(Liebe zum Schicksal) Deutschland / Belgien / Ungarn 1996 Regie: Sophie Kotanyi |
138 min., Video, Farbe und s/w
Produktion: Floh-Film Berlin. Co-Produktion: Sender Freies Berlin, Westdeutscher Rundfunk, Centre de l'Audiovisuel de Bruxelles, unterstützt vom Ministère de la communauté française et de la Loterie Nationale, Quality Pictures, Magyar Mozgokep Alapitvany, Magyar Televizio, Magyar Törtenelmi Filmalapitvany. Regie: Sophie Kotanyi. Kamera: Tibor Somogyi, Tibor Klöpfler, Julia Kunert, Anne Perin. Musik: Auszüge aus ,Amor Fati' von Georg Klein. Ton: Mßria Bodmeri. Produktionsleitung Ungarn: Gßbor Sarudi. Assistenz: Anikó Pap, Nora Kerger. Beratung: Péter Forgacs. Schnitt: Eva Houdova, Sophie Kotanyi, Jacqueline Weiss. Sprecher: Helga Lehner, Uwe Müller. Uraufführung: 19.2.1997, Internationales Forum des Jungen Films. Weltvertrieb: Sophie Kotanyi, Möckernstr. 66, D-10965 Berlin, Tel. (49-30) 785 23 84, Fax: (49-30) 785 23 84. |
|
Mi 19.02. 17:00 Arsenal |
Meine Mutter sagt, ich sei geboren, weil Stalin gestorben ist. Danach konnte das Leben nur noch besser werden. Als wir Ungarn verließen, war ich dreieinhalb Jahre alt. Ich habe keine Erinnerungen aus der Zeit.
Meine Eltern gehörten einem Kreis von Intellektuellen und Künstlern an, gruppiert um drei ungarische Philosophen; während des Stalinismus konnten sie ihre religionsphilosophischen Forschungen nur im engsten privaten Bereich und verschlüsselt betreiben; sie sprachen nur noch über Mathematik.
Vierzig Jahre nach unserer Flucht fahre ich mit Mutter, Vater, Schwester und Bruder nach Ungarn, auf der Spur unseres Lebens vor und während der Revolution.
AMOR FATI vermittelt durch Archivbilder und durch die persönlichen Erinnerungen der Familienmitglieder markante Momente der ungarischen Geschichte zwischen 1945 und 1956; wie jeder den Stalinismus erlebte, die Revolution und die Flucht. Kinder oder Eltern, Mann oder Frau, jeder erlebte die gleiche Zeit ganz verschieden vom anderen.
Belgien - die ersten sieben Jahre nach der Flucht.
Eine protokollartige Erzählung vom Auseinanderfallen einer Familie in der Emigration.
Der Film untersucht die Innenwelt der Familie und zeigt deren Entwicklung im Zusammenhang mit den äußeren Verhältnissen. Vater, Mutter, Schwester, Bruder und ich erzählen von unseren ersten Jahren in Belgien, wo wir als politische Flüchtlinge aufgenommen wurden.
Eine Erzählung aus den unterschiedlichen Perspektiven eines sich auseinanderlebenden Elternpaares bis zu deren Trennung. Ein Versuch des Gespräches zwischen Kindern und Eltern über traumatische Zeiten.
Eine Trennungsgeschichte, in deren Verlauf der Vater die Familie schließlich verläßt, in der die Mutter mit drei Kindern alleine bleibt. Die heute erwachsenen Kinder erinnern sich an das Auseinanderfallen der Familie. Nach vielen Jahren ruft der Vater nach Versöhnung. Jedes Familienmitglied verarbeitet diese Zeit auf eigene Weise, aber ein gemeinsamer Geist bleibt spürbar.
Heute leben die Familienmitglieder verstreut in verschiedenen Städten Europas, in verschiedenen Kulturen, sprechen verschiedene Sprachen. ,Heimat' bedeutet für jeden etwas ganz Unterschiedliches.
Erinnern ist wie das Zusammensetzen eines zerbrochenen Spiegels: Manches kommt zusammen, manche Splitter passen nicht zueinander, es bleiben dunkle Flächen. Es kommt soviel zur Sprache, wie man gerade aushalten kann. So bleibt das Erinnern und das Drehen eines Filmes immer eine ,Moment'-Aufnahme. Nichts Absolutes, etwas Vergängliches. Ich hoffe, daß das auch im Film deutlich wird. Das Unsagbare muß einen Raum behalten können, als einzige Bedingung, einen solchen Film überhaupt machen zu können. Das respektieren zu können, verdanke ich meinen Eltern.
(Sophie Kotanyi, Januar 1997)
Sophie Kotanyi wurde 1953 in Budapest geboren und wuchs nach ihrer Flucht aus Ungarn 1957 in Brüssel auf. Seit 1971 lebt sie in Berlin, wo sie ein Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie absolvierte. Im Zusammenhang mit den Dreharbeiten zu Kapverdische Inseln Unabhängig lebte sie längere Zeit in West-Afrika. 1976 gründete sie die Pico Film Coop. Inzwischen lebt Sophie Kotanyi wieder in Berlin, wo sie als Regisseurin von Dokumentarfilmen, Fernseh- und freien Produktionen arbeitet.
1976-1978: Kapverdische Inseln Unabhängig. 1982: Tchom (mit G. Heidrich und U. Frohnmeyer). 1983: Schwarz Weiss Malerei (Abschlußfilm DFFB, 40 Min.). 1985: Dis moi Marie (Porträt der Schriftstellerin Marie Denis, 30 Min.); Einklang. 1985-86: Beiträge für das Tanzmagazin von TTT (HR). 1986-1991: Langzeitbeobachtung in Guinea-Bissau (West-Afrika): Djarama Boe, Yaray Yesso. 1991-1994: Lieber nach Osten als nach Kanada (Langzeitdokumentation). 1983-1997: AMOR FATI.
© 1997 Internationales Forum des Jungen Films. Alle Rechte vorbehalten. |