Vom 17. August bis zum 2. September 2006 findet „Tanz im August 2006 – Internationales Tanzfest Berlin“ statt, veranstaltet vom Hebbel am Ufer und der TanzWerkstatt Berlin. In diesem Rahmen zeigen wir eine kleine Reihe mit filmischen Arbeiten, die in enger Beziehung zum Programm des Tanzfests stehen. Voraussichtlich dürfen wir zu allen Vorführungen Gäste zur Diskussion begrüßen.
Summertime: Festival of Festivals
Auch in diesem Sommer zeigen wir wieder eine Auswahl von Filmen des vergangenen Filmjahres. Es sind Festivalerfolge, aber auch kleinere Filme, die uns gelungen erscheinen. Das Programm bietet anhand einer subjektiven Auswahl die Gelegenheit, die Saison 2005/2006 Revue passieren zu lassen, den einen oder anderen Film wiederzusehen oder aber nachzuholen, was man verpasst hat.
arsenal experimental proudly presents: Michael Snow’s Sshtoorrty or Short Story
Aus dem Programm „Forum expanded“ der diesjährigen Berlinale hat arsenal experimental die neue Arbeit des kanadischen Filmemachers, Künstlers und Musikers Michael Snow übernommen. SSHTOORRTY (in Worten: SHORT STORY, 2005) heißt der 35mm-Film, weil er etwas versucht, was Snow in seiner langen Karriere noch nie gemacht hat: einen narrativen Film. Und wie die meisten beginnt er mit einem Kurzfilm. In einer dreiminütigen Szene liefert ein Künstler ein Bild in die Wohnung seiner Geliebten und wird dabei mit dem eifersüchtigen Ehemann konfrontiert. Es kommt zu Gewalt. Snow faltet die Szene nach ihrer Fertigstellung wie einen Brief in der Mitte zusammen: Anfang und Ende liegen übereinander. Dahinter liegt eine Wiederholungsstruktur, die einen klassischen Kurzfilm zum zwölffachen Loop werden lässt. Der Kinoraum selbst bildet das Vorher und Nachher, das sonst durch ein abendfüllendes Kurzfilmprogramms erzeugt wird. (Sonntags, 20 Uhr)
U, V wie UV-Strahlenfilme
Sonnenstrahlen setzen sich aus mehreren Elementen zusammen: Sichtbare Strahlung (Licht), wärmespendende Infrarot-Strahlung (IR), und ultraviolette Strahlung (UV). Der Projektionsstrahl ist Licht. Es macht sichtbar, was spürbar ist: Man kann sehen, wie die Sonne brennt. Sie bricht das Licht und erzeugt Farbeffekte, die auf Filmmaterial gebannt werden können. HEAT SHIMMER von Arthur und Corinne Cantrill (Australien, 1979) zeigt das flimmernde Farbspektrum. Im Kino breitet sich Hitze aus. Auch in Rainer Werner Fassbinders MARTHA (1973) sieht man an dem grellen, flirrenden Licht, wie sehr die Sonne brennen muss. Sie brennt sich nicht nur in das Filmmaterial, sondern in Marthas Haut. Helmut, der Mann, den sie geheiratet hat, sieht dabei zu. Danach streift er mit seinen Fingern über ihren nackten verbrannten Körper, um sich dann ganz auf sie zu legen. Im Kino breiten sich Schmerzen aus. (12. & 17.7., 2. & 7.8.)
Moving Spirits
"Moving Spirits" ist ein Medienkunstprojekt der Werkleitz-Gesellschaft e.V., in dem neun KünstlerInnen aus Indien und Deutschland sich mit dem wechselseitigen Einfluss spiritueller Ideen zwischen beiden Kulturen auseinandersetzen. Die klassischen Weltreligionen Hinduismus und Christentum bilden jedoch eher den Hintergrund für die Erforschung individueller und hybrider Glaubensvorstellungen. Die drei Videos, eine Auskopplung aus dem Gesamtprojekt, bilden eine abwechslungsreiche Trilogie zwischen Selbstexperiment und filmischer Spurensuche, in der immer wieder die Blickrichtung wechselt.
Magical History Tour – Geschichte des Films in 365 Filmen
Nach der erzwungenen Sommerpause infolge der WM (hoffentlich wurden das Bedürfnis nach Kino und die Neugier auf Filmgeschichte durch diese Unterbrechung neu angestachelt!), setzen wir unsere Filmgeschichtsreihe fort, zunächst mit italienischen Filmen der 50er und 60er Jahre, also aus der Zeit des Post-Neorealismus. Am Anfang stehen zwei Filme des „klassischen“ Neorealismus, die wir nachholen: ANNI DIFFICILI (Schwierige Jahre, 1947) von Luigi Zampa und ROMA ORE 11 (Rom, 11 Uhr, 1952) von Giuseppe de Santis. Letzterer Film ist ein Beispiel des Neorealismus reinster Ausprägung, wie ihn Cesare Zavattini postulierte: Er beschreibt das Schicksal von Menschen, die in den Einsturz eines Treppenhauses verwickelt sind, das infolge des Ansturms zu vieler Arbeitssuchender zusammenbricht. Viele Einzelschicksale werden zu einem Panorama von Zeit und Gesellschaft zusammengesetzt.
arsenal experimental celebrates! Après Cannes: KRISTALL und andere Filme und Videos von Girardet/Müller
Drei Gründe zum Feiern: Der Abschluss der Buch- und Filmtournee „The Memo Book“ zu/mit den Filmen und Videos von Matthias Müller, die Übernahme der gemeinsamen Arbeiten und der Videos von Christoph Girardet in den Verleih arsenal experimental – und nicht zuletzt die Auszeichnung ihres letzten gemeinsamen Films KRISTALL mit dem „Grand Prix Canal+ du court métrage“ beim internationalen Filmfestival in Cannes.
Japanischer Filmclub
Im Juli möchten wir an Shohei Imamura, einen der wohl wichtigsten japanischen Regisseure erinnern, der Ende Mai im Alter von 79 Jahren in Tokio starb. Gleich zwei Mal hat er die "Goldene Palme" in Cannes erhalten (für Nayarama Bushiko/Die Ballade von Narayama, 1983 und für Unagi/Der Aal, 1996). Für NIPPON SENGOSHI – MADAMU ONBORO NO SEIKATSU (Die Geschichte Nachkriegsjapans und das zerrissene Leben einer Barbesitzerin, Japan 1970) bat Imamura die in den 70er Jahren in die USA emigrierte Barbesitzerin Etsuko Akaza, nach Japan zurückzukommen. Sie schildert anhand alter Wochenschauaufnahmen ihre Erinnerungen an die Zeit zwischen 1945 und 1970 in der Bar Omboro in Yokosuka. Ihre Kommentare zeigen den Unterschied zwischen der Bedeutung, die man historischen Ereignissen beimisst und ihrer Bedeutung für eine Person, die sie erlebte – so entsteht ein eindrucksvolles, subjektives Zeitdokument. Imamura befragt sie auch über ihre Karriere – vor 25 Jahren hatte sie mit nichts begonnen, inzwischen hat sie ein Vermögen, während sie von einem Mann zum nächsten wechselte. Imamura interessiert sich für das Subjektive und die Ränder, das, was sich selbst als abweichend zeigt. (10.7.)
Gegenbilder
Formal wie inhaltlich ganz und gar am anderen Ende des Film-/DEFA-Spektrums angesiedelt und sich davon bewusst distanzierend, entwickelte sich Ende der 70er Jahre eine inoffizielle Filmszene in der DDR. Jenseits der staatlichen Medien von Adlershof und Babelsberg griffen Maler, Aktionskünstler, Lyriker oder Musiker auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen zur Schmalfilmkamera. Staatliche Reglementierung und Zensur wurden konsequent ad absurdum geführt, Kunst und Alltag in einzigartiger Weise dokumentiert. „Erst nach 1976, nach dem sog. ‚Biermann- Schock‘, der endlich zu einer Zäsur unter den linken Intellektuellen der DDR geführt hat, konnte es zur Bildung einer authentischen Gegenkultur kommen. Es trat eine völlig neue Künstlergeneration an die (beschränkte) Öffentlichkeit; eine Generation, die sich befreien konnte von den Verklärungen der Aufbaujahre. (…) Es waren zunächst Maler, die Ende der 70er Jahre das brachliegende Medium des Super-8-Films für sich entdeckten. (…) Filmische Artikulationen, die sich der unmittelbaren Kontrolle durch staatliche Institutionen ganz bewusst entzogen, waren in der DDR natürlich nicht vorgesehen. Einer Gruppe Unentwegter, die technische Provisorien und auch Einschränkungen in der beruflichen Entwicklung bewusst in Kauf genommen haben, ist es zu danken, dass heute Dokumente vorliegen, die eine autonome mediale Perspektive auf DDR-Wirklichkeit verkörpern.“ (Claus Löser) Wir freuen uns, am 20.8. das von Claus Löser kuratierte Programm „Gegenbilder“ mit DDR-Untergrundfilmen präsentieren zu können. Seine Auswahl von Kurzfilmen aus der Archiv-Sammlung Ex.Oriente.Lux, Berlin, ermöglicht eine Bestandsaufnahme der filmischen Gegenkultur der DDR.
Film Concerts: Hilla von Rebay und der frühe Avantgarde-Film
Die deutsche Künstlerin Hilla von Rebay (1890–1967) – eine der ersten abstrakten Malerinnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts – war die erste Direktorin des Museum of Non-Objective Painting, dem späteren Solomon R. Guggenheim Museum in New York. Neben der Förderung der gegenstandslosen Malerei war der frühe Avantgarde-Film eines ihrer wichtigsten Anliegen. Drei Filmemacher gaben entscheidende Impulse für Rebays Konzeption eines geplanten Film Centers im Museum: Hans Richter, Oskar Fischinger und Norman McLaren. Hilla von Rebay veranstaltete im Museum of Non-Objective Painting „Film Concerts“, bei denen Werke dieser und anderer Künstler gezeigt wurden. In Zusammenarbeit mit Deutsche Guggenheim und dem Filmmuseum München zeigen wir ein von ihr kuratiertes Programm. Zu sehen sind u.a. Filme von Viking Eggeling, Hans Richter, Oskar Fischinger, Hans Fischinger, Norman McLaren und Len Lye. Ein genaues Programm liegt an den Abenden aus. Die drei im Arsenal veranstalteten „Film Concerts“ finden anlässlich der noch bis zum 10. August im Deutsche Guggenheim zu sehenden Ausstellung „Art of Tomorrow – Hilla von Rebay und Solomon R.Guggenheim“ statt. (19. & 26.7. & 2.8.)