13. Bundesweiter Aktionstag der Kommunalen Kinos: Film und Revolte
Die Kommunalen Kinos widmen ihren diesjährigen Aktionstag dem Thema "Film und Revolte". Anlass ist der Beginn der Studentenbewegung vor 40 Jahren. Das Arsenal (kein Kommunales Kino mehr, aber weiterhin Verbandsmitglied) zeigt Helke Sanders semi-autobiografischen Film DER SUBJEKTIVE FAKTOR (1981), in dem sie selbst die Hauptrolle spielt. Mit "zwischengeschnittenen, zeitgenössischen Nachrichtenausschnitten erzählt der Film von den Anfängen der neuen Frauenbewegung in Westdeutschland 1967 bis 1970. Er zeigt nicht nur auf, welche ersten Initiativen von Frauen unternommen wurden, er untersucht auch den sozialpolitischen Kontext, aus denen diese erwuchsen. Er konzentriert sich auf die Protagonistin Anni, die mit ihrem Sohn in eine Studentenkommune zieht. Dort wird sie in theoretische Debatten und politische Aktivitäten der studentischen Linken verwickelt. Währenddessen beginnt sie, ihre eigene Unterdrückung zu erforschen und zählt auf die Hilfe und Unterstützung ihrer männlichen Kommilitonen. Doch stößt sie (wie Sander) auf Gleichgültigkeit und muss sich an andere Frauen wenden." (Julia Knight) (31.10.)
Die gezeichnete Welt
Der Film MALEREI HEUTE (D 2005) von Stefan Hayn und Anja Christin Remmert bildet den Auftakt einer elfteiligen Filmreihe, die Heinz Emigholz im Rahmen seiner Lehre an der UdK im Wintersemester 2007/8 bei uns kuratiert und einleitet. "Seit der Mensch nicht von Brot allein lebt, ernähren sich Millionen von falschen Gedanken. Das Leben, die Welt und ihre Landschaften sind gezeichnet von deren Konsequenzen. Stefan Hayn setzt sich hin und aquarelliert die physischen Auftritte einer dieser exterritorialen Tabuzonen – Plakatwände – und muss dabei erleben, dass Werbeflächen vom Gesetz her geschötzte, geheiligte Bereiche sind, die sogar von Graffittikönstlern respektiert werden. So, als lebten wir nicht in einem laizistischen Staat. MALEREI HEUTE ist als performativer Akt im öffentlichen Raum, und in der filmischen Ausbreitung seiner Dokumente, der Beweis einer selten subversiven Kraft der Affirmation: die Sprachen des Kapitalismus wörtlich nehmen und malen wie Sonnenuntergänge – eine von Werbung gezeichnete, von falschen Gedanken öberzogene Welt als Erste Natur wahrnehmen, die erst einmal zu analysieren wäre, bevor man von einer zweiten redet." (Heinz Emigholz) (30.10.)
In memoriam Rolf Richter
Im Oktober erinnern wir an zwei Abenden (24. & 26.10.) an den Filmkritiker, Filmautor, Dichter und Künstler Rolf Richter (1932–1992), Autor einiger der wichtigsten Defa-Dokumentarfilme, die er zusammen mit Eduard Schreiber realisierte. Rolf Richter gehörte zu den profiliertesten Filmkritikern der DDR. Er wurde 1989 zum Leiter der Kommission für die Rehabilitierung und Wiederaufführung der verbotenen Defa-Filme aus dem Jahre 1965 berufen, er gab dem Filmkunsttheater Babylon neues Profil und übernahm zusammen mit Erika Richter die Redaktion der führenden DDR-Filmzeitschrift "Film und Fernsehen". Rolf Richter war unser Freund, langjähriger Gesprächspartner und – nach 1989 – auch Mitarbeiter, denn er koordinierte die Wiederaufführung der Defa-"Verbotsfilme" im Internationalen Forum der Berlinale 1990; von ihm kam auch die erste Anregung zu dieser Wiederaufführung. Begleitend zu dieser Wiederaufführung stellte er acht denkwürdige Informationsblätter zusammen, davon eines, das nur Dokumente zur Kulturpolitik der DDR und Hintergrundmaterial zur Verbotswelle des Jahres 1965 enthielt. Rolf Richter gehörte zusammen mit Erika Richter zu den treuesten Besuchern des Internationalen Forums der Berlinale, beide konzentrierten sich besonders auf Forums-Filme aus Ländern der Dritten Welt, ihre Textbeiträge und Interviews mit Regisseuren dieser Filme gehören zum Besten, was über das Forum publiziert wurde. Hans-Jörg Rother nannte Rolf Richter "einen exponierten Querdenker der realsozialistischen Filmszene vor der Wende und Spiritus rector beim Bewahren ostdeutscher Kinolandschaft"; "seine Überlegungen kreisten (...) um das Innere der Gesellschaft, deren Ende er hatte kommen sehen und deren Ablagerungen im Bewusstsein keiner neuen Verdrängung anheimfallen sollten"; übergreifenes Thema seiner Filme ist "das Leben unter der Diktatur". Wir zeigen folgende Filme, zu denen Rolf Richter das Drehbuch schrieb: ALPTRAUM (1990, Regie: Kaiss al Zubaidi; "statt einer Mitteilung das Signum einer seelischen Bewegung", Hans-Jörg Rother), THE TIME IS NOW – JETZT IST DIE ZEIT (1987, Regie: Eduard Schreiber; "Eine seinerzeit argwöhnisch geduldete Reflexion im Geist der Friedensbewegung", Hans-Jörg Rother) (24.10.), WIELAND FÖRSTER, DEZEMBER 1979 (1980, Regie: Eduard Schreiber), ICH WAR EIN GLÜCKLICHER MENSCH (1990, Regie: Eduard Schreiber; "Die Gespräche vor der Kamera brechen den Panzer auf, der die Verdrängungen und Ahnungen unter Verschluss hielt.", Hans-Jörg Rother), ÖSTLICHE LANDSCHAFT (1991, Regie: Eduard Schreiber; "Die Besichtigung einer Müllkippe, auf der alles landet, was gestern noch als unentbehrlich galt", Hans-Jörg Rother) (26.10.) – Vor den Filmen wird aus Rolf Richters Filmkritiken und Gedichten gelesen, Einführungen: Ulrich Gregor.
