Hong Kong / China 1997 Regie: Allen Fong |
90 min., 35mm, 1:1.37, Farbe, WP
Produktion: Fujian Film Studio, Great Root Ltd. Buch: Chen Shi-Zhe, Chen Jian-Zhong. Kamera: Mai-Quan. Licht: Jiang Yang. Ausstattung: Liu Nan-Yang. Kostüme: Lu Yue-Ying. Requisite: Weng Pei-Xing. Musik: Violet Lam. Beratung (Oper): He Qing-He. Schnitt: Guo Qiang, Ly Yu-Huai. Produzent: Zhang Shao-Tong. Ausführende Produzenten: Ann Hui, Yoa Wen-Tai. Darsteller: Winston Chao (Sanpeng), Yang Gui-Mei (Xueyan, Sängerin und Anführerin der Truppe), Zeng Jing-Ping (Liliang, 1. huadan), You Chun-Cheng (Baotian, der Clown), Liu Shao-Xia (Xiaoxue, die Tochter), Ke Shu-Ping (Lanying, Adoptivtochter), Chen Ning-Xian (Xianjun, Kriegskunst-huadan), Lin Lian-Xian (Xiaode, kleine huadan), Chen Ying-Hong (Deng, Xiaodes Freund), Zheng Xiu-You (Yuhuan, 2. kleine huadan), Lu Wen-Xiong (Xiaozhuang, Yuhuans Freund und späterer Ehemann), Ren Yong (Jing, Wohltäter), Wu Xiao-Ting (Mrs. Li, Sanpengs Ehefrau), Hong Shi-Feng (alter Mann, Sanpengs Schwiegervater), Cai Jing-Xiang (Erniu, Restaurant-Besitzer), Ni Wan-Liang (Tang, Opern-Manager), Xie Tian-Yu (Adeshi, Musiker), Chen You-Mou (Teacher Pan). Uraufführung: 21.2.1997, Internationales Forum des Jungen Films. Kontakt: Great Root Limited, Flat H, 11th floor, Tonnochy Towers B, 254 Jaffe Road, Wanchai, Hongkong. Tel.: (852) 251 96 548, Fax: (852) 251 90 462. |
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Fr 21.02. 18:45 Delphi Fr 21.02. 21:00 Kino 7 im Zoo Palast Sa 22.02. 15:00 Arsenal So 23.02. 17:00 Akademie der Künste |
Die Provinz Fujian befindet sich im Südosten von China in der Nähe der Insel Taiwan. Fujian war immer weit von Beijing entfernt. Die Legende erzählt, daß Fujian, bevor Columbus Amerika entdeckte, ein blühendes internationales Handelszentrum war. Ein Seehafen wie Quangzhou war das erste Standbein der Seidenstraße. Von hier aus fuhr man weiter nach Japan, Indien, Kleinasien und Europa.
Die ländlichen Gebiete um Fujian sehen immer noch sehr traditionell aus und sind, was die Modernisierung anbelangt, ein bißchen zurückgeblieben. Doch der Handel blüht wieder und viele Menschen sind über Nacht zu Millionären geworden. Mit Geld kann man Häuser bauen und seinen Vorfahren Ehre erweisen. Einige Männer schauen sich sogar nach einer zweiten Frau um, was eigentlich in China nicht erlaubt ist.
In Fujian gibt es in einem durchschnittlichen Dorf mit ca. 500 Bewohnern mindestens zwei Aufführungsorte für kurzfristig organisierte Aufführungen, was heißt, daß die Besucher entweder stehen oder ihre Stühle selbst mitbringen müssen. Zusätzlich gibt es Karaoke-Bars an jeder Straßenecke. Diese Bars sind wie moderne Bühnen, wo jeder auftreten kann. Die große Anzahl nicht-offizieller Theater, wo Geburtstage, Hochzeiten, Begräbnisse und bestandene Aufnahmeprüfungen gefeiert werden, ist ein Beweis dafür, daß Fujian sich auf der Schwelle zur Wohlstandsgesellschaft befindet. Die Mehrzahl der Menschen auf diesen Bühnen wollen sich amüsieren, aber auch ihr Gehalt aufbessern. Ein kleinerer Prozentsatz möchte sich amüsieren, das Gehalt aufbessern und Künstler werden. Diese letzteren sind einem größeren Druck ausgesetzt, finden allerdings, daß der Druck sich lohne. Andere wiederum geben das Theater auf und gehen in Handel und Wirtschaft. Eine ,jam session' am Nachmittag erfüllt vor allem einen psychologischen Zweck: zu merken, daß man noch lebt. Der Film handelt vom Theater, von diesen Menschen und ihrem Leben.
Ein Wort des Dankes geht an meine ausführende Produzentin, die Regisseurin Ann Hui. Sie brachte dieses Projekt Ende 1995 auf die Beine. Der Erfolg ihres Films Summer Snow und ihre Unterstützung danach haben diesen Film möglich gemacht.
Die meisten meiner Darsteller sind Schauspieler aus offiziellen und freien Theatergruppen. Mit dem Spielen vor laufender Kamera haben sie wenig Erfahrung, aber sie verfügen über eine gute Ausbildung und viel Bühnenerfahrung. Zeng Jing-Ping (Liliang) hat als Opernsängerin bereits viele Preise gewonnen. Sie ist mittlerweile die Leiterin der Quangzhou Liyuan Opern-Truppe. Dank ihrer Hilfe habe ich die talentierten Schauspielerinnen und Schauspieler gefunden.
(Allen Fong)
Wenn sie nicht auf der Bühne steht, arbeitet Xueyan in Ernius Restaurant. Sie ist um die dreißig und Leiterin einer freien Theatergruppe. Eines Tages kommt Herr Tang aus Xi, um ihre Theatergruppe zu engagieren. Xueyan setzt sich mit Pan - einem Grundschullehrer und Cellisten - in Verbindung, um ihm von dem Engagement für den nächsten Tag zu berichten. Am Abend versammeln sich alle in Xueyans Wohnung, die gleichzeitig als Probenraum und Zuhause der Truppe fungiert. Baotian, der Clown, probiert ständig seine Sketche aus und versucht damit, die Anwesenden zum Lachen zu bringen.
Am nächsten Morgen machen sich alle auf den Weg nach Xi. Sie planen, dort einige Tage zu verbringen. Vor Einbruch der Nacht ziehen sie durch die Straßen, um bei der Bevölkerung Werbung für ihre Vorstellung zu machen. Es beginnt zu regnen. Sanpeng und Xueyan suchen unter demselben Dach Schutz. Dann erkennen sie sich wieder. Sanpeng erzählt, daß er sein Puppentheater aufgegeben hat und nun Geschäftsmann geworden ist. Sie lädt ihn ein, ihre Vorführung zu sehen.
Das Abendessen für die Theatertruppe wird hinter dem Tempel zubereitet, wo man temporär eine Garküche eingerichtet hat. Während des Essens ergreift Herr Tang die Gelegenheit, Xueyan zu bitten, eine Stripteasenummer in die Vorführung einzubauen. Xueyan meistert die Situation und lehnt die Idee des Striptease ab, verspricht Tang jedoch eine lebhafte Aufführung. Tang muß das akzeptieren, schon weil niemand ihm den Rücken stärkt.
Sanpeng kommt mit einem Mercedes in Xi an. Er und Herr Jin (ein anderer reicher Mann) essen auf dem Balkon eines Restaurants zu Abend, von wo aus sie die Aufführung beobachten können. Sie machen sich über ihren schnell erworbenen Reichtum lustig. Herr Tang stößt dazu und erzählt Herrn Jin, daß die Operntruppe nicht bereit ist, einen Stiptease zu zeigen. Herr Jin ist verärgert und besteht auf Striptease, doch Sanpeng hilft Xueyan aus der Klemme, stellt sich auf ihre Seite und lädt alle auf ein Glas nach der Oper ein.
Herr Pang, der Lehrer und Cellist, hat in der Zwischenzeit einen Unfall mit seinem Motorrad.
