Ihr Vater ist ein Playboy, der jeden Abend in eine Karaoke-Bar geht, wo er singt, sich betrinkt und sich mit den Bardamen vergnügt. In dieser Karaoke-Bar trifft er eines Tages die Frau seiner Träume, Yok. Sie ist eine Animierdame mit Niveau und gehört einem jungen chinesischen Mafioso namens Toeng. Toeng ist ein höflicher Mann mit leiser Stimme, der ständig von sechs bis sieben Killern umgeben ist. Der jüngste von ihnen heißt Noi.

Noi ist halb thailändisch und halb Europäer. Er stammt aus der Beziehung zwischen einem amerikanischen Soldaten und einer Thailänderin, die sich während des Krieges kennengelernt hatten. Er träumt davon, genügend Geld zu sparen, Englisch zu lernen, nach Amerika auszuwandern und dort vielleicht seinen Vater zu finden. Noi geht regelmäßig zu einem nahegelegenen 'Seven-Eleven'-Laden, in dem sich auch Pu und ihre einzige Freundin oft aufhalten. Noi hat sich in Pu verliebt, kann jedoch seine Schüchternheit nicht überwinden, um sie anzusprechen.

Pu kann ihren Traum von dem Haus nicht loswerden. Das Verhältnis zu Yok bringt ihrem Vater nichts als Unglück...

Der Film basiert auf einem Traum, den mir ein Freund erzählt hat. Obwohl das Drehbuch wie ein Drama strukturiert ist, ist der Film eher eine soziologische Studie der Stadt Bangkok und ihrer Einwohner.

Bangkok sieht wie jede andere Großstadt der Welt aus. Es gibt viele moderne Hochhäuser. Die Straßen sind voller Autos. An jeder Ecke steht ein 'Seven-Eleven' oder ein 'McDonald's'. Die Menschen, die der Mittelklasse oder der oberen Schicht angehören, tragen Armani oder Paul Smith. Mit anderen Worten, sie sind sehr westlich orientiert. Trotz alledem gehen die Leute immer noch zu Wahrsagern und fragen sie jede Woche, wie sie ihr Leben ändern sollen.

Wenn wichtige Projekte anstehen, spenden wir den Mönchen Essen, um das Glück zu unseren Gunsten zu wenden. Wir glauben immer noch an Geister und Gespenster. In meinem Film untersuche ich, wie diese zwei gegensätzlichen Extreme nebeneinander existieren. Am Ende der Arbeit wurde mir klar, daß eine Studie über dieses Thema nur eine Satire werden kann.

In Bangkok ist es nicht leicht, eine Adresse zu finden. Meistens verläuft oder verfährt man sich hoffnungslos in einem Gewirr von Nebenstraßen, in dem Stadtplaner und Kartographen jede šbersicht verloren zu haben scheinen. In diesen 'weißen Flecken' des Stadtplans werden für die Neureichen immer mehr gigantische Hochhäuser gebaut - mittelständische Familien lassen sich lieber am Stadtrand nieder und nehmen täglich dreistündige Arbeitswege durch das legendäre Verkehrschaos in Kauf. Der 'lifestyle' der thailändischen Mittelklasse prägt das Gesicht der Stadt: riesige Luxus-Kaufhäuser, italienische Restaurants, schwarz glänzende BMWs, Golfplatzwerbung und junge Mädchen in japanischer Designermode an jeder Straßenecke. Doch der neue Glamour ist keineswegs eine 1:1-Imitation der westlichen Welt. Dazu sind die meisten Thailänder entweder zu buddhistisch - oder zu abergläubisch. Kaum jemand verzichtet auf Amulette, gerne werden Karten oder Wahrsager befragt, und die neuesten Geistergeschichten werden in Gesellschaft immer gerne gehört. Im Einzelfall kann der Kontrast zwischen der alten und der neuen Welt in Thailand durchaus kuriose Verwicklungen mit sich bringen.

Tom Pannet (Pen-Ek Ratanaruang) läßt in seinem Film FUN BAR KARAOKE die Welt, in der Werbung für Shampoo und Motoröle gemacht wird, auf das alte Thailand prallen. Eine junge, berufstätige Frau muß, um das Schlimmste zu verhindern, die obskursten Ratschläge eines Weisen befolgen, doch ihr Vater soll von alledem nichts wissen, obwohl es doch um nicht weniger als sein Leben geht. Der wiederkehrende Alptraum des Einfamilienhauses, das ihre verstorbene Mutter für den noch lebenden Vater im Jenseits baut, gibt ihr und dem Wahrsager die notwendigen Instruktionen für das, was als nächstes zu tun ist. Die Geschichte ist eine ebenso liebevolle wie vielschichtige Zustandsbeschreibung der neuen thailändischen Mittelschicht: Es werden Häuser gebaut, Familienmitglieder leben in Paralleluniversen, und die Gegenwart ist eine sehr asiatische Mischung aus dem 19. und dem 21. Jahrhundert. Frei von Folklore und touristischen Klischees gelingt Tom Pannet in diesem Film das Porträt einer urbanen asiatischen Mittelschicht, die aus europäischer Sicht noch kaum existiert. In FUN BAR KARAOKE merkt man, daß der Regisseur jeden, um den es geht, aus eigener Erfahrung kennt: die moderne Verkäuferin im 24-Stunden-Kiosk, die abergläubische Tochter in der Werbeagentur, den vergnügungssüchtigen Vater und seine in verzwickte Mafia-Konstellationen verwickelte Geliebte. In Europa oder in den USA mögen solche Voraussetzungen für die Entstehung unabhängiger Spielfilme selbstverständlich sein; für Thailand hat Tom Pannet mit FUN BAR KARAOKE eine in jeder Hinsicht bemerkenswerte Pionierarbeit geleistet.

(Dorothee Wenner, Januar 1997)

Tom Pannet (Pen-ek Ratanaruang) wurde 1962 in Bangkok, Thailand geboren. Er studierte Kunstgeschichte und Philosophie am Pratt Institut in New York City. Nach Abschluß des Studiums arbeitete er drei Jahre lang als graphischer Designer bei Designframe Incorporated in New York City, bevor er nach Thailand zurückkehrte. In Thailand arbeitete er bis 1993 für eine Werbeagentur. Seither arbeitet er als Regisseur für Fernsehwerbung. In seinem nächsten Leben möchte er entweder ein professioneller Fußballspieler oder ein Wahrsager werden. FUN BAR KARAOKE ist sein erster abendfüllender Film.