HELLA HIRSCH UND IHRE FREUNDE von Barbara Kasper und Lothar Schuster erzählt die Geschichte der Hella Hirsch, einer jungen Jüdin aus Berlin, die 1934, mit 14 Jahren, den Widerstandskreis um Herbert Baum kennen lernte.
THE HALFMOON FILES
Der Film ist eine Gespenstergeschichte, ein Dokumentarfilm und eine vielschichtige audiovisuelle Recherche zu den Verflechtungen von Politik, Kolonialismus, Wissenschaft und Medien.
Work in Progress
Nach 18 Monaten Laufzeit findet das von den Freunden der Deutschen Kinemathek e.V. im Programm "Arbeit in Zukunft" der Kulturstiftung des Bundes durchgeführte Projekt "Work in Progress" nun seinen Abschluss: mit einem Kurzfilmprogramm, dem Vortrag "The Controlling Image: Macht des Films. Macht der Arbeit" des New Yorker Filmemachers Eric Breitbart sowie, als Höhepunkt des Abends, der Präsentation des Buchs "Work in Progress – Kinematografien der Arbeit". Der Titel ist doppeltes Synonym für die Prozesshaftigkeit der Arbeitsgesellschaft und der kinematografischen Bestandsaufnahme. Das Buch umfasst die Kapitel Theorie, Kinopraxis sowie einen Filmindex und ist ein Nachschlagewerk für über 400 Filme aller Genres und Formate. Sie zeigen den Wandel der Arbeitsgesellschaft in dokumentarischen, künstlerischen und fiktionalen Bildern, aufgenommen in allen Kontinenten. Eine Reise quer durch die aktuelle Landschaft der kulturellen Kinoarbeit in Deutschland macht an 36 Orten Halt, in denen Filmprogramme im Rahmen von Work in Progress gezeigt wurden. Zu Wort kommen die KinomacherInnen bei ihrer – oft ehrenamtlichen – Arbeit hinter den Leinwänden, von Hamburg bis Bad Tölz, von Köln bis Görlitz. Diese Hommage an die Kinoarbeit wird ergänzt durch Texte, die aus filmtheoretischer Sicht das Spannungsfeld von Film, Kino und Arbeit untersuchen. Unser Dank gilt allen am Projekt Beteiligten, vor allem den Kinos, den KuratorInnen sowie den freien Initiativen und Gruppen.
Zum Kurzfilmprogramm: Nachdem nun bundesweit auf über 50 Leinwänden Menschen bei der Arbeit beobachtet wurden, dreht Paulette Phillips' Referenz an Arbeiter verlassen die Fabrik mit dem Titel CROSSTALK (Kanada 2004), den Spieß um: Die arbeitende Bevölkerung sieht uns an. Auf ihrem Weg von oder zur Arbeit gibt es ein Moment zwischen privat und öffentlich. Um diesen Moment einzufangen, musste Paulette Phillips sich mit der Kamera auf einer Straßenkreuzung positionieren. Grund genug für die eilende Masse, innezuhalten und die Künstlerin bei der Arbeit zu betrachten. Ihre Berufsgruppe steht dann auch im Mittelpunkt der Videoarbeit DIE AUSSTELLUNG von Juliane Zelwies, einer Hommage an die alte Idee der Kulturförderung. Die Welten des Sponsorings und der künstlerischen Praxis versuchen sich zu verbünden. Was für den einen Prestigegewinn bedeutet, ist für den anderen eine glamourös ausgestattete Zwangsheirat. Mit seinen endlosen Großaufnahmen von Knöpfen, Schaltern und Kontrolltafeln und weiblichen Hollywoodstimmen führt dann auch MANUAL (Christoph Girardet, Matthias Mueller, D 2002) die Idee der einfachen Handhabbarkeit des Lebens ad absurdum. Auch WIRKUNGSWEISE TRENNENDER WERKZEUGE von Meggie Schneider ist eine Collage aus Bild und Ton, bestehend aus Lehrfilmmaterial aus den 70er Jahren der DDR, sowie dem kurzen Stück Zelluloid, das zum Einfädeln des Films benötigt wird. Ein Mädchen und ein Junge geben sich mechanischen Arbeiten hin, kommentiert von monotonen Frauen- und Männerstimmen. So wie bei der Bearbeitung der Werkstücke die Späne fallen, materialisiert der Film die innere Projektion der Arbeitenden in Bruchstücken des Zelluloids. Zum Abschluss wird in THE HONG KONG SHOWCASE der Blick des Zuschauers – im Gegenschuss zu CROSSTALK wieder zurück auf die Leinwand gelenkt, – um über die Schulter von Michael Brynntrup in einem Schaufenster einen Menschen bei der Arbeit zu beobachten. (4.10.)
