Deutschland 1996 Regie: Barbara Junge , Winfried Junge |
141 min., 35mm, 1:1.37, Farbe und s/w, WP
Produktion: A Jour Film- und Fernsehproduktion, Berlin. Buch: Barbara und Winfried Junge, nach einer Idee von Karl Gass. Kamera: Hans-Eberhard Leupold, Harald Klix, W. Randel, W. Dietzel, R.Worell. Schnitt: Barbara Junge. Ton: P. Sosna, H. Dinter, J. Huschenbett, M. Zielinski, E. Pfaff, U. Fengler, J. Abel, W. Heise, T. Bachmann, U. Haußig, E. Dornmeyer, P. Stanislawski, K. Füller, W. Schütze, E. Schwarz, P. Pflughaupt. Mischton: Hannes Schreier. Tonüberspielung: Harro Zimmermann. Musik: Gerhard Rosenfeld. Tonstudio: Gunther Krex, Berlin. Text, Sprecher: Winfried Junge. Dokumentation und Schnitt: Barbara Junge. Assistenz: Dagmar Bingel, Sieglinde Kruschke. Trickkamera: Jürgen Bahr. Avid-Schnitt: Angela Wendt. Negativschnitt: Barbara Gummert. Produzent: Klaus-Dieter Schmutzer. Uraufführung: 16.2.1997, Internationales Forum des Jungen Films. Weltvertrieb: Progress Filmverleih GmbH, Burgstr. 27, D- 10178 Berlin, Tel.: (49-30) 28 06 49, Fax: (49-30) 282 91 57. Eine Koproduktion mit dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg und dem Norddeutschen Rundfunk. Unterstützt vom Staatlichen Filmarchiv der DDR und dem Bundesarchiv (Filmarchiv) der Bundesrepublik Deutschland. Gefördert vom Bundesministerium des Innern und dem Filmboard Berlin-Brandenburg GmbH. |
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So 16.02. 11:00 Kino 7 im Zoo Palast So 16.02. 16:30 Delphi Mo 17.02. 12:30 Arsenal Di 18.02. 19:30 Akademie der Künste Mi 19.02. 19:00 Babylon |
Die Chronik der Kinder von Golzow ist die Lebensgeschichte von Menschen, die im Jahre 1961 - wenige Tage nach dem Bau der Berliner Mauer - in Golzow (Oderbruch) eingeschult wurden und heute in der Mitte ihres Lebens stehen.
1980 Lebensläufe - Die Geschichte der Kinder von Golzow in einzelnen Porträts
1992 Drehbuch: Die Zeiten - Drei Jahrzehnte mit den Kindern von Golzow und der DEFA
Der neue Film setzt die Lebensläufe von 1980 mit der Geschichte der Marieluise S. fort. Die Lebensläufe der Kinder von Golzow erzählen ein Stück Geschichte der DDR und des DEFA-Dokumentarfilms. Die eine wie die andere ist beendet. Die nicht beendete Chronik dokumentiert seit 1990 Leben in Zeiten der deutschen Wiedervereinigung. Es ist die älteste Langzeitbeobachtung des internationalen Films.
Marieluise, Elkes Freundin und im Unterschied zu dieser evangelisch, ging ebenfalls zehn Jahre in Golzow zur Schule und suchte sich einen Beruf in der Stadt. Sie wurde Chemielaborantin im Halbleiterwerk Frankfurt (Oder), aber die Arbeit machte ihr wenig Freude. Die älteste Tochter von sechs Kindern eines Melkerehepaares - der Vater war bekennender Christ - wäre lieber Krankenschwester geworden. Sie blieb zeitlebens auf der Suche nach einer ihr gemäßen Aufgabe. Die Zweiundvierzigjährige ist heute Zahnarzthelferin.
Das hübsche, intelligente Mädchen hatte mehr Glück in der Liebe. Blickfang für die Jungen schon zu Schulzeiten, verliebte sich Marieluise nicht weniger oft als Elke. Aber sie heiratete spät, wenn auch nicht kirchlich, denn ihr Bräutigam Steffen war Berufsoffizier in der DDR-Volksarmee. Sie blieb ihm treu, trotz oder gerade wegen mancher Probleme und Belastungen, die sich über die Jahre für die Familie einstellten, denn Steffen unterlag als Angehöriger der Regierungsstaffel allerlei Zwängen von Disziplin und Geheimhaltung. Die beiden haben zwei Töchter. Marieluise atmete auf, als die Mauer fiel, obwohl unklar war, was mit ihrer Stelle in einem militärtechnischen Institut und mit der Arbeit ihres Mannes werden sollte.