Peter Nestler
Peter Nestler, der im Juni seinen 70. Geburtstag feierte, ist einer der wichtigsten deutschen Dokumentarfilmregisseure. Seine Filme beschreiben den Alltag und die Arbeitsbedingungen von Menschen, häufig kreisen sie um politische Themen. Da ihm sein gesellschaftlich-politisches Engagement die Arbeit in Deutschland erschwerte, ging Peter Nestler in den 60er Jahren nach Schweden, wo er zahlreiche Filme für das Fernsehen produzierte. Das Filmarchiv der Deutschen Kinemathek bewahrt nahezu das gesamte Werk aus fünf Jahrzehnten auf und freut sich, Peter Nestler am 27. Oktober mit dem Film und im Gespräch mit dem Filmpublizisten Jörg Becker und dem Regisseur Carlos Bustamante vorstellen zu können. Der Eintritt ist frei. (Katrin Kahlefeld) (27.10.) – Eine Veranstaltung der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen. www.deutsche-kinemathek.de
Das Berliner Künstlerprogramm des DAAD präsentiert Marcelo Gomes
Auch in diesem Monat dürfen wir einen Stipendiaten des Berliner Künstlerprogramms des DAAD zu Gast im Arsenal begrüßen. Marcelo Gomes wurde 1962 in Recife im Nordwesten Brasiliens geboren. Er studierte zunächst Journalismus und ging dann nach Großbritannien, um dort an der Universität von Bristol Film zu studieren. Er hat vielfach mit dem Filmemacher Karim Ainouz (vor drei Jahren ebenfalls Stipendiat des Berliner Künstlerprogramms des DAAD) zusammengearbeitet. Wir zeigen Gomes' ersten eigenen Spielfilm, mit dem er 2005 in Cannes in der Reihe "Un Certain Regard" vertreten war: Das Roadmovie CINEMA, ASPIRINAS E URUBUS (2005) spielt in der flimmernden Hitze und gleißenden Helligkeit des Nordostens von Brasilien im Jahre 1942 und erzählt die Geschichte einer Freundschaft zwischen dem deutschen Deserteur Johann und einem Brasilianer. Johann reist mit einem alten Lastwagen durch Brasilien, veranstaltet Wanderkinovorführungen mit Werbefilmen für das Schmerzmittel Aspirin, was er gleichzeitig der Landbevölkerung zu verkaufen versucht. Eines Tages lernt er den Anhalter Ranulpho kennen. (29. & 30.10., in Anwesenheit des Regisseurs) – In Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD.