Der Fußballtanz, der anstelle des Striptease aufgeführt wird, ist ein Erfolg. Nach der Aufführung feiern alle gemeinsam in einer Karaoke-Bar. Während sie tanzen, bedankt sich Sanpeng bei Xueyan dafür, daß sie ihn in den Zeiten der Kulturrevolution versteckt hat. Dann gesteht er ihr seinen Wunsch, wieder als Musiker zu arbeiten. Xueyan eröffnet Sanpeng daraufhin, daß sie seit Kindertagen in ihn verliebt war, seitdem er als Puppenspieler in ihr Dorf kam und ihre Familie ihn verstecken mußte, als eine Polizei-Razzia durchgeführt wurde. Sie singen ein Duett. Die moderne Opernversion eines Liedes aus der Kulturrevolution, ,Die Rote Laterne', erinnert sie an ihre schöne Kindheit.
In der Zwischenzeit bestärkt Tante Mei, die weibliche Kampfkunst-huadan (huadan=Sängerin in der Chinesischen Oper), Lanying, ihre Bühnenausbildung abzuschließen. Lanying ist noch in der Ausbildung und soll später einmal eine huadan werden. Lanying ist genauso alt wie Xiaoxue, die Tochter von Xueyan. Sie sind gute Freundinnen und haben beide den großen Traum, Schauspielerinnen zu werden. Xiaoxue macht sich Sorgen, daß ihre Mutter sie zwingen könnte, das College zu besuchen und Englisch zu studieren. Lanying empfielt ihr, darstellende Kunst am College zu belegen, so könnte sie eine solide Ausbildung bekommen und eine gute huadan werden.
Nachdem Sanpeng Xueyan nach Hause gebracht hat, weckt sie ihre Tochter auf und läßt sich von ihr das ,Lied der Guten Witwe' vorlesen. Sie möchte, daß Sanpeng diese Oper am nächsten Tag ansieht, weil die Oper ihre Gefühle für ihn ausdrückt.
Herr Pan wird wiederholt beraubt.
Sanpeng kommt wieder, um der Truppe beim Schminken und bei den Proben zuzusehen. Er genießt es, mit dem Orchester Musik zu machen. Seine Frau ruft an und versucht ihn dazu zu bewegen, nach Hause zu kommen, wo die Steuerbehörden überraschend eine Durchsuchung durchgeführt hätten. Sanpeng besteht jedoch darauf, den Rest des Tages mit der Truppe zu verbringen.
Sanpeng und Xueyan sehen sich die Aufführung von ,Chant of the Good Widow' aus den Kulissen an. Sie stehen dicht beieinander, doch Sanpeng merkt nicht, daß Xueyan gerne von ihm umarmt werden würde.
Xiaode, eine der sieben huadans aus Xueyans Truppe, streitet sich in einer Pause mit ihrem Freund. Er schlägt sie derart, daß sie den Rest des Abends nicht mehr auftreten kann. Sanpeng muß als Statist aushelfen.
Sanpengs Frau erscheint ausgerechnet in dem Moment, als Sanpeng Xueyan zärtlich in den Armen hält.
Als Sanpeng nach zwei glücklichen Tagen mit der Truppe wieder nach Hause muß, hat Xueyan gemischte Gefühle. Als Sanpengs Mercedes zunächst nicht anspringen will, ist sie kurz davor, ihn zu bitten, die Nacht über zu bleiben.
Am nächsten Morgen ist auch die Truppe wieder zu Hause. Vier der sieben huadans frühstücken gemeinsam. Es dauert nicht lange und sie reden über Männer. Keine der Frauen verheimlicht ihre Gefühle, alle sind auf der Suche nach Liebe.
Aufgrund der schweren Requisiten hat Baotians Lastwagen eine Panne. Als er versucht, den Schaden zu beheben, kommen Xueyan und Liliang an ihm vorbei. Baotians kleine Tochter, Binbin, ist traurig und weint laut. Erst ein paar Sketche von Baotian, der so tut, als stünde er auf der Bühne, können alle zum Lachen bringen.