Steffen wurde von der Bundeswehr übernommen, umgeschult und leistet heute seinen Dienst auf dem Flugplatz Köln-Wahn. Mit der Übersiedlung der Familie - der bisher einzigen aus dem Kreise der Golzower - endet der Film. Wie würde er weitergehen?
E.R.: Euer neuester Golzow-Film verwendet eine andere Erzählweise als die vorherigen. Die Protagonistin betrachtet von heute aus ihr Leben. Wie kam es dazu?
W.J.: Bei früheren Filmen kam oft die Frage: Sehen die Golzower überhaupt vorher, was wir aus ihrem Leben erzählen? Wie denken sie darüber? Kann man nicht auch einmal zur Kenntnis nehmen, wie sie das sehen? Ich dachte, daß so etwas mit Marieluise vielleicht am ehesten geht. Mit ihr konnte man das versuchen. Das hat eine bestimmte Dramaturgie zur Folge. Wir fangen nicht im Buddelkasten von Golzow an und sehen sie wachsen und sich entwickeln, sondern sie ist sofort als Frau von heute da, sieht ihr Leben über den Videorecorder und äußert sich dazu.
B.J.: Bevor der Film entstand, zeigten wir ihr alles Filmmaterial, das wir von ihr hatten. Ihre Kommentare waren von einer Qualität, daß wir dachten: Das ist eigentlich der Film. Diese Reaktionen haben wir mit der Betacam aufgenommen
W.J.: Aber unsere Frage war: Wird diese Struktur tragen? Als wir die Beobachtungen und Gespräche mit ihr aufgenommen hatten, konnten wir sagen, daß es wahrscheinlich geht. Aus dem stundenlangen Material wählten wir für den Film achtzehn Minuten mit Bild aus. Außerdem hören wir an manchen Stellen ihre Worte zu den 35mm-Filmausschnitten. Ihre Reflexionen, wo wir sie im Bild sehen, sollten sich auf Wichtiges und optisch Interessantes konzentrieren. Von Nachteil für die große Leinwand ist, daß wir es mit Video zu tun haben und nicht das Geld hatten, um das digital umzusetzen, und so eine bessere Bildqualität zu erzielen. Wir müssen uns zu dieser unserer technischen Notlösung bekennen. Sie ermöglichte es uns aber, daß wir Marieluise ausreden lassen konnten. Es ging nicht um das Sparen von Metern, wie es bei Film gewesen wäre. Sie konnte in aller Freiheit reagieren. Unser Problem war dann die Auswahl. Der Film ist eine Kombinationsgeschichte erster Ordnung. Wenn man so viele Äußerungen hat und dann noch Filmmaterial aus vierunddreißig Jahren, kann man sich vorstellen, daß es nicht einfach ist, eine Struktur für einen überschaubaren Film zu finden. Es war Schwerstarbeit.
Für mich bleibt die Frage, ob diese Erzählweise nicht doch nach hinten losgeht. Während es in den anderen Filmen immer aufregend war, zu erzählen, wie ein Mensch das Gesicht kriegt, das er heute hat, entfällt das bei Marieluise. Ob hier nicht vieles verschossen wird?
E.R.: Das finde ich nicht. Marieluise hatte in den Lebensläufen (1980) den stärksten Eindruck auf mich gemacht. Sie strahlte etwas Hoffnungsfreudiges, Schönes und Klares aus, und sie hat sich auch als erwachsene Frau eine starke und besondere Ausstrahlung bewahrt. Ich brauche diese langsame schrittweise Entwicklung nicht unbedingt. Mag sein, daß die sofortige Präsenz der heutigen Marieluise für manche Menschen ein Verlust ist, aber er wird vielfach aufgewogen durch das Wache, Lebendige und Intensive, das ihr eigen ist.
W.J.: Ich weise noch auf ein anderes Problem hin. Die Grundsituation - sie sieht ihr Leben und kommentiert es - bedeutet natürlich auch einen gewissen Zwang. Ihr Leben ist dann immer wieder der Beleg für das, was sie erzählt. Bei den anderen Filmen gab es durch die Chronologie der Lebensdarstellung, also dadurch, daß der Zuschauer nie wissen konnte, wie es mit dem Betreffenden weitergeht und wie so manches ausgeht, einen ständigen Spannungseffekt. Ob sich der in diesem Film auf andere Weise ergibt? Die Filmausschnitte sind ja dann chronologisch geordnet, gehen vom Damals ins Heute, von einigen zitierten Rückblenden abgesehen. Dennoch weiß ich nicht, ob der immerwährende Rahmen nicht irgendwann lästigfällt.
