(Drei Freunde) Korea 1996 Regie: Yim Soon-Rye |
93 min., 35mm, 1:1.85, Farbe
Produktion: Samsung Entertainment Group, Seoul. Buch: Yim Soon-Rye, Park Kyung-Hee. Kamera: Peter Gray. Schnitt: Lee Dong-Hee. Musik: Lee Byung-Woo. Produzenten: Yim Soon-Rye, Kim Eun-Young. Darsteller: Kim Hyun-Sung, Lee Jang-Won, Jung Hee-Suk. Uraufführung: 14. September 1996, International Pusan Film Festival. Weltvertrieb: Samsung Entertainment Group, 6th Fl. Daechi Bldg. 889-11 Daechi 4-Dong, Kangnam-Ku, Seoul, Korea, 135 284. Tel.: (82-2) 3458 1155, Fax: (82-2) 3458 11 08. |
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Do 20.02. 16:00 Kino 7 im Zoo Palast Do 20.02. 19:30 Delphi Fr 21.02. 20:15 Arsenal Sa 22.02. 17:00 Akademie der Künste |
Cho Sein, genannt Petal ('Blumenblatt'), macht heimlich eine Lehre als Friseur und Kosmetiker. Bei seinem Vater, einem Alkoholiker, der darauf besteht, einen ,Mann' aus ihm zu machen, findet er keinerlei Verständnis. Angespannt bis zum Äußersten, neigt er zu Anfällen von Depression.
Kong Seungho, genannt Fatso, ist extrem übergewichtig und völlig ehrgeizlos. Er vergeudet sein ganzes Geld für Essen und das Ausleihen von Videocassetten. Sein größtes Interesse überhaupt aber sind Mädchen. Das einzige Problem ist, daß diese ihn uninteressant und unattraktiv finden. Sein Schicksal wendet sich, als er Arbeit in einer Videothek findet. Dort kann er sich ständig Videos ansehen und sogar mit Mädchen reden. Aber trotz seiner Begeisterung für sein neues Leben verliert er am Ende den Job.
Bald darauf erhalten die drei Freunde ihren Einberufungsbefehl für den Militärdienst. Fatso futtert wie gehabt und wird so übergewichtig, daß er nicht mehr eingezogen werden soll. Petal entscheidet sich für den Militärdienst, um seine Männlichkeit zu entwickeln und dem Wunsch seiner Familie zu entsprechen. Bei einem tragischen Vorfall wird er von Mitgliedern einer Straßenbande sexuell belästigt. Der daraus resultierende emotionale Schock disqualifiziert ihn aus psychologischen Gründen vom Militärdienst. Independent versucht seine Freunde dazu zu bewegen, ihm das Schlüsselbein mit einem Knüppel zu brechen; aber der Plan schlägt fehl. In der Armee wird er unfair behandelt und drangsaliert.
Lange danach finden die drei Freunde wieder zusammen. Jeder ist seinen Weg gegangen, und sie alle sind vom ,System' betrogen worden. Sie sind weniger Verlierer als vielmehr Anti-Helden.
Durch die Verwendung einer statischen Kamera erzeugt die Regisseurin eine strenge Form von Realismus. In ihrem Umgang mit dem Thema vermeidet sie symbolische Darstellungen und die filmische Verfremdung der Realität. Die meisten Darsteller hatten vor dem Film noch keinerlei schauspielerische Erfahrungen gesammelt. Mit ihren Laien-Spielern bemüht die Regisseurin sich um Natürlichkeit und Wahrheit der Charaktere und der Geschichte. Und es ist eine sehr menschliche Geschichte...
Der Plot des Film ist relativ simpel und lebensnah; in den zahlreichen Nebenhandlungen gibt es eine Fülle von Charakteren: einen Alkoholiker, der sich auf Fehlschläge spezialisiert hat, einen Mann, der nach ,Baduk' süchtig ist, einem asiatischen Damespiel, einen Arbeitslosen, der den einfachen Genüssen des Lebens frönt usw. Der Film ist so reich und vielseitig wie das Leben selbst.