Zeitschrift TEXT-Revue
Wir freuen uns, eine Zeitschrift präsentieren zu können, die der Autor und langjährige Arsenalbesucher Andreas van Dühren vor einiger Zeit ins Leben gerufen hat. Die Zeitschrift TEXT-Revue zeugt von einem kinematografischen Zugang zur Welt, zur Kunst und zur Literatur: Bild- und Textsorten verschmelzen darin zu einem diskursiven, herausfordernden und anregenden Gefüge. Der nun im Vorwerk8-Verlag erschienene Band 5 montiert unter dem Titel "L'art pour l'art" wiederum Beiträge aus Literatur und bildender Kunst, die mit spezifischen Verfahren das Verhältnis zwischen einer vermeintlich freigestellten Kunst und den Ansprüchen einer nachbürgerlichen Gesellschaft, zwischen dem Werk und den Gesetzen des Tausches, dem unvergleichlichen Objekt und den Konformismen des Begehrens aufzeigen. Pierre Klossowskis fundamentaler Essay "Die lebende Münze" (von Foucault seinerzeit als das größte Werk der Epoche bezeichnet) erscheint in neuer Übersetzung, der Filmemacher Harun Farocki ist im Gespräch über Zitat und Montage, Liebe und Geld; die Figur des Dandy wird zum Abschied nochmals beleuchtet, Kunstfelder der Zukunft werden markiert. Anlässlich der Präsentation der neuen Ausgabe präsentieren wir zwei hierzulande unbekannte, aber unbedingt zu entdeckende Werke: Die Arbeit der New Yorkerin Amy Granat stellt ein zyklisches System von Bild- und Tonschleifen dar, während die Kraft in Yannick Kollers Super8-Poems sich aus dem Verhältnis ihrer subjektiven Erlebniswelt und der sichtbaren Textur ihrer Oberfläche speist. (18.10.)
Das Künstlerinnenprogramm
Alle zwei Jahre ist es so weit: Das Arsenal stellt die Stipendiatinnen des Künstlerinnenprogramms der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur aus zwei Jahrgängen vor. Das Förderprogramm ist eine Insel für alles, was es sonst sehr schwer hat: Experimentelles, Abwegiges, Filmisches zwischen Kunst und Kino, Dokumentarisches jenseits der Fernsehnorm. Und vor allem: Arbeiten von Frauen. Unfertige, im Prozess befindliche, aber auch abgeschlossene kurze und abendfüllende Filme und Videos sowie Installationen zeigen, wie komplex und in permanenter Veränderung begriffen das Film- und Videoschaffen in Berlin ist. Die meisten der Künstlerinnen und Filmemacherinnen sind anwesend, um entweder ihre fertigen Arbeiten mit dem Publikum und den anderen Stipendiatinnen zu diskutieren oder ihnen ihre Projekte als Work in Progress vorzustellen und dabei mögliche Reaktionen schon im Produktionsprozess zu erfahren. In diesem Jahr sind dabei: Ute Aurand, Gamma BAK, Cynthia Beatt, Bianka Bertram, Tonia Budelmann, Susanne Bürner, Sun-Ju Choi, Maria Teresa Curzio, Britt Dunse, Anke Fischer, Bärbel Freund, Annette Frick, Karø Goldt, Gabriela Gruber, Eva Könnemann, Brigitta Kuster, Mari Laanemets, Christin Lahr, Renate Lorenz, Eleonore de Montesquiou, Bettina Nürnberg, Marion Pfaus, Deborah S. Phillips, Rossella Pugliese, Gerburg Rohde-Dahl, Claudia Rohrmoser, Anette Rose, Sandra Schäfer, Romana Schmalisch, Amelia Seymour, Merlyn Solakhan, Isabell Spengler, Johanna Straub. Zum Programm erscheint eine gesonderte Programmbroschüre. Unser Dank geht an die Jury, Karin Hoffmann und Tanja Horstmann. (23.–28.10.)