E.R.: Ich habe den Film bisher zweimal gesehen und fand ihn spannend. Ich habe diese möglichen Defizite nicht gefühlt, zumal ja auch Dinge erzählt werden, die man so noch nie gehört hat. Zum Beispiel die Problematik ihrer Ehe mit einem Flieger der DDR-Regierungsstaffel und ihrem christlichen Elternhaus. Etwa die Episode, wie ihr Vater festgenommen wird, als er Flugblätter der Solidarnosc aus Polen mitbringt. Diese Winzigkeit ist bis in die Chefetagen des Schwiegersohnes gedrungen und hatte Folgen. Natürlich wußte man von solchen Dingen, aber in diesem Film erfährt man das als konkrete Beziehungen zwischen Personen. Solche Episoden werden aus dem Zusammenspiel von Filmmaterial und Marieluises Erzählung plastisch.
B.J.: Das kommt für dich als Ostdeutsche heraus, aber für die Leute aus den alten Bundesländern ist es vielleicht nicht begreifbar.
E.R.: Natürlich begreifen sie das. Gerade die Probleme, die sich um den originellen Vater ranken, haben eine solche Deutlichkeit, daß es jeder versteht.
B.J.: Den Schlüsselsatz liefert Marieluises Ehemann in jenem Adventsinterview 1989, in dem er sagt: Wir hatten in verschiedenen Dingen Meinungsverschiedenheiten, und dann haben wir uns wieder geeinigt, aber eigentlich waren wir uneinig. Man spürt, welchem Stress er von oben ausgesetzt war und wie er sich mühte, mit seiner Frau im Konsens zu bleiben und die Ehe nicht zu gefährden. Das war schon ziemlich deutlich.
E.R.: Das spürt man, und man spürt auch, daß nicht alles im Film gesagt wird. Das gehört sich auch so. Ich denke, daß es auch für euch wichtig war, einmal eine andere Struktur auszuprobieren.
B.J.: Für mich ist etwas anderes wesentlich. Nämlich daß du am Ende, wenn du die vier verschiedenen Lebensläufe, die es mittlerweile gibt (Jürgen, Willy, und neben Marieluise gibt es ja auch noch den Film über Elke) miteinander vergleichst, feststellen kannst, wie unterschiedlich das ist, was sie alle, die aus demselben Buddelkasten kommen, aus ihrem Leben gemacht haben. Die Filme mögen unterschiedlich gut sein, aber der Vergleich, das entstehende Gesamtbild - das ist meines Erachtens das Entscheidende.
E.R.: Trotzdem muß jeder Film für sich bestehen. Ich sage es noch einmal: Mir scheint, daß die für Marieluise gewählte Erzählweise funktioniert.
B.J.: Der Film lebt natürlich davon, daß über die Zwanzigjährige schon einmal einer entstand (Ich sprach mit einem Mädchen) und also ein reiches Material vorlag.
W.J.: Die Fülle des Materials hat uns auch Angst gemacht. Damit stellt sich ein weiteres Problem. Man kennt Marieluise aus den früheren Lebensläufen und sieht einen großen Teil dieses Materials wieder. Sie war auch schon in Drehbuch: Die Zeiten mit zehn Minuten vertreten. Ich frage mich, ob das gut ist. Es tröstet mich, wenn du sagst, daß man jetzt die genauen Zusammenhänge und Hintergründe wahrnimmt, das Geflecht der Dinge sozusagen. Trotzdem bleibt die Fülle des alten Materials ein Problem. Wir wollen weitermachen, haben noch eine Reihe von Geschichten vor. Aber wie erzählen wir sie? Ich will nicht immer weiter drehen und muß doch bei der Filmdauer von zwei Stunden bleiben. Dadurch fliegt vorne ,raus, was wir hinten neu hineinnehmen. Das geht doch nicht. Es ist ein Riesenproblem, mit der Dimension klarzukommen.
E.R.: Ich sehe die alten Aufnahmen sehr gern. Durch den wachsenden zeitlichen Abstand gewinnt das alte Material an Poesie, Kraft und Intensität. Andererseits ist in den vier neueren Lebensläufen, die ich kenne - Jürgen, Willy, Elke und Marieluise - , das in den letzten Jahren, also nach der Wende Gedrehte von enormer Wichtigkeit. Weil in ihren Lebensverläufen die Geschichte dieses Landes bzw. dieses Teils Deutschlands mit großer Glaubwürdigkeit und Plastizität zum Ausdruck kommt. Es ist ja nicht nur interessant, wie alle mit der neuen Zeit zurechtkommen, sondern auch, wer in Golzow bleibt, wer weggeht und wohin, wer sich sozial verändert...