Xueyan behandelt Lanying wie ihre eigene Tochter und ermuntert sie, gemeinsam mit ihr die Aufnahmeprüfung für das College abzulegen. Die beiden Mädchen geben zu, gelogen zu haben, und daß Xiaoxue sich für das Fach darstellende Kunst beworben hat. Xueyan selbst kann weder lesen noch schreiben und kann nicht verstehen, warum die beiden Mädchen die Chance einer guten Ausbildung ausschlagen. Als gute Mutter läßt sie ihnen jedoch die Freiheit, selber zu entscheiden. Xueyan und die restlichen Mitglieder der Theatergruppe bringen die beiden Mädchen zum Bus, der sie zur Aufnahmeprüfung der Kunsthochschule in Beijing bringen wird. Wenig später verläßt eine weitere huadan die Truppe, um zu heiraten. So bleiben nur noch vier von ursprünglich sieben huadans.
Bevor Sanpeng von einer Geschäftreise zurückkehrt, schließt seine Frau ein großes Geschäft ab und besteht darauf, auf Rechnungen und Buchführung zu verzichten. Dann findet Sanpeng heraus, daß seine Frau die Theatergruppe von Herrn Jin engagiert hat, auf der Geburtstagsparty seines Schwiegervaters aufzutreten. Sanpeng befürchtet, daß Herr Jin kein guter Opern-Produzent ist.
Der Clown Baotian weint vor allen anderen, weil seine Frau mit Herrn Jin durchgebrannt ist.
The show must go on, aber wie Sanpeng es vorausgesagt hat, wird die Party seines Schwiegervaters kein Erfolg. Frau Li bittet Sanpeng, die Feier zu retten, und Liliang bittet Xueyan um Hilfe.
Xueyan gibt einen Gratulationsbrief für die beiden Mädchen in Auftrag, die die Aufnahmeprüfung bestanden haben. Als sie wiederkommen, veranstaltet sie für die beiden eine Feier. Auf dem Fest gibt Sanpeng bekannt, daß er für einige Zeit die Bühne verlassen und vielleicht wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis muß. Diese Nachricht löst große Betroffenheit aus, aber alle bemühen sich, das Fest nicht zu verderben.
Xueyan kann ihre Gefühle nicht unterdrücken und hält Sanpengs Hand etwas länger als üblich.
Am nächsten Morgen begleitet die Truppe Sanpeng zum Finanzamt. Sie tragen ein Schild mit der Aufschrift: ,Die Oper - Liebe meines Lebens'. Xueyan ist sich sicher, daß Sanpeng zum Theater gehört.
Allen Fong (Fong Yuk Ping) wurde 1947, im Jahr des Schweins, geboren, wie auch Ann Hui, Edward Yang und Hou Xiao Xian (Hou Hsiao Hsien). Alle diese Regisseure gehören zu der Generation von Filmemachern, die das Kino lieben und ihr Leben damit verbringen, qualitätvolle Filme zu machen.
Allen Fong studierte fünf Jahre in Amerika und schloß seine Studien an der University of Southern California Cinema School ab. Er kehrte nach Hongkong zurück und begann beim Fernsehsender von Hongkong RTHK zu arbeiten. Seit 1980 arbeitet er als freischaffender Filmemacher. Bis jetzt hat er fünf Spielfilme und über zwanzig Fernsehfilme gedreht, die alle einem quasi-dokumentarischen, sehr realitätsnahen Stil verpflichtet sind. LITTLE LIFE OPERA ist sein erster Film, den er in der Volksrepublik China gedreht hat.
Viele seiner Filme haben Preise gewonnen, u.a. den Preis für die Beste Regie der Hongkong Academy.
1977: Ye Hai Zi (The Wild Children); Yuan Zhou Zai Zhi Ge (Song of Yuen Chau Chai). 1981: Fu Zai Qing (Father and Son). 1983: Ban Bian Ren (Ah Ying). 1986: Mei Guo Xin (Just like Weather). 1988: Zhai Feng (The Vegetarian); Xi Feng (The Opera Singer). 1989: Wu Niu (Dancing Bull). 1992: Me De Qi (Queen of the Alley). 1997: Yi Sheng Yi Tai Xi (A Little Life-Opera).
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