arsenal experimental präsentiert Su Friedrich
Wir freuen uns, dass die New Yorker Experimentalfilmerin Su Friedrich anlässlich eines Berlin-Besuchs im Arsenal zu Gast ist und zwei neuere sowie eine ihrer früheren Arbeiten präsentiert. Struktureller Film und sehr persönlicher Tagebuchfilm, Diskurs und Schaulust, scharfe Kritik und Witz bilden in ihrem Werk Meilensteine lesbischer Filmgeschichte. "SEEING RED (2005) ist der jüngste Film der Avantgardefilm-Veteranin. In diesem, ihrem bislang wohl persönlichsten Film, blickt Friedrich auf ihre Entwicklung sowohl als Frau als auch als Künstlerin zurück. Mit Hilfe eines Filmtagebuchs konfrontiert sie sich mit ihren Unsicherheiten. SEEING RED ist ein Film über die Existenzkrise eines Individuums und gleichzeitig ein Film über die Frage, was die Menschheit mit sich selbst und mit dem vereint, was uns umgibt." (www.outcast-films.com) SEEING RED ist auch ein Film über die Frage, wie Rot aussieht, verwoben mit Bachs Goldberg-Variationen. THE HEAD OF A PIN (2004) offenbart die merkwürdige Gedankenwelt der Filmemacherin und ihrer Freunde, als sie versuchen, etwas über die Natur zu lernen. Der Film beginnt als Untersuchung der Unterschiede zwischen urbanem und ländlichem Leben und wird unerwartet zu einem ironischen Porträt darüber, was passiert, wenn Stadtmenschen einer Landspinne begegnen. "Eine atemberaubende Fahrt durch New York wird von Su Friedrich in ihrem Film RULES OF THE ROAD (1993) in Szene gesetzt. Sie erzählt die traurige, aber auch spielerische Geschichte einer Liebesbeziehung und deren allmählichem Ende. Als Verbindung zwischen den Liebenden als auch zwischen den Getrennten fungiert ein Auto – ein gebrauchter Kombi mit Imitat-Holzverkleidung an den Seiten, ein extrem konventionelles Familienauto und ein ziemlich ironischer Fetisch für ein lesbisches (Ex)Liebespaar." (www.shedhalle.ch) (11.10.)
Rising Stars, Falling Stars
Eine performative Stummfilmpräsentation mit Special Guest Vaginal Davis. Fräulein Davis – in diesem Jahr aus L.A. nach Berlin gekommen, um hier unter anderem mit der Künstlergruppe CHEAP zu arbeiten –, lädt die Liebhaber des frühen Kinos zu einem intimen Abend zu Ehren von Louise Brooks und ihrem Regisseur G.W. Pabst ein. Gezeigt wird der Stummfilmklassiker DIE BÜCHSE DER PANDORA (1928/29). Vaginal Davis begrüßt dazu unsere Stummfilmpianistin Eunice Martins. Nach der Vorführung gibt es einen passenden Empfang im Roten Foyer, mit Fotografien, Musik und Getränken. (21.10.)
13. Bundesweiter Aktionstag der Kommunalen Kinos: Film und Revolte
Die Kommunalen Kinos widmen ihren diesjährigen Aktionstag dem Thema "Film und Revolte". Anlass ist der Beginn der Studentenbewegung vor 40 Jahren. Das Arsenal (kein Kommunales Kino mehr, aber weiterhin Verbandsmitglied) zeigt Helke Sanders semi-autobiografischen Film DER SUBJEKTIVE FAKTOR (1981), in dem sie selbst die Hauptrolle spielt. Mit "zwischengeschnittenen, zeitgenössischen Nachrichtenausschnitten erzählt der Film von den Anfängen der neuen Frauenbewegung in Westdeutschland 1967 bis 1970. Er zeigt nicht nur auf, welche ersten Initiativen von Frauen unternommen wurden, er untersucht auch den sozialpolitischen Kontext, aus denen diese erwuchsen. Er konzentriert sich auf die Protagonistin Anni, die mit ihrem Sohn in eine Studentenkommune zieht. Dort wird sie in theoretische Debatten und politische Aktivitäten der studentischen Linken verwickelt. Währenddessen beginnt sie, ihre eigene Unterdrückung zu erforschen und zählt auf die Hilfe und Unterstützung ihrer männlichen Kommilitonen. Doch stößt sie (wie Sander) auf Gleichgültigkeit und muss sich an andere Frauen wenden." (Julia Knight) (31.10.)