W.J.: Nur wir können so weit nach hinten gucken, kein anderer.
E.R.: Ihr sitzt schon so lange an diesem Projekt. Gibt es nach wie vor die Faszination, am Leben anderer teilzunehmen?
B.J.: Es ist jedes Mal spannend und etwas anders, weil es ein anderer Mensch ist. Du mußt überlegen, wie du dich dem Menschen nähern kannst, wie du ihn dem Zuschauer faßlich machen kannst, ohne ihn auszuliefern.
W.J.: Der Film, den wir eigentlich machen möchten, wird nie entstehen. Es ist sehr viel mehr in unseren Köpfen und Büchsen, als wir zeigen können. Man könnte mit dem ganzen Material, das wir von Marieluise haben, mühelos einen Film von vier bis fünf Stunden machen. Aber wir mußten uns für einen ,Kurzfilm' entscheiden. Leider kann man dieses große Geflecht nicht mitteilen, auch, was es eigentlich bedeutet, mit ihnen diese drei, vier Jahrzehnte zu leben. Im Grunde müßte ich mich manchmal mit dazu setzen und bestimmte Dinge aus meiner Sicht erzählen. Man fragt sich immer wieder: Reicht das, was wir in gut zwei Stunden ausbreiten können, damit Marieluise und die Zeit und unsere Haltung dazu verständlich werden? Es gibt solche Raffungen und Zwänge, die man einsehen muß, weil Film im Kino etwas Endliches ist, daß man sich stets mit Trauer von der Beendigung eines Porträts verabschiedet. Das soll nur andeuten, daß wir noch ganz anders gekonnt hätten.
E.R.: Ich verstehe, daß es für euch schmerzlich ist und daß ihr gegen diese Zwänge angeht. Aber auf der anderen Seite ist es oft so, daß, wenn Materialien intelligent montiert werden und sehr unterschiedliche Dinge zusammenstoßen und dazwischen etwas 'fehlt', gerade die ,Leerstellen' die Phantasie, die Neugier, das Interesse oder die Unruhe beim Zuschauer intensiv befördern.
W.J.: Aber für diese Phantasie muß der Film auch Material zur Verfügung stellen. Dinge, die du gar nicht weißt, kannst du als Zuschauer nicht ins Kalkül ziehen. Du erfährst ja nicht einmal andeutungsweise von bestimmten Schienen, die durch ihr Leben gehen und die auch mitteilenswert gewesen wären.
E.R.: Das ist die eine Seite. Aber die andere ist, daß jeder Zuschauer sein eigenes Leben hat und seine Schienen hinzudenkt. Die sind dann vielleicht in bezug auf Marieluise vollkommen falsch, aber trotzdem für den Zuschauer, der ein intensives Erlebnis sucht, von großer Bedeutung.
W.J.: Ich hoffe, daß insgesamt kein pessimistischer Film entstanden ist, sondern ein Film, der Mut macht und zeigt, daß sich Leute von uns auch noch behaupten können.
E.R.: Wie soll es mit dem Golzow-Projekt weitergehen?
W.J.: Es lagern etwa 300.000 Meter Film in den Büchsen, und der Rohschnitt von sieben weiteren Geschichten ist gesichert. Jede Geschichte könnte - wenn man uns ließe - mehr als zwei Stunden haben. Das würde den Reiz der Sache ausmachen, daß du alle diese Lebensläufe parallel zueinander sehen und vergleichen kannst, so wie das damals 1980 mit den neun Lebensläufen der Fall war. Ein vergleichbares Panorama von etwa zehn Geschichten möchten wir wieder herstellen. Das ist nicht bei allen Kandidaten einfach, da manche bestimmte Dinge nicht öffentlich machen wollen. Wir wollen sie ja auch nicht bloßstellen. Man muß sich immer die Premiere im Dorf vorstellen, dieser Öffentlichkeit muß der Film standhalten. Bisher haben sie in Golzow alle Filme gezeigt, bis auf eine Ausnahme: Jürgen. Er ist in Golzow offenbar ein umstrittener Mensch. Manches, was wir im Film erklären, sehen die Leute im Dorf anders, vor allem können sie nicht so recht verstehen, warum über einen solchen Menschen ein Film von drei Stunden gemacht wird und nicht - sagen wir mal - über den Bürgermeister.
E.R.: Es ist das Besondere der letzten beiden Filme, über Marieluise und über Elke, daß es aus der äußersten Provinz, die das Oderbruch ja ist, in die Welt hinausgeht und »herrschaftlicher« wird. Aber immer war auch der Alltag des Ortes Golzow faszinierend, und es wäre schön, wenn man dessen Veränderungen heute noch einmal sehen könnte.