Tag des audiovisuellen Erbes
Dieses Jahr wird am 27. Oktober der UNESCO-Tag des audiovisuellen Erbes zum ersten Mal offiziell begangen. Das Datum soll weltweit an die "Empfehlung zum Schutz und zur Erhaltung bewegter Bilder" erinnern, die die UNESCO am 27. Oktober 1980 verabschiedet hat. Die Deutsche Kinemathek archiviert und bewahrt seit ihrer Gründung alles, was mit der Geschichte und Technik des Films und zum Teil auch des Fernsehens verbunden ist. Diese Arbeit wird durch Kooperationen maßgeblich unterstützt, z. B. von der FIAF (Fédération Internationale des Archives du Film), die auf internationaler Ebene Projekte bündelt und befördert. Anlässlich des "Tages des audiovisuellen Erbes" präsentiert die Deutsche Kinemathek erstmals in Deutschland die vom Prager Filmarchiv restaurierte Fassung des Fritz-Lang-Klassikers DIE SPINNEN (D 1919/20) viragiert und in neuer Bildqualität. Die beiden Teile des Films begleitet Jürgen Kurz am Klavier. Der Eintritt ist frei. (Katrin Kahlefeld) (27.10.) – Eine Veranstaltung der Deutschen Kinemathek - Museum für Film und Fernsehen. www.deutsche-kinemathek.de
FilmDokument
Bis Mitte der 20er Jahre werden dokumentarische Filme häufig noch bunt eingefärbt. Städteporträts, Industriefilme, hygienische Aufklärungs- und Werbefilme leuchten in Gelb, Grün, Blau, Rot und Sepia – Deutschlandbilder zwischen Tradition und Moderne. Im eleganten Seebad Heringsdorf (Gelb/Orange) ergeht sich das mondäne Berlin, in Neustadt in Sachsen wird Schützenfest gefeiert und für lokale Geschäfte geworben. Während in der Großindustrie feuerrot geschuftet wird, erscheinen die Sehenswürdigkeiten von Nordhausen im Harz in behaglichen Sepia-Tönen. Filme erklären auch in bunten Bildern, wie die Bewohner der rasch wachsenden Großstädte die Anforderungen des modernen Alltags bewältigen und dabei gesund bleiben. Elektrizität und Licht werden zu Metaphern für Forschritt und Moderne; das mehrfarbig viragierte Nachtleben von "Berlin im Licht" inspiriert auch kleinste Landgemeinden, sich ans Stromnetz anschließen zu lassen. Kolorierte Aufnahmen einer Haller-Revue mit Josephine Baker im Admirals-Palast belegen, zu welchen außergewöhnlichen Leistungen die Magier der Farbschablone noch 1928 fähig sind. Danach dominiert sachliches Schwarz-Weiß. Eine Veranstaltung von CineGraph Babelsberg mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv. Einführung: Jeanpaul Goergen. (19.10.)
FilmClub: AUTOPILOTEN - präsentiert von Radio EINS
Stillstand zwischen A2 und A45 – was sich wie der alltägliche Staubericht auf der Autobahn anhört, meint in Bastian Günthers tragikomischem Debütfilm AUTOPILOTEN (D 2007) das ins Stocken geratene Leben von vier Männern: ein frustrierter Vertreter für Badewanneneinstiegshilfen, ein abgehalfterter Schlagersänger, ein rasender Fotoreporter und ein Fußballtrainer, der kurz vor dem Rauswurf bei seinem Verein Schalke steht. Alle vier haben sich in ihrer trostlosen Lage eingerichtet: Sie machen immer weiter, versuchen, die Fassade aufrechtzuerhalten und jagen jedem noch so kleinen Hoffnungsschimmer hinterher. An einem Tag und in einer Nacht auf den Schnellstraßen des Ruhrgebiets kreuzen sich in vier miteinander verwobenen Episoden die Wege der vier Männer. Und irgendwann, zwischen Autobahnen, Raststätten, Einkaufszentren und Fußballstadion scheint es nicht mehr einfach immer weiter zu gehen. (13.10., mit Diskussion)
Japanischer Filmclub
Ein nur selten gezeigter Film des berühmten japanischen Dokumentarfilmers Shinsuke Ogawa und seines Kollektivs, das mehr als 30 Jahre zusammen lebte und arbeitete, steht in diesem Monat auf dem Programm des Japanischen Filmclubs: NIPPON-KOKU FURUYASHIKI-MURA (Japan – Das Dörfchen Furuyashiki, Japan 1982/83). Schauplatz ist ein Dorf im Zao-Gebirge namens Furuyashiki, in dem die Zahl der bewohnten Häuser von 18 auf acht gesunken ist. Die jungen Leute arbeiten alle in der Stadt, deshalb ist Furuyashiki zu einem Dorf der Alten geworden. Ogawa und sein Team haben mehrere Jahre dort gelebt und selbst den Reisanbau erlernt und praktiziert, um die Lebensbedingungen der Bauern richtig verstehen und filmen zu können. Der Film beginnt mit der Erläuterung der Reispflanze und entwickelt sich zu einem Porträt des Dorfes und seiner Bewohner, die nicht nur von der Gegenwart, sondern auch von ihren Erlebnissen im Krieg berichten. (22.10.)
Was ist Kino?
Unter dem Titel "Was ist Kino?" präsentieren die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, die Freunde der Deutschen Kinemathek e.V./Kino Arsenal und die Filmvermittlerin Stefanie Schlüter unter Mitarbeit des museumspädagogischen Bereichs vom 8. bis 12. Oktober im Filmhaus am Potsdamer Platz ein Filmvermittlungsangebot für Schüler von der ersten Klasse bis zur Oberstufe. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche für unterschiedliche Filmformen zu sensibilisieren, ihnen Einblicke in die Filmgeschichte zu vermitteln und ihre Begeisterung für die unterschiedlichen Facetten dieses Mediums zu wecken. Das Programm von WAS IST KINO? besteht aus sechs eigens für das Filmhaus entwickelten Veranstaltungsmodulen, die verschiedene Aspekte filmischen Verstehens behandeln und sich an Schüler unterschiedlicher Altersstufen richten. Infos: www.deutsche-kinemathek.de
Gefördert durch:
Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds
Die internationalen Programme von Arsenal on Location sind eine Kooperation mit dem Goethe-Institut.