(Ein Himmel voller Sterne) Brasilien 1996 Regie: Tata Amaral |
70 min., 35mm, 1:1.66, Farbe
Produktion: Casa de Produção. Buch: Jean-Claude Bernadet, Roberto Moreira, nach dem Roman von Fernando Bonassi. Kamera: Hugo Kevensky. Ausstattung: Ana Mara Abreu. Kostüme: Miko Hashimoto. Musik: Livio Tragtenberg, Wilson Sukorski. Ton: João Godoy. Schnitt: Ide Lacreta. Ausführender Produzent: Renato Bulcao, Maria Ionescu. Produzent: Tata Amaral. Darsteller: Alleyona Cavalli, Paulo Vespúcio García, Ligia Cortez. Uraufführung: 10.9.1996, Toronto Film Festival Weltvertrieb: Grupo Novo de Cinema, Rua Marechal Niemeyer 24, 22 251-060 Rio de Janeiro, Brasilien, Tel. (5521) 286 47 02, Fax 266 36 37. |
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Fr 14.02. 22:30 Arsenal Mo 17.02. 11:00 Delphi Di 18.02. 20:15 Kino 7 im Zoo Palast |
Victor ist jemand, der am Rande lebt, ohne Arbeit und auf der Suche nach Überlebenschancen: es ist klar, daß er es im Zusammenleben mit Dalva leicht hatte. Als ihre Mutter nach Hause kommt und Victor sieht, will sie ihn hinauswerfen. Er wird gewalttätig und schließt sie dann im Badezimmer ein. Was als verzweifelter Akt der Versöhnung begann, wird plötzlich zu Kidnapping, Mord und Vergewaltigung, weil Victor darum kämpft, seine Autorität wiederherzustellen und Dalva zu halten. Als die Polizei sich einmischt, beginnt Dalva sich zu wehren.
UM CEU DE ESTRELAS ist ein ganz ungewöhnlich mutiger Film. Mit bescheidenen Mitteln produziert, gehört er zu den besten Alltagsdramen, die in Brasilien in den letzten Jahren entstanden sind. Er beschäftigt sich mit der Rolle der Frau in der brasilianischen Gesellschaft, in Beziehungen und im Hinblick auf sie selbst.
Mit seinem wunderbaren Drehbuch, den hervorragenden Schauspielern und der frechen, erstaunlich energischen Regie ist UM CEU DE ESTRELAS offenbar der Anfang einer vielversprechenden Karriere der Filmemacherin Tata Amaral.
(Ramiro Puerta, Toronto Film Festival Katalog)
Das brasilianische Kino der letzten Jahrzehnte war ein Kino der Autoren, im praktischen Sinne des Wortes: der Regisseur entschließt sich, einen Film zu machen, schreibt das Drehbuch und sieht sich nach einer Finanzierung für seine Visionen um.
Die Entstehungsgeschichte meines Films war anders. 1991 schlug mir der Schriftsteller Fernando Bonassi vor, seinen Roman zu verfilmen. Er handelt von einem Stahlarbeiter, der seine Arbeit verliert, nachdem seine Freundin ihn sitzengelassen hat. Verzweifelt hängt er an der Hoffnung auf Versöhnung, als ob sein Leben davon abhinge. Dann entführt er sie. Die Geschichte hat ein trauriges Ende.
Drei Jahre nach Bonassis Vorschlag hatten die Drehbuchautoren Jean-Claude Bernadet und Roberto Moreira eine erste Drehbuchfassung erstellt, in der meine Idee berücksichtigt worden war, die weibliche Hauptrolle auszubauen: Die Erzählung sollte vom Opfer, nicht vom Aggressor vorangetrieben werden.
Vor mir lag nun ein inhaltsreiches Drehbuch, mit einer ebenso zeitgenössischen wie brasilianischen Geschichte. Ich konnte anfangen zu arbeiten. Im Nu tauchte eine Vielzahl von Herausforderungen vor mir auf. Der Film ist in Echtzeit gedreht, und die beiden Hauptfiguren werden mit schrecklichen Situationen konfrontiert. Es gibt viele Momente extremer Gewalt. Ich machte mit Dutzenden von Schauspielerinnen Probeaufnahmen. Für die Rolle der Dalva brauchte ich eine Darstellerin, die in der Lage war, sich vieler Dinge zu entledigen, vor allem der guten Erziehung, die viele weibliche Darstellerinnen vermitteln. Die junge und schon sehr erfahrene Schauspielerin Alleyona Cavalli erfüllte alle meine Anforderungen.
Der Film sollte realistisch sein (und ist es auch), die spannungsreichen und brutalen Sex-Szenen sollten nicht nur angedeutet werden. Sie sollten ohne jeden cinematographischen Glanz sein. Auch traditionelle Montage-Techniken kamen für meinen Film nicht in Frage, denn die Action-Szenen in meinem Film sollten möglichst echt wirken. Ich wollte die Spannung unterstreichen. Die Kamera verläßt Dalvas Haus kein einziges Mal. Mit Ausnahme einer Fernsehreportage über die Entführung, die die Hauptpersonen im Fernsehen verfolgen, wird alles, was sich außerhalb des Hauses abspielt, nur über die Tonspur vermittelt. Der Kontakt zur Außenwelt wird ausschließlich anhand der Videoaufnahmen im Fernsehen und einiger Blicke aus den Fenstern des Hauses hergestellt.
Der Schnitt spiegelt Dalvas emotionalen Zustand wieder. Die Schwenks und langsamen Kamerafahrten verdeutlichen das Unbehagen, das die ständige Anwesenheit des abgelegten Liebhabers in ihr auslöst. Als es zur gewaltsamen Austragung des Konflikts kommt, wird die Kamera von der Fessel des Stativs befreit und dokumentiert die Handlung in einer Reihe von langen ungeschnittenen Szenen. Die Bewegungen der Kamera - taumelnd auf den Ort des Geschehens hin, immer fordernder - wirken zeitweilig beinahe obszön. Die Figuren des Films sind nicht in der Lage, sich auszusprechen. Sie machen unbeirrt weiter, jede Bewegung birgt eine neue Überraschung in sich. Für sie und für mich.
Für mich als Künstlerin war der dankbarste Aspekt der Arbeit an meinem Film, daß mir die Freiheit eingeräumt wurde, absolute Kontrolle über jeden Abschnitt der Arbeit zu haben. Nachdem ich mir um die Finanzierung des Films keine Sorgen mehr zu machen brauchte, konnte ich mich ganz und gar der Form und der Dramaturgie des Films widmen und mit einer neuen Art des Filmemachens experimentieren.
UM CEU DE ESTRELAS repräsentiert diese Beziehung zur Freiheit, zum Experiment und zu neuen Herausforderungen. (Tata Amaral)
Tata Amaral wurde 1961 in São Paulo, Brasilien, geboren. Sie begann 1983, als Produktionsassistentin bei Film- und Videoproduktionen zu arbeiten und wirkte bei diversen Kurz- und Spielfilmen als ausführende Produzentin mit. Regie führte sie bisher in Fernsehsendungen, Kurzfilmen und Videos und erhielt dafür Auszeichnungen auf zahlreichen Festivals. UM CEU DE ESTRELAS ist ihr erster Spielfilm.
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