W.J.: Einer der Filme, die wir im Auge haben, soll über die erzählen, die in der Landwirtschaft geblieben sind. Übrigens existiert in Golzow der flächenmäßig größte Landwirtschaftsbetrieb der EU. Auch interessant.
Noch etwas anderes. Eberhard Fechner, ein berühmter, bereits verstorbener Kollege, hat über einhundertfünfzig Stunden vom Maidanek-Prozeß gedreht, und er hat daraus einen langen Film gemacht. Man erzählt, daß er in den Vertrag hat hineinschreiben lassen, daß der Film erst dann ausgestrahlt werden darf, wenn gesichert ist, daß sämtliche Materialien im Bundesarchiv gelagert sind. So müßte man auch im Falle des Golzow-Projektes vorgehen. Wobei wir ja schon einen halben Schritt tun konnten: Unsere Negative waren im Staatlichen Filmarchiv der DDR und befinden sich jetzt im Bundesarchiv. Wenn ich jetzt von sieben Geschichten spreche, ist das ein Wunschbild, und wir wissen nicht, ob wir das schaffen. Auf jeden Fall wünschen wir uns, daß Hier habt ihr mein Leben - Marieluise, Kind von Golzow nicht der letzte Golzow-Film ist, wenn es im Moment finanziell auch so aussieht, als ob die Gefahr wirklich droht.
E.R.: Vielen Dank für das Gespräch.
Dieses Gespräch führte Erika Richter am 23.1.1997 in Berlin.
Barbara Junge wurde 1943 in Neunhofen/Thüringen geboren und studierte an der Karl-Marx-Universität, Leipzig. Sie schloß mit einem Diplom als Dolmetscherin für Englisch und Russisch ab. Ab 1969 arbeitete sie im DEFA-Studio für Dokumentarfilme, zunächst verantwortlich für fremdsprachige Fassungen von DEFA-Dokumentarfilmen. Seit 1978 ist sie für die Betreuung der Archivdokumentation des Golzow-Films zuständig, ab 1983 auch für die Montage aller Filme Winfried Junges verantwortlich.
Winfried Junge wurde 1935 in Berlin geboren. Ab 1953 studierte er Germanistik an der Humboldt-Universität zu Berlin, 1954 wechselte er an die neugegründete Deutsche Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg, Fachrichtung Dramaturgie. 1958 erhielt er sein Diplom. Anschließend war Junge im DEFA-Studio für Populärwissenschaftliche Filme Dramaturgie-, später Regieassistent, vor allem bei Karl Gass. Er folgte diesem 1961 ins DEFA-Studio für Dokumentarfilme, Berlin. Im gleichen Jahr entstand Junges erster eigener Film Wenn ich erst zur Schule Geh', mit dem das Golzow-Projekt begann. Von 1962 bis 1988 arbeitete er vor allem mit dem Kameramann Hans-Eberhard Leupold, danach mit Harald Klix. Neben den zwölf Golzow-Filmen sind bis heute ungefähr fünfzig Dokumentarfilme entstanden.
1965: Studentinnen. 1967: Der tapfere Schulschwänzer. 1968: Mit beiden Beinen im Himmel - Begegnungen mit einem Flugkapitän. 1970/71: Syrien auf den zweiten Blick. 1971: Einberufen. 1974: Keine Pause für Löffler. 1973/74: Sagen wird man über unsre Tage. 1976: Somalia - Die große Anstrengung. 1979: Anmut sparet nicht noch Mühe, die Geschichte der Kinder von Golzow, eine Chronik. 1981: Lebensläufe, die Geschichte der Kinder von Golzow in einzelnen Porträts (Forum 1982). 1988: Diese Briten - diese Deutschen. Zueinander unterwegs nach Newcastle und Rostock. Zwei Filme - ein Dialog: Von Marx und Engels zu Marks & Spencer. 1988: Gruß aus Libyen. 1989/90: Der Vater blieb im Krieg. Nicht jeder findet sein Troja. 1961-1993: Drehbuch die Zeiten - Drei Jahrzehnte mit den Kindern von Golzow (Forum 1993). 1961-1994: Das Leben des Jürgen von Golzow (Forum 1994). 1961-1995: Die Geschichte des Onkel Willy aus Golzow. 1961-1996: Was geht Euch mein Leben an. 1961-1997: DA HABT IHR MEIN LEBEN, MARIELUISE - KIND VON GOLZOW.
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