Die gezeichnete Welt
Der Film MALEREI HEUTE (D 2005) von Stefan Hayn und Anja Christin Remmert bildet den Auftakt einer elfteiligen Filmreihe, die Heinz Emigholz im Rahmen seiner Lehre an der UdK im Wintersemester 2007/8 bei uns kuratiert und einleitet. "Seit der Mensch nicht von Brot allein lebt, ernähren sich Millionen von falschen Gedanken. Das Leben, die Welt und ihre Landschaften sind gezeichnet von deren Konsequenzen. Stefan Hayn setzt sich hin und aquarelliert die physischen Auftritte einer dieser exterritorialen Tabuzonen – Plakatwände – und muss dabei erleben, dass Werbeflächen vom Gesetz her geschötzte, geheiligte Bereiche sind, die sogar von Graffittikönstlern respektiert werden. So, als lebten wir nicht in einem laizistischen Staat. MALEREI HEUTE ist als performativer Akt im öffentlichen Raum, und in der filmischen Ausbreitung seiner Dokumente, der Beweis einer selten subversiven Kraft der Affirmation: die Sprachen des Kapitalismus wörtlich nehmen und malen wie Sonnenuntergänge – eine von Werbung gezeichnete, von falschen Gedanken öberzogene Welt als Erste Natur wahrnehmen, die erst einmal zu analysieren wäre, bevor man von einer zweiten redet." (Heinz Emigholz) (30.10.)
In memoriam Rolf Richter
Im Oktober erinnern wir an zwei Abenden (24. & 26.10.) an den Filmkritiker, Filmautor, Dichter und Künstler Rolf Richter (1932–1992), Autor einiger der wichtigsten Defa-Dokumentarfilme, die er zusammen mit Eduard Schreiber realisierte. Rolf Richter gehörte zu den profiliertesten Filmkritikern der DDR. Er wurde 1989 zum Leiter der Kommission für die Rehabilitierung und Wiederaufführung der verbotenen Defa-Filme aus dem Jahre 1965 berufen, er gab dem Filmkunsttheater Babylon neues Profil und übernahm zusammen mit Erika Richter die Redaktion der führenden DDR-Filmzeitschrift "Film und Fernsehen". Rolf Richter war unser Freund, langjähriger Gesprächspartner und – nach 1989 – auch Mitarbeiter, denn er koordinierte die Wiederaufführung der Defa-"Verbotsfilme" im Internationalen Forum der Berlinale 1990; von ihm kam auch die erste Anregung zu dieser Wiederaufführung. Begleitend zu dieser Wiederaufführung stellte er acht denkwürdige Informationsblätter zusammen, davon eines, das nur Dokumente zur Kulturpolitik der DDR und Hintergrundmaterial zur Verbotswelle des Jahres 1965 enthielt. Rolf Richter gehörte zusammen mit Erika Richter zu den treuesten Besuchern des Internationalen Forums der Berlinale, beide konzentrierten sich besonders auf Forums-Filme aus Ländern der Dritten Welt, ihre Textbeiträge und Interviews mit Regisseuren dieser Filme gehören zum Besten, was über das Forum publiziert wurde. Hans-Jörg Rother nannte Rolf Richter "einen exponierten Querdenker der realsozialistischen Filmszene vor der Wende und Spiritus rector beim Bewahren ostdeutscher Kinolandschaft"; "seine Überlegungen kreisten (...) um das Innere der Gesellschaft, deren Ende er hatte kommen sehen und deren Ablagerungen im Bewusstsein keiner neuen Verdrängung anheimfallen sollten"; übergreifenes Thema seiner Filme ist "das Leben unter der Diktatur". Wir zeigen folgende Filme, zu denen Rolf Richter das Drehbuch schrieb: ALPTRAUM (1990, Regie: Kaiss al Zubaidi; "statt einer Mitteilung das Signum einer seelischen Bewegung", Hans-Jörg Rother), THE TIME IS NOW – JETZT IST DIE ZEIT (1987, Regie: Eduard Schreiber; "Eine seinerzeit argwöhnisch geduldete Reflexion im Geist der Friedensbewegung", Hans-Jörg Rother) (24.10.), WIELAND FÖRSTER, DEZEMBER 1979 (1980, Regie: Eduard Schreiber), ICH WAR EIN GLÜCKLICHER MENSCH (1990, Regie: Eduard Schreiber; "Die Gespräche vor der Kamera brechen den Panzer auf, der die Verdrängungen und Ahnungen unter Verschluss hielt.", Hans-Jörg Rother), ÖSTLICHE LANDSCHAFT (1991, Regie: Eduard Schreiber; "Die Besichtigung einer Müllkippe, auf der alles landet, was gestern noch als unentbehrlich galt", Hans-Jörg Rother) (26.10.) – Vor den Filmen wird aus Rolf Richters Filmkritiken und Gedichten gelesen, Einführungen: Ulrich Gregor.