischer Kopf der Situationistischen Internationale, einer Avantgarde-Bewegung des 20. Jahrhunderts (1957–1972), die an den Schnittstellen von Kunst und Politik operierte, hatte ein ambivalentes Verhältnis zum Kino: einerseits sollte es, zusammen mit anderen Formen des Spektakels, zerstört werden, andererseits drehte er zwischen 1952 und 1978 sechs Filme und verstand sich, nicht zuletzt, als Filmemacher. Sein Einspruch gegen das Kino war ein Votum für das nicht entfremdete Leben, die radikale Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen an eine Thematisierung des Kinos und des Mediums Film gekoppelt. Die Hinterfragung des Kinos vor dem Hintergrund des Verhältnisses von Kunst und Gesellschaft, von künstlerischer und politischer Praxis, ist womöglich nicht nur retrospektiv ergiebig, sondern könnte auch aktuelle Diskurse bereichern – ein guter Grund, Debords Filme aus heutiger Sicht zu betrachten.