Kolloquium: Special effects im deutschen Spielfilm
Trickspezialisten waren an einigen der größten Erfolge der deutschen Filmgeschichte maßgeblich beteiligt. Das diesjährige Kolloquium der Deutschen Kinemathek „Special Effects im deutschen Spielfilm. Der Übergang vom mechanischen ins digitale Zeitalter“ beschäftigt sich mit dem Thema „Special Effects“ nicht nur, weil sie über eine einmalige Sammlung von Objekten und Materialien verfügt, sondern weil viele Klassiker aus ihrer Filmsammlung ohne diese Filmtricks undenkbar wären: Metropolis, Der Student von Prag, Die Frau im Mond …
W wie wüste Filme
Nach acht Jahren in der Versenkung steht das Oberhaupt einer mexikanischen Familie wieder vor der Tür und stürzt die Angehörigen in große emotionale Verwirrung. CRONICA DE UN DESAYUNO (Chronik eines Frühstücks) ist eine absurde Chronik der laufenden Zeit, die mit sarkastischem Witz die Verhältnisse in Mexiko spiegelt. (7. & 10.9.)
Polnischer Club
Musik als Sabotageakt, Widerstand und Subversion spielt (im wahrsten Sinne des Wortes) die Hauptrolle in den beiden Filmen des Polnischen Clubs, den wir gemeinsam mit dem Polnischen Institut Berlin alle zwei bis drei Monate veranstalten. Leonard Buczkowskis ZAKAZANE PIOSENKI (Die verbotenen Lieder, 1947) gilt als der erste Spielfilm, der im Nachkriegspolen entstanden ist. Ursprünglich als klassische Anthologie der polnische Volkslieder konzipiert, deren Text während der deutschen Okkupation von polnischen Widerstandsgruppen umgedichtet wurden, trat die Spielfilmhandlung im Verlauf der Dreharbeiten immer mehr in den Vordergrund. In Rückblenden schildert der Musiker Roman seine Erlebnisse während der Besatzungszeit in Warschau. Als Mitglied einer kleinen Widerstandgruppe transportierten er, seine Schwester und einige Freunde Waffen und Flugblätter und waren am Warschauer Aufstand beteiligt. Die zentrale Rolle des Films kommt jedoch den zahlreichen im Film vorgetragenen populären Volksliedern zu, deren neue Texte sowohl unterhaltsam-patriotisch als auch satirisch-scharf Krieg und Besatzung thematisieren. Aufgrund seiner – wie es hieß – zu milden Darstellung der deutschen Besatzer wurde der Film kurz nach seiner Erstaufführung 1947 wieder zurückgezogen. Nach zahlreichen Veränderungen und Akzentverschiebungen kam der Film ein knappes Jahr später erneut in die polnischen Kinos und wurde zu einem großen Publikumserfolg. (7.9., Einführung: Kornel Miglus) BYL JAZZ (Es war einmal der Jazz, 1981) von Feliks Falk spielt nur einige Jahre später. Anfang der 50er Jahre, gegen Ende der Stalin-Ära, leisten Musiker einer Freizeitband auf ihre Art Widerstand, indem sie bei jeder Gelegenheit verbotenen Jazz spielen. In Falks genau gezeichnetem Zeitporträt triumphieren die Sehnsüchte der Menschen über die politischen Zwänge. (12.9., Einführung: Kornel Miglus) In Zusammenarbeit mit dem Polnischen Institut Berlin
FilmClub
Ein Kreuzfahrtschiff, so würde man meinen, war im real existierenden Sozialismus der DDR nicht vorgesehen. Doch weit gefehlt: Das Kreuzfahrtschiff „MS Völkerfreundschaft“ fuhr von 1960 bis 1985 im Auftrag des FDGB der DDR zur See, vor allem verdienstvolle Arbeiter erhielten die Reise als eine Art Auszeichnung. Ulrike Knorr entführt uns in ihrem Film MS VÖLKERFREUNDSCHAFT (D/Belgien 2005) auf eine imaginierte Reise entlang der alten Reiseroute in Richtung Leningrad. Anhand von Erinnerungen ehemaliger Besatzungsmitglieder und Passagiere, gefundenem Super-8-Material aus den 70er Jahren und Aufnahmen von heute sowie durch Auszüge aus Bordtagebüchern entsteht ein Bild der schwimmenden Insel, das glückliche private Momente genauso enthält wie den allgegenwärtigen Staat im Hintergrund. Eine Auseinandersetzung mit der jüngeren deutschen Geschichte ist auch Ulrike Knorrs Debütfilm GRENZSTEINE (2001), den wir als Vorfilm zeigen. (30.9.) Eine Zusammenarbeit mit Radio EINS
Japanischer Filmclub
Schauplatz von Tsuyoshi Takamines „tropischer Fantasie“ PARADISE VIEW (Blick aufs Paradies, Japan 1985) ist die Insel Okinawa in den 70er Jahren, zu einer Zeit also, in der sie noch als Militärbasis von den USA besetzt war. Der 30-jährige Musiker Reishu hat seinen Job auf dem örtlichen US-Militärstützpunkt verloren. Ito, ein Botaniker aus Tokio, unterrichtet die Dorfbewohner in japanischer Poesie, verliebt sich dabei in Nabee und will sie heiraten. Als herauskommt, dass sie von Reishu schwanger ist, wird die Verlobung aufgelöst, und Reishu muss vor dem Rachedurst von Nabees Brüdern fliehen. Er versteckt sich in einer Höhle, wo er Schweinegras als Droge züchtet und schließlich Opfer eines „Regenbogenschweins“ wird … PARADISE VIEW hat trotz der zahlreichen kuriosen, fantastischen Elemente einen sehr realen Kern: die kulturelle Eigenart Okinawas und besonders der Ryukyu-Inseln. (18.9.)
