Eine 8-kanalige Sonifikation der Arsenal Filmdatenbank mittels algorithmisch, kontrollierter Klangsynthese von Eunice Martins und Andre Bartetzki
Die ASCII Zeichen aller 8000 Datenbankeinträge des Archivs ergeben nacheinander abgespielt einen Soundfile von 32,7 Sekunden Länge. Dieser wird entsprechend der spezifischen Eigenschaften jedes einzelnen Eintrags "geformt"/interpretiert - z.B. schneller oder langsamer abgespielt, gefiltert, seine Amplitude oder Hüllkurve verändert etc. Aus der Fülle an Eigenschaften eines jeden Films wurden dafür einige ausgewählt: u.a. Länge in Minuten, Länge in Metern, Bildformat, Titel, Anzahl der Rollen, Gewicht, Produktionsland, Bilder pro Sekunde, Produktionsjahr, Datum des Datenbankeintrags, Tag.
Hier einige Merkmale und ihre zugewiesenen Eigenschaften: Bilder pro Sekunde bestimmen die Abspielgeschwindigkeit des Soundfiles. Die Anzahl der Filmrollen bestimmt die Enge oder Weite eines angelegten Filters. Das Gewicht bestimmt die Amplitude des Klangs. Die Länge in Metern bestimmt den Zeitabstand zum Abspielen des nächsten Soundfiles. Das Datum des Datenbankeintrags bestimmt, von welcher Stelle aus der Soundfile abgespielt wird: bei Filmeingängen jüngeren Datums beginnt das Abspielen eher zum Ende hin, bei älteren Eingängen eher zum Beginn hin. Das Produktionsland bestimmt aus welchen der 8 Lautsprecher entsprechend der geographischen Lage des Landes die Känge des jeweiligen Films kommen. Dabei sind wir in der Platzierung der Lautsprecher von einem imaginären 360° Kreis ausgegangen dessen Zentrum das Archiv des Arsenal sein sollte. Von diesem Mittelpunkt aus werden entsprechend den Himmelsrichtungen, in denen die Länder von diesem Punkt aus gesehen liegen, die jeweiligen Kanäle angesteuert. Dabei "bespielen" näher liegende Länder einen grösseren Kreisabschnitt als weiter entfernte.
Tag – eine einfache Klassifizierung der Filme in Experimentalfilme, Dokumentarfilme, Kinderfilme etc. – bestimmt schließlich die genaue Art der Klangsynthese: wird das oben erwähnte Soundfile gefiltert oder kommen andere synthetische Klänge zum Einsatz, in welchem Bereich können die Filterfrequenzen liegen, hat die Hüllkurve einen harten oder weichen Einsatz usw.
Eine Live-Kompositionen mit Kurzfilmen aus dem Arsenal-Archiv. Ausgehend von diesen Kurzfilmen, die mit Bild und Ton und deren Kombination/Abwesenheit experimentieren, entsteht live im Kinoraum mit ausgewählten Musikern/Performen ein Stück, das reflektiert, dialogisiert, eigene Wege geht oder pausiert.
"Pieces for the Archive I" fand am 7.7.2012 im Kino Arsenal mit Eunice Martins (Piano) und Mehmet Can Özer (Live-Elektronik) mit und zu den folgenden Kurzfilmen statt:
SUSAN THROUGH CORN, Kathleen Laughlin, USA 1974, 16mm, 2 min
TAILS, Paul Sharits, USA 1976, 16mm, 4 min
4000 FRAMES – AN EYE OPENER FILM, Arthur & Corinne Cantrill, Australien 1970, 16mm, 3 min
RAILROAD TURNBRIDGE, Richard Serra, USA 1975/76, 16mm, 17 min
LA MARCHE DES MACHINES, Eugène Deslaw, Frankreich 1928, 16mm, 7 min
EYE MYTH EDUCATIONAL, Stan Brakhage, USA 1972, 16mm, 2 min
LIGHTS, Marie Menken, USA 1964/65, 16mm, 6 min
SAILBOAT, Joyce Wieland, Kanada 1968, 16mm, 3 min
"Pieces for the Archive II" ist eine mit Eunice Martins (Klavier, Voc.), Miriam Akkermann (Flöte, Live-Elektronik) und Laura Mello (Klavier, Live-Elektronik) live entstehende, korrespondierende und eigenständige Komposition, die mit der Vorführung ausgewählter Kurzfilme in Interaktion tritt. Die Performance fand am 28.6.2013 im Kino Arsenal statt.
CANADIAN PACIFIC, David Rimmer, Kanada 1974, 16mm, 9 min
DRIPS IN STRIPS, Marie Menken, USA 1961, 16mm, 3 min
PP II, M. M. Serra, USA 1986, 16mm, 1 min
LISA AND SUZANNE, Ernie Gehr, USA 1969–75, 16mm, 9 min
FLUXFILM NO. 19 – OPUS 74, VERSION 2, Eric Andersen, USA 1966, 16mm, 2 min
A MAN AND HIS DOG OUT FOR AIR, Robert Breer, USA 1957, 16mm, 2 min
FLUXFILM NO. 7 – 10 FEET, 1000 FRAMES, George Maciunas, USA 1966, 16mm, 1 min
FLUXFILM NO. 37, Peter Kennedy, USA 1966, 16mm, 2 min
FLUXFILM NO. 22 – SHOUT, Jeff Perkins & Anthony Cox, USA 1966, 16mm, 2 min
FLUXFILM NO. 26–28 – UNROLLING EVENT, Paul Sharits, USA 1966, 16mm, 3 min
FLUXFILM NO. 3 – END AFTER 9, George Maciunas, USA 1966, 16mm, 1 min
FLUXFILM NO. 14 – ONE, Yoko Ono, USA 1966, 16mm, 5 min
LINE DESCRIBING A CONE, Anthony McCall, USA 1973, 16mm, 31 min
Biografie von Eunice Martins