Mit Arbeiten von Adel Abidin, Anna Kutera, Anri Sala, Bady Dalloul, Bodo Pagels, Dana Enani und Nadine El Banhawy, Dorothee Wenner, Filipa César mit Sana na N’Hada und Zé Interpretador, Fiona Tan, Haytham El-Wardany, Kamal Aljafari, Lawrence Abu Hamdan, Maria Iorio und Raphaël Cuomo, Martin Ebner, Nihad Kreševljaković und Clarissa Thieme, Randa Megahed, Sanaz Sohrabi, Walid Raad, und weiteren.
Kuratiert von Kayfa ta (Maha Maamoun und Ala Younis)
26.8. bis 12.9.2021 bei SAVVY Contemporary, Eröffnung 26.8. 19:00
Was ist tote Zeit? In der Physik ist Totzeit ein technischer Begriff, der sich auf die Zeit bezieht, die aufgrund einer mechanischen Verzögerung des Aufnahmegeräts vergeht, ohne von unseren Detektoren aufgezeichnet zu werden. In diesem Sinne ist tote Zeit nicht aufgezeichnete Zeit. In der Geschichte könnte sich tote Zeit auf jene Zeit beziehen, die aufgrund einer vorsätzlichen Auslöschung aus den Überlieferungen verschwunden ist, weil sie innerhalb der gewollten Kanonisierung der Geschichte für unwürdig oder unpassend erklärt wurde. Sie kann sich auch auf eine Zeit beziehen, die nicht berücksichtigt wird, weil die materiellen Aufzeichnungen, die ihre Existenz belegen würden, durch Verlust oder Verfall nicht mehr vorhanden sind oder im Verborgenen liegen. Ferner könnten die Aufzeichnungen jener Zeit in einer Form existieren, die für unsere Geräte nicht lesbar ist, in einer untergeordneten Sprache, geäußert von nicht anerkannten Subjekten oder Subjektivitäten, und eingefasst in subsidiäre Medien. Alternativ dazu kann tote Zeit auch die Zeit sein, die sich absichtlich unseres Zugriffs entzieht, durch ein „sich tot stellen“ in Erwartung einer passenderen Zeit, in der sie sich wieder in den Geltungsbereich des Lebens einfügt. In allen hier genannten Fällen ist Zeit nicht in sich selbst tot, sie ist nur von uns abgeschottet aufgrund unseres Unvermögens, sich mit ihr zu befassen.
1. If you sit in your room for hours on end with nothing to do, place an empty cassette tape in the player and press the record button.*
Die Ausstellung enthält Zeitfragmente, die inaktiv sind, die sich den Aufzeichnungen entzogen haben, oder die im Begriff sind, von den Medien, die sie vorübergehend beheimatet haben, wiederaufzuerstehen. Zu solchen Medien zählen 16-mm-Filme, 3-D-gedruckte Kassetten, Material aus Überwachungskameras, koloniale Fotoarchive, menschliche Körper, der Schrank eines Juweliers, Streichholzschachteln, die Lagerräume des Louvre Museums, VHS-Kassetten, ein persischer Teppich und viele andere.
Wir besuchen und benutzen keine abgeschlossene Materialsammlung: Vielmehr ist dieses Archiv der Zeitlichkeiten auch ein immaterielles ausgedehntes Wesen, das sich entschieden hat, uns zu besuchen und zu benutzen, unsere Körper zu animieren und möglicherweise die Narrative des Selbst, des Ortes und der Zeit zu erweitern.
7. Listen one more time. Note that what you are hearing is the sound of long, empty hours, and that the new-found meaning that you have gradually grown accustomed to is that very emptiness you had been experiencing, now abstracted from your feelings, and thoughts, and presence. You will discover that emptiness is not in itself an absence of all meaning, but rather your inability to understand new meaning.**
* Der Titel der Ausstellung und dieses Zitat entstammen „How to find meaning in dead time“, eine der Übungen in Haytham El-Wardanys Manual (2013): How to disappear, in: Kayfa ta, Kairo, S. 23.
** Ebd. S. 24.
Informationen zu allen Arbeiten finden Sie in der Festivalbroschüre (Download PDF).