40 Jahre Star Trek & Raumpatrouille Orion
„Der Weltraum – unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200 …“ Als Produzent und Drehbuchautor Gene Roddenberry am 8. September 1966 mit STAR TREK seine Zukunftsvisionen auf die Umlaufbahn schickte, ahnte er wohl nicht, dass sich diese Fernsehfiktion made in USA bald zur weltweit beliebtesten TV-Serie entwickeln würde. Im gleichen Jahr, nur neun Tage später, startete in Deutschland das Pendant dazu: RAUMPATROUILLE ORION (17. September 1966). Das Fernsehmuseum feiert gemeinsam mit dem Kino Arsenal und dem Science Fiction Sender Sci Fi das 40jährige Jubiläum beider Serien.
Finnischer Club
Die große Schauspielerin des finnischen Films und Hauptdarstellerin in fast allen Filmen von Aki Kaurismäki, Kati Outinen, ist eine Meisterin der minimalistischen Schauspielkunst. Mal lakonisch, mal widerspenstig, immer wortkarg versuchen die von ihr gespielten Figuren Krisen und Rückschlägen zu trotzen, so auch die junge Lissu, die Outinen in ihrem Kinobedüt TÄÄLTÄ TULLAAN ELÄMÄ! (Right on, Man!, 1980) von Tapio Suominen spielt. Zusammen mit Jussi und Pete bildet sie eine Gruppe rebellischer Jugendlicher, die in Helsinki ihr Unwesen treibt. Als sich Jussi und Lissu näher kommen und gemeinsam durchbrennen wollen, kommt es zu einer Katastrophe. (27.9.) In Zusammenarbeit mit dem Finnland Institut
Kino im Kopf
Ab dem 14. September 2006 widmet sich die Ausstellung des Filmmuseums Berlin „Kino im Kopf. Psychologie und Film seit Sigmund Freud“ der vielschichtigen Beziehung zwischen Psychologie und Film, den filmischen Darstellungen psychischer Phänomene und den tieferen Zusammenhängen von Film und Psychologie. Beide nutzen Assoziationen, sie analysieren und konstituieren Identitäten. Für beide gilt: Nicht das Rationale, sondern das Unbewusste, die Wünsche und Triebe sind der Motor vieler Geschichten. In einem umfangreichen Filmprogramm, das sich bis Januar erstreckt (die Schwerpunkte bilden November und Dezember) präsentieren wir im Arsenal ein facettenreiches Programm, das das Verhältnis insbesondere der Psychoanalyse zum Film im Blick hat. Kino wird verstanden als Gegenstand, als Produkt und als Ort der Psychoanalyse.
No Matter how Bright the Light, the Crossing Occurs at Night
Die kollaborativ entwickelte Ausstellung zeigt Produktionen von Natascha Sadr Haghighian, Judith Hopf / Deborah Schamoni und Ines Schaber, die sich auf unterschiedliche Aspekte des Gespenstischen beziehen. Dabei geht es weniger darum, Gespenster sichtbar zu machen, sondern um die Umstände des Verschwindens und Unsichtbarseins – also um Verhältnisse, die Gespenster hervorbringen, um den Entzug des Wirklichkeitsstatus, und um die Bedingungen von Veränderung: denn das Gespenstische destabilisiert die geordneten Verhältnisse zwischen Wirklichem und Unwirklichem, Anwesendem und Abwesendem. „No Matter How Bright the Light, the Crossing Occurs at Night“ ist auch eine Ausstellung über Gespenster der Kunst: über Medialität als Beschwörung und Bannung, animierte Körper, subjektive Prothesen und die „unmögliche“ Notwendigkeit eines Realismus des Gespensts, eines Realismus der Abwesenheit. (Anselm Franke)
40 Jahre Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin
Am Anfang steht ein Bruch. Ein in die Jahre gekommener Wolfgang Petersen sitzt vor einer Horde Journalisten und beantwortet allzu routiniert die immergleichen Fragen. Sujet ist sein neuester Film The Perfect Storm. Wir schreiben das Jahr 2000. Der Hauptdarsteller George Clooney sitzt lässig lächelnd neben seinem Regisseur und verkündet Botschaften, die auf jeden Film zutreffen, den man sich nur vorstellen kann. Die Maschinerie läuft geschmeidig und perfekt. Doch dann meldet sich ein Herr in der hintersten Reihe und fragt Wolfgang Petersen nach seinen Erinnerungen an Holger Meins, den deutschen Terroristen, einen der Köpfe der RAF, dessen Bild bei der Verhaftung sich in jedes bundesrepublikanische Bewusstsein eingebrannt hat. Wolfgang Petersen lächelt befangen – es ist einer dieser filmischen Momente, in denen die Dinge real und echt werden. Am Ende der Inszenierung hat sich von einem Augenblick auf den anderen alles verändert, die Pressekonferenz und alles, was vorher war, ist unterbrochen. Das Gesicht des Regisseurs entflieht an einen anderen Ort, einen Ort der Utopie, einen Ort, der tief in der Erinnerung vergraben liegt. Sichtlich berührt beginnt er zu erzählen, von damals, als Film vielleicht noch Freundschaft war und gleichzeitig Politik, als ein paar Meter Zelluloid noch die Welt verändern sollten.