Ich möchte die Rücksichtslosigkeit untersuchen, die die gesamte koreanische Gesellschaft überschattet. Meine Geschichte handelt von drei Schulfreunden, die die Aufnahme aufs College nicht geschafft haben und nun ihren Militärdienst ableisten sollen. In Korea ist das College etwas ungeheuer Wichtiges. Das Scheitern dieser drei Freunde bei der Aufnahmeprüfung aufs College ist gleichbedeutend mit ihrem Scheitern in der Gesellschaft. Der Militärdienst ist das Emblem der sozialen Rangordnung. Die Art und Weise, in der diese jungen Männer mit ihrer Rekrutierung umgehen, spiegelt ihre soziale Stellung. Es gilt als bekannte Tatsache, daß das Wertesystem und die Einstellung dazu in der gegenwärtigen sozialen Praxis Stereotypen geworden sind. Jeder, der dem sozialen Standard nicht entspricht, wird als Faulenzer betrachtet und zugleich als sozialer Außenseiter behandelt. Ich versuche, soziale Rücksichtslosigkeit innerhalb unserer uniformen Werte - Familie und soziale Gewalt - zu entlarven und die Bedenkenlosigkeit gegenüber sozialen Hintergründen, die sich in übertrieben strengen College-Aufnahmeprüfungen und im Militärwesen breitmacht, zu porträtieren.
Filmemachen in Korea hat sehr viel mit Kommerz zu tun. In allen Bereichen ist die Produktion sehr teuer. Besonders unabhängige Produktionen gelten als äußerst schwierige Unternehmen: schwierig zu beginnen, schwierig zu beenden - und einmal erreichte hohe Standards gelten als schwierig zu halten. Der neue koreanische Spielfilm THREE FRIENDS ist eine große Ausnahme. Er ist ein unabhängiger Film, produziert mit Unterstützung einer größeren koreanischen Gesellschaft. In einiger Hinsicht ist er ein kommerzieller Film, in anderer ein unabhängiger.
Der Film hat ein bescheidenes Budget, das der ,Big-Business'-Partner auf der Basis von ,völliger Freiheit' zur Verfügung stellte. Offensichtlich behielten die Filmemacher die volle künstlerische Kontrolle über den Film. In vieler Hinsicht genießt der Film das Privileg von einerseits angemessener Finanzierung und zugleich der künstlerischen Kontrolle der Macher - keine Selbstverständlichkeit für eine unabhängige Produktion.
Die Vorbereitungen zu dem Film begannen im Herbst 1995, als die Samsung Entertainment Group erstes Interesse für das Drehbuch zeigte, an dem die Regisseurin ein Jahr lang geschrieben hatte. Es ist für eine große Gesellschaft in Korea nicht gerade üblich, einen Film mit einem völlig unbekannten Regisseur zu produzieren, besonders mit einem, der auf seiner Selbständigkeit als Autor besteht. Die Regisseurin hatte beim ersten Kurzfilm-Festival in Seoul mit dem Film Promenade in the Rain den großen Preis gewonnen und galt daraufhin als vielversprechende Regisseurin. Dieses glückliche Zusammentreffen verschaffte Yim die Gelegenheit, koreanisches Alltagsleben einzufangen, ohne auf Stars zurückgreifen zu müssen.
Seit in den frühen zwanziger Jahren der erste koreanische Film entstand, hat dieses Medium in Korea in qualitativer wie in quantitativer Hinsicht eine kontinuierliche Entwicklung erfahren.
Erst seit kurzem jedoch wird auch dem Export koreanischer Filme größere Aufmerksamkeit geschenkt. Obwohl es einige Beispiele von koreanischen Filmen gibt, die nach Übersee verkauft wurden, gab es bis vor einiger Zeit kein wirkliches Interesse an ihrem Verleih - teilweise auch, weil man koreanische Filme nicht für konkurrenzfähig hielt. Heute dagegen sollte man, ob man an die Chancen des koreanischen Films auf dem Weltmarkt glaubt oder nicht, den ausländischen Marktwert eines Films bereits in seiner Vorbereitungsphase in Betracht ziehen, weil es immer schwieriger wird, die hohen Produktionskosten wieder einzubringen.
Bis vor zwei oder drei Jahren betrugen die durchschnittlichen Produktionskosten eines koreanischen Films etwa eine Million US-Dollar. Durch das Auftauchen der großen Produktionsfirmen stiegen die Kosten drastisch. Heutzutage kostet eine Durchschnittsproduktion mehr als das doppelte, d.h. mehr als zwei Millionen Dollar. Zuzüglich der Werbekosten ist man schnell bei zweieinhalb Millionen. Solche Kosten sind zu hoch, auch wenn sie im Vergleich zu europäischen Filmen noch gering sind. Die Abhängigkeit von einem kleinen inländischen Markt macht es nahezu unmöglich, kein Geld zu verlieren - es sei denn, der Film wird ein echter Hit. Aus diesen Gründen versucht man inzwischen, von den Karteneinnahmen unabhängige Einnahmequellen zu finden.
(...) Trotzdem gibt es zwei schöne Beispiele für professionellen koreanischen Filmexport: 301.302 (von Park Chul-soo) und A Petal (von Jang Sun-woo). Beide Filme wurden von ausländischen Agenturen vertrieben. 301.302 wurde von einem koreanisch-amerikanischen Geschäftsmann in New York aufgetrieben, dem es gelang, einen amerikanischen Verleiher zu finden, die Arrow Leasing Inc. Als der Originalfilm bei Arrow eintraf, ergab sich allerdings ein großes Problem. Der Film hatte Monosound, während der internationale Standard bei Dolby Digital-Qualität liegt. Arrow mußte sehr viel Geld in die völlige Überarbeitung investieren. Aber der Aufwand hat sich gelohnt: Arrow machte einen enormen Gewinn durch den Verkauf der Videorechte an Hallmark. Der ausländische Verleiher von A Petal ist Mayfair in London. Da die Überarbeitung des Films in Übersee höchsten Ansprüchen genügt, brauchte Mayfair sich um die Tonqualität keine Sorgen zu machen. Man dachte allerdings daran, den Film ein wenig dem Geschmack des westlichen Publikums entsprechend umzuschneiden, und investierte also in den erneuten Schnitt. (...) Filme sind sehr gewinnträchtige Produkte, weshalb ihr Preis sich den Umständen entsprechend dramatisch verändern kann. Im gegenwärtigen Stadium brauchen wir professionelle Fähigkeiten und professionelle Vertreiber, um koreanische Filme zu vernünftigen Preisen verkaufen zu lassen.
Früher oder später aber wird es nötig sein, mehr unabhängige Möglichkeiten für den Umgang mit koreanischen Filmen zu finden. Letztes Jahr entstanden mehr als sechzig Filme, und nur eine Handvoll von ihnen wurde in Korea selbst zum Kassenerfolg. Deshalb muß unbedingt ein Weg gefunden werden, um den Markt für koreanische Filme in Übersee zu vergrößern. Kwak Kyung-Hee, in: Pusan International Film Festival Daily, 17. September, 1996
Yim Soon-Rye wurde 1960 in Iuncheon, Korea, geboren. Von 1981 bis 1984 studierte sie Englische Literatur und von 1985 bis 1987 Filmtheorie an der Han Yang Universität in Seoul. In Paris schloß sie 1992 ein vierjähriges Filmstudium ab. Ein Jahr später arbeitete sie als Regie-Assistentin in Yeo Kyundongs Film Out of the World. 1994 drehte sie den Kurzfilm Promenade in the Rain, der auf den Filmfestivals in Seoul, Clermont, Hongkong, Montecatini und Fribourg ausgezeichnet wurde.
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