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Mitte Dezember ist der letzte Spieltag des Arsenal am Potsdamer Platz, bevor unser Kino für ein Jahr schließen muss. Für diesen Zeitraum sind Kooperationsveranstaltungen in Berlin, deutschlandweit und international geplant, mit dem Ziel, die Netzwerke und Communities aufzuzeigen, die eine lebendige, gesellschaftliche und kulturelle Praxis ermöglichen. Jedes Projekt, jede Einrichtung braucht einen Resonanzraum, um wirken und wachsen zu können. Dazu zählt nicht nur das Publikum, sondern die ganze Vielfalt öffentlicher Kultur. Das gilt auch für das Arsenal.

Im Januar 2026 eröffnen wir unser neues Kino im silent green Kulturquartier, ein nicht mehr wegzudenkender Kulturstandort, der seinen Mietern nicht nur bezahlbare Räume, sondern darüber hinaus vielfältige Möglichkeiten zum kulturellen Austausch bietet. Das silent green ist nun ebenso von den Kürzungen betroffen, wie die benachbarten Institutionen Sinema Transtopia und Savvy Contemporary, mit denen das Arsenal seit Jahren erfolgreich in Projekten zusammenarbeitet, die ohne diese Kooperationen nicht möglich wären. Im Juli dieses Jahres ist das vom Senat geförderte Berliner Programm Künstlerische Forschung in den Berliner Wedding gezogen, das neue Synergien mit sich brachte, u.a. durch Recherchemöglichkeiten im Arsenal Filmarchiv, das seine konservatorische, kuratorische und künstlerische Praxis als nachhaltige Forschung betrachtet. Auch dieses Programm ist in seiner Existenz bedroht.

Der Umzug in den Wedding hat für uns eine starke städtepolitische Bedeutung: Das nachbarschaftliche Umfeld, das wir am Potsdamer Platz nicht hatten, sehen wir dort als existenzielle Chance für die Zukunft. Auch für die Berlinale, an der wir über die Sektionen „Forum“ und Forum Expanded“ beteiligt sind, kann sich hier ein zusätzlicher Hub bilden. Dies waren wichtige Argumente für den neuen Standort.

Lokale Kulturarbeit verbindet den Kiez nicht nur mit der Stadt, sondern mit dem Rest der Welt: Vor 22 Jahren stand das Arsenal, damals noch in der Förderung des Landes Berlin, aufgrund einer angekündigten Kürzung von 20% kurz vor der Schließung. Schnell kamen Protestbriefe aus Berlin, dem In- und dem Ausland. Zum einen bezogen sie sich auf die Bedeutsamkeit der Institution, zum anderen aber auch auf den Kulturstandort Berlin, hatte sich die Stadt doch gerade vor den Augen aller aufgemacht, ihrer Rolle als Hauptstadt gerecht zu werden.

Die Kürzung wurde zurückgenommen, jedoch nur, um das Arsenal gleich darauf in die Verantwortung des Bundes zu übergeben. Durch das Zusammenspiel zahlreicher landes- und bundesgeförderter Institutionen und Förderprogramme für Künstler*innen ist in Berlin seither ein kulturelles Zentrum entstanden, das Menschen aus aller Welt anzieht. Dieser Erfolg kam nicht dadurch zustande, dass alle in Fördergeldern schwelgen konnten. Die meisten Häuser – ob landes- oder bundesgefördert – können damit gerade mal ihre Strukturkosten decken. Sie alle haben sich aber gegenseitig gestützt und inspiriert, haben aus der kollektiven Situation heraus scheinbar unendliche Ressourcen geschöpft und gemeinsam dazu beigetragen, dass Berlin heute nicht nur als Wirtschaftsstandort, sondern vor allem als lebendiges internationales Zentrum für Kultur bekannt ist. Eine Kultur, die Raum für offenen Diskurs bereitstellt, Auseinandersetzung, Streit und (Selbst-)Kritik ermöglicht, eine Kultur, die gesellschaftliche Praxis und gemeinsames Lernen und Wachsen ermöglicht.

Das aufs Spiel zu setzen, noch bevor demokratiefeindliche Kräfte solche Hebel in die Hand nehmen, von denen wir wissen, dass sie kritische Gesellschaftsdiskurse aus der Kultur heraus drängen wollen, halten wir für gefährlich. Gerade jetzt brauchen wir die ganze Vielfalt der Kultur mehr denn je.

Unser Abschiedsprogramm am Potsdamer Platz trägt bewusst die Überschrift „Das kann Kino“. Kino kann: Genau aus dieser Überzeugung heraus bauen wir derzeit einen neuen Saal. Das kostet Kraft. Wir brauchen unsere Mitstreiter*innen im Wedding und berlinweit, die uns stützen und inspirieren. Sie brauchen genauso geschützte Räume wie wir. Die Kultur kann sie bieten, aber nur, wenn der politische Wille dazu vorhanden ist.

Gefördert durch:

  • Logo des BKM (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien)