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Ricky Shayne wurde 1944 in Ägypten geboren und wuchs im Libanon auf. Als widerspenstiger Jungstar verunsicherte er erst Rom, dann die damalige Bundesrepublik. In Deutschland begann seine Karriere mit dem Kinofilm 17 Jahr, blondes Haar, das sein damals noch junges Leben als Musiker zwischen Liverpool, Paris und Rom fiktionalisierte (und in dem Udo Jürgens den Titelsong sang). 1971 war es aber Mamy Blue, dessen Version ihn europaweit berühmt machte und gerade auf dem Weg zum Weltstar bringt er in kurzer Zeit mit seiner Sturheit und dem Wunsch, den Schlager hinter sich zu lassen, alles zum Einsturz.

In SHAYNE tritt der Regisseur Stephan Geene selbst auf, denn es ist auch seine Auseinandersetzung mit dem Idol, das ihn im Alter von elf so aus der Fassung brachte. Der Film zeigt die wilde Unbekümmertheit des Sängers zu Zeiten seines Erfolges, aber auch die Widersprüche seiner Person und seiner gesellschaftlichen Rollen.

Projektseite zum Film SHAYNE

SHAYNE auf arsenal 3

Silvia Szymanski über SHAYNE, auf critic.de

"Ein Film über und mit Ricky Shayne. Und Shayne kommt auch zur Berlinale. Der Gedanke macht mich immer noch nervös. Ricky Shayne sprengte von 1967 bis 1972 das Format der ZDF-Hitparade mit seiner rauen Bluesstimme, seiner auffälligen männlichen Schönheit, musikalischen Glaubwürdigkeit und echtem Glanz. Nichts gegen Schlager, die das Gegenteil verkörpern. Aber Shayne war anders. Mehr Dimensionen. Mehr Rebellion. Und auch mehr Dunkelheit. Man sah, er kam von ganz woanders her, und damit meine ich nicht seine vielen geografischen Heimatländer. Ich meine Soul, Rock’n’roll und Beat. Haschisch, Feuer, Glut und Liebe. Obwohl er in Deutschland mit Schlagern auftrat, hatte er im Geiste diese kleine Meute jaulender und eiernder Beatgitarren um sich, die tanzten, sich verrenkten und die Zuhörer ins Rutschen brachten. Shayne war in Kairo geboren, in Beirut aufgewachsen, in Rom während der Beat-Welle zum Star geworden. 1966 spielte er die Hauptrolle, einen Mod, in Franco Montemurros schönem Film Siebzehn Jahr, blondes Haar, neben dem auch noch sehr jungen und freudig lebendigen Udo Jürgens. Shayne war nur zum Schein ein Schlagerstar. Man sah ihm stärker an als den Kollegen, dass er ein echter Mensch war. Man spürte, dass vieles nur halb zum Ausdruck kommen konnte, aber in ihm rumorte.

Der Filmemacher und Ricky-Shayne-Fan Stephan Geene war zu der Zeit 10 Jahre alt. Nun, mehr als vierzig Jahre später, hat er ein serielles Porträt von Shayne gemacht. Nachdenklich, experimentell, 6 Teile, 120 Minuten. Ich habe den ersten Teil gesehen: Man sieht Shaynes Söhne Tarek und Imran (beide heute so alt wie Shayne damals), wie sie, anhand alter Fotos und Filmaufnahmen, versuchen, ihren Vater nachzuspielen, nachzuempfinden. Und ihm dabei immer ähnlicher werden, bis zum Verwechseln. Man sieht sie im Kostüm des Vaters – schwarze Samtjacke mit arabesken Goldstickereien, oben weit aufgeknöpft, Brusthaar – verloren in der modernistischen Architektur des „Hauses der Kulturen der Welt“. Und fühlt mit, wie das ist: Als Mann der berauschenden Seventies und ihrer schönen Illusionen und Visionen nun seit mehr als vierzig Jahren mit einem cold turkey hier herumzugehen (so Kerstin Cmelka, Kommentatorin in Geenes Film).

Ricky Shayne sieht heute ganz anders und nicht minder aufregend aus als damals. Er hat ein bekümmertes, ernstes Gesicht; die Info zu Geenes Film spricht von seinen „Abbrüchen und Doppeldeutigkeiten“. Der erste Teil der Serie endet mit Shaynes großartiger Albumversion des rührenden Hits der Hollies: „He ain’t heavy, he’s my brother“ (1972) Und mit einem langen Blick Ricky Shaynes in die Kamera, in dem ein solcher Schmerz steht, dass es einem tief ins Herz beißt."

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