Die Filmauswahl für das 28.
Internationale Forum des Jungen Films ist in vollem Gange. Das kommende
Forums-Programm verspricht mit Filmen aus allen Kontinenten eine formenreiche
und spannende Auseinandersetzung mit den globalen Veränderungen der
Gegenwart. Die Beschäftigung mit Geschichte, Politik und den Herausforderungen
der Zukunft steht bei zahlreichen der bereits ausgewählten Filme im
Vordergrund.
Der Amerikaner Michael Moore, dessen Polit-Satire
Roger and Me im Forum 1990 Furore machte, unternimmt mit seinem
jüngsten Film THE BIG ONE eine Tour d'Horizon durch die Verheerungen
liberaler Wirtschaftspolitik in seinem Land. Als geborener Stand-up-Komiker
entdeckt Moore in der bitteren Wirklichkeit stets das Groteske und zieht
mit unerschütterlichem Optimismus gegen die Managerkultur zu Feld.
Eine historische Würdigung und zugleich
Zukunftsmusik ist der Spielfilm CONCEIVING ADA der US-Avantgardistin
Lynn Hershman, in dem eine Cyberspace-Künstlerin virtuellen Kontakt
mit der Vergangenheit aufnimmt. Die britische Schauspielerin Tilda Swinton
spielt in diesem faszinierenden Film- und Videoexperiment die Gräfin
Ada Byron, die im Jahre 1843 erdachte, was heute als das erste Computerprogramm
der Geschichte gilt.
Mit sechs Stunden Dauer, sieben Kapiteln,
einer Entstehungszeit von mehr als zehn Jahren und einer unvergleichlichen
Fülle von historischem Bildmaterial steht Ron Havilios FRAGMENTS
* JERUSALEM / SHIVREI T MUNOT YERUSHALAIM im Zentrum des Forums-Programms.
Die Historie der Stadt Jerusalem und die wechselvolle Familiengeschichte
des Regisseurs verknüpfen sich hier zu einem exemplarischen Essay
über die Antriebskräfte der Zivilisation.
Einen in mehrfacher Hinsicht utopischen
Film zeigt das Forum mit der Uraufführung von Rudolf Thomes TIGERSTREIFENBABY
WARTET AUF TARZAN , in dem ein seltsamer Besucher aus der Zukunft eine
Handvoll Erdenbewohner zur Suche nach dem persönlichen Glück
inspiriert.
Seit seinen Anfängen hat sich das
Forum für das junge japanische Kino engagiert. Der Regisseur Masashi
Yamamoto war bereits vor elf Jahren mit dem Film Robinsons Garten
Forums-Gast. In einem exzentrischen Panorama der Außenseiter und
Verirrten im nächtlichen Tokio zeichnet Yamamotos jüngster Film
JUNK FOOD in scharfen Konturen die explosive Stimmung in einer Gesellschaft
zwischen den Extremen von Globalisierung und Tradition.
Der Niederländer Johan van der Keuken
ist zum wiederholten Male Gast des Forums. Nach dem vierstündigen
Amsterdam Global Village wirft auch TO SANG FOTOSTUDIO einen
einfühlsamen Blick auf die multikulturelle Stadt. Der halbstündige
Kurzfilm wird durch Ramon Gielings LEVEN MET JE OGEN ergänzt,
ein kenntnisreiches Porträt des Filmemachers van der Keuken und seines
Werks, das Kultur- und Landesschranken ebenso selbstverständlich überschreitet
wie die Grenze zwischen Dokumentar- und Spielfilm.
22. Dezember